„Stifter war der erste Entschleuniger“, sagt Ulrike Berger von der Tourismusregion
Böhmerwald. Er nämlich erkannte frühzeitig den Wald als Erholungsort und Selbstfindungsquelle. Zu den Bäumen wandern und sich dabei finden, ist das überhaupt möglich?
Leben in den Wäldern
Ja, durchaus. Zu seinem 202. Geburtstag darf man dabei an Henry David Thoreau erinnern. Der als Sohn eines Bleistiftfabrikanten am 12. Juli 1817 in Concord/Massachusetts geborene US-amerikanische Philosoph und Schriftsteller entwickelte seine Gedankenwelt über den Staat und seine Bürger im Wald. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er mit dem Werk „Walden oder Leben in den Wäldern“ berühmt. Nun, Robert Walser hatte vermutlich Recht, als er behauptete: „Menschen, die leiden, besuchen gerne den Wald.“
Die Gebrüder Grimm ließen lieber andere im Wald leiden, Hänsel und Gretel zum Beispiel: Die Geschwister werden im Wald ausgesetzt. Ein Thema, das Horrorspezialist
Stephen King in seiner Novelle „Das Mädchen“ variiert. Hier verirrt sich die Heldin heillos - im Wald.
Wandern für Worte
Fast fanatisch erwandert Simone de Beauvoir ab 1931, als sie Philosophie unterrichtet, die gesamte Umgebung Marseilles. „Anfangs ließ ich es bei einem Marsch von fünf bis sechs Stunden bewenden. Später stellte ich Touren von neun, zehn Stunden zusammen. Manchmal schaffte ich über vierzig Kilometer.“
Sie schlug sich in Segeltuchschuhen durch Büsche, dichte Farne und kleine Wälder, immer mit einem höheren Ziel – „jeder Ausflug war ein Kunstwerk.“
Ähnlich der frankophile Peter Handke in seinem Exil bei Paris. Hier mutierte der Dichter geradezu zu einem „Waldmenschen“. Von Spaziergängen über Wanderungen bis hin zu Märschen säumen seine Werke. Nicht zufällig trägt die gelungene Filmdoku von Corinna Belz über den Schriftsteller den überlangen Titel: „Bin im Wald. Kann sein, dass ich mich verspäte."
Einen Baum umarmen
Seit Bruder Baum immer mehr unter den Folgen des Klimawandels leidet, veränderte sich auch die Motivation der „Waldmenschen“. Der Gang ins Grün dient nicht nur zur eigenen Erbauung. Der deutsche Förster Peter Wohlleben regte schon vor Jahren an, dass wir einmal einen Baum umarmen. Weil ER unser Mitgefühl braucht. Und WIR die Natur.
Mit seinem Buch „Das geheime Leben der Bäume“ – 700.000 verkaufte Exemplare – schuf Wohlleben eine neue Generation „Waldmenschen“.
Aber halt, bevor es los geht, leihen wir uns von Stephen King ein Geleitwort aus: „Die Wälder selbst sind real. Sollten Sie sie im Urlaub besuchen, nehmen Sie einen Kompass, nehmen Sie gute Karten mit ... und versuchen Sie, auf dem Weg zu bleiben.“
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