Akte IQ
Einwegrasierer mit fünf Klingen, die Bezeichnung „Film Film“ oder Amok fahrende Rowdys auf dem Radweg – angesichts mancher Phänomene sei diese Frage wirklich erlaubt: Wird die Menschheit immer dümmer? US-Entwicklungsbiologe und Genetiker Gerald Crabtree hat sie sich ernsthaft gestellt und kam vor einem halben Jahr zu einer Antwort: In den vergangenen 120 Generationen habe die Menschheit sukzessive an Intelligenz eingebüßt.
Der Stanford-Forscher illustrierte das mit folgendem Beispiel: Bekämen wir heute Besuch aus der griechischen Antike, wäre uns der Gast intellektuell weit überlegen, selbst wenn er sich nicht Sokrates oder Aristoteles nennt. Ein umstrittenes Urteil, aber folgt man Crabtree, kann man ihm etwas abgewinnen. Wer in Urzeiten sein Gehirn nicht nutzte, konnte sich nicht ernähren oder vor wilden Tieren schützen. Daher überlebten nur die Klügsten, über Generationen hinweg. Demnach stieg die menschliche Intelligenz langsam aber stetig – um zu stagnieren, sobald das reine Überleben davon nicht mehr abhängig war.
Intelligenz, Klugheit – wo rührt sie her, wo ist sie Zuhause? Fragen, die sich unweigerlich stellen, wenn man auf die Einzigartigkeit des Menschen zu sprechen kommt. Was macht Menschen wirklich intelligenter als alle anderen Lebewesen? Bisher galt das starke Wachstum des Hirns gerade im Stirnbereich als ursächlich. Jetzt aber lotet eine britische Studie den Intelligenz-Vorsprung in anderen Regionen des Gehirns aus.
Die Biologen Robert A. Barton von der Universität Durham und Chris Venditti von der Uni Reading haben die Größe des Frontallappens im Gehirn bei Tieren und Menschen verglichen – und entdeckten Erstaunliches: Beim Menschen sei dieses Objekt der Begierde nicht größer als bei verschiedenen Affenarten. Daher, so das Forscherduo, könne die Intelligenz von Menschen nicht allein dort beheimatet sein.
Dass die Größe bestimmter Hirnteile mitunter wenig aussagekräftig sei, lege auch folgendes Beispiel nahe: Der Seelöwe habe einen größeren Stirnlappen als Menschenaffen, sei im Tierreich aber nicht gerade als „Herr G’scheit“ verschrien. Barton und Venditti folgern daraus, dass es drei Möglichkeiten gäbe, um die Ursachen für die Intelligenz des Menschen zu deuten. Zum einen könnteeine bestimmte Region innerhalb des Stirnlappens im Verhältnis stärker gewachsen sein. Zweitens gäbe es Hinweise auf ausgeprägte Schläfenlappen und den Mandelkern, das heißt Wachstum könnte in anderen Hirnregionen erfolgt sein. Und drittens, so die Forscher, könnte für die Intelligenz eine gemeinsame Vergrößerung von miteinander verbundenen Hirnregionen ausschlaggebend gewesen sein.
Doch welche Intelligenz nun genau? Seit die französischen Psychologen Alfred Binet und Théodore Simon 1905 den ersten brauchbaren Intelligenztest entwickelt haben, sind zur „allgemeinen“ Intelligenz noch die „emotionale“, die „soziale“, die „künstliche“ sowie die „Körperintelligenz“ dazugekommen. Der mentale Muskel, von dem hauptsächlich die Rede ist, lässt sich jedoch messen. Vor 101 Jahren hat der deutsche Psychologe William Stern auf einem Kongress in Berlin einen Vortrag gehalten, bei dem er eine Methode zur Ermittlung des sogenannten Intelligenzquotienten präsentierte. Seit her gilt ein IQ von 100 als Durchschnitt.
Natürlich, ab dem Moment, als die kniffligen Aufgaben zur Überprüfung der Bereiche Konzentration, Gedächtnis, rechnerisches, visuelles sowie räumliches Denken, Kombinatorik, sprachliches Denken und Logik nicht mehr nur im Labor, sondern auch am Küchentisch gestellt wurden, redeten beim Thema Intelligenz auch viele Dummköpfe mit.
Geht es um Intelligenz, beklagt zum Beispiel der Marburger Psychologie-Professor Detlev Rost, herrschen statt Faktenwissen „ideologisch verbrämte Meinungen, Mutmaßungen und Mythen“ vor. Wie auch immer, manche Menschen legen einen gesteigerten Wert auf einen möglichst hohen IQ, wenn geht, einen deutlich über 120.
Mensa, ein 1946 in London gegründeter Verein, hat sich zum Ziel gesetzt, besonders intelligente Menschen zusammenzubringen, da die Erfahrung gelehrt hat, dass Hochbegabte schnell das Gefühl haben, unter ihren Möglichkeiten zu bleiben. Um aufgenommen zu werden, gibt es allerdings eine nicht zu unterschätzende Hürde zu überwinden: ein IQ von 130 oder mehr. Laut Mensa können sich etwa zwei Prozent der Bevölkerung dazu zählen, in Österreich also 160.000 Menschen. Sie gelten demnach als hochintelligent.
Das Gros der Weltbevölkerung, nämlich 68 Prozent, weist einen IQ zwischen 85 und 115 auf. Sich einen Kopf darüber zu machen, wenn es partout nicht zu einem IQ von satten 120 reicht, braucht man jedoch nicht. Denn selbst Mensa meint, Intelligenz ist auch das, was der Intelligenztest misst. Und was dieser misst, kann sehr unterschiedlich sein.
Wozu also die ganze Aufregung über diese Zahlen? Ein IQ-Test gibt eigentlich nur Auskunft darüber, dass man in bestimmter besserer oder schlechterer Weise in der Lage ist, bestimmte Aufgaben oder Aufgabenkombinationen durchzuführen. Dabei handelt es sich um die Kombination von verschiedenen Aufgaben – um Wissen und um die Merkfähigkeit, wenn man mit einer Reihe von Ziffernfolgen konfrontiert wird. Das Auswendiglernen gehört eigentlich zu jenen Dingen, die dabei nur eine geringe Rolle spielen. Wichtig für das gute Abschneiden ist hingegen die Fähigkeit, schnell auf eine neue Weise Schlussfolgerungen zu ziehen. Kurz, man sollte Grips und Cleverness beweisen.
Leichter gesagt, als getan. Klein- und Großhirn werden bei den in der Regel knapp 100 Fragen umfassenden und eine Stunde dauernden Tests in konzentrierter Form gefordert. Das kann Folgen haben, sowohl für das Ego als auch für die Karriere. Denn „nichts sagt den Erfolg in Schule, Beruf oder dem Leben so gut voraus wie die Intelligenz eines Menschen“, ist Intelligenz-Psychologe Rost überzeugt.
Sicher, wir wären alle gerne hochbegabt oder zumindest ein halbes Genie. Aber wenn wir es denn sein sollten, muss das nicht unbedingt viel bedeuten: Ein Schachgroßmeister kann schon bei einer Partie Halma scheitern. Ausführliche Intelligenztests sind eine Angelegenheit von Assessment-Centern oder eben Psychologen. Was nicht heißt, dass man IQ-Tests nur aus beruflichen Gründen machen soll. Denn es kann durchaus auch Spaß machen. Und: Wenn Sie mehrere Intelligenztests in kurzem Abstand machen, merken Sie, dass Sie dabei immer besser abschneiden werden. So gesehen ist es kein Fehler, Kinder frühzeitig mit dieser besonderen Art des Rätselratens vertraut zu machen.
Der Hund hat vom Wolf gelernt, sich in einer neuen Familie zurecht zu finden. Daher funktioniert die Beziehung zum Menschen so reibungslos und harmonisch. Nach Ansicht des vor einem halben Jahr an der Vetmeduni in Wien eingerichteten „Clever Dog Lab“ eignen sich die beliebten Haustiere außerdem hervorragend als „wissenschaftliche Mitarbeiter“, da ihr Verhalten viel über ihr individuelles und soziales Lernvermögen erzählt. Um die sozialen und physikalische Kognition von Hunden zu testen, wird eine eigens entwickelte automatisierte Computer-Touchscreen-Prozedur angewendet. Nachahmen ist bei ihnen mehr als nur Nachäffen: Ein Hund gilt wie kein anderes Tier als Meister darin, Zeichen von Menschen zu erkennen und verstehen. Und davon kann auch der Mensch profitieren.
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