Zinsen und Regularien: Lage am Kreditmarkt
Immobilien und ihre Finanzierung über Kredite haben große Auswirkungen. Nicht nur auf die Immobilienbranche, sondern weit darüber hinaus. Ob und wie sich Menschen ihre Wohnungen und Häuser kaufen und leisten können, beeinflusst vehement einen großen Teil der Gesellschaft und Wirtschaft. Infina betreibt eine Omnichannel-Plattform für Immobilienfinanzierungen und ist ein unabhängiges, österreichweit tätiges Beratungsunternehmen. Die eigens entwickelte Technologie, Profin, wird bereits von mehr als 500 Vertriebspartnern genutzt, denen über 600 Kreditprodukte österreichischer und deutscher Kreditinstitute zur Verfügung stehen.
In den vergangenen Jahren hatte es die Immobilienbranche auch aufgrund der Situation auf dem Kreditmarkt mitunter schwer. Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation?
Christoph Kirchmair: Das Zinsniveau für Wohnbaukredite in Österreich wird maßgeblich durch die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bestimmt. Um die signifikant gestiegene Inflation in Europa zu bekämpfen, hat die EZB die Leitzinsen deutlich angehoben. Dies hat bei variablen Wohnbaufinanzierungen zu Zinssätzen von teils über 5 % geführt. Die langfristigen Fixzinssätze sind ebenfalls stark gestiegen, befinden sich jedoch aufgrund einer inversen Zinskurve um etwa 1 % unter den Zinssätzen variabler Kredite. Seit dem Höchststand der Inflation von 10,6 % im Oktober 2022 ist die Inflationsrate im Euroraum bis Oktober 2024 auf 2,0 % gefallen. Diese Entwicklung hat es der EZB ermöglicht, die Leitzinsen dieses Jahres schrittweise zu reduzieren. Laut dem Infina Kreditindex vom Oktober 2024, der regelmäßig die Kreditkosten für den Wohnbau ermittelt, sind die Zinsen für private Wohnbaukredite im Neugeschäft innerhalb eines Jahres um knapp 1 % gesunken. Diese sinkenden Kreditzinsen, in Verbindung mit zusätzlichen Förderungen aus dem Wohn- und Baupaket, signalisieren eine spürbare Verbesserung der Lage. Von einer nachhaltigen Erholung der Immobilienbranche zu sprechen, ist jedoch noch verfrüht.
Das klingt sehr positiv. Also ein allgemeiner Lichtblick nach Corona und Inflation?
Die jüngsten Lohnrunden haben bei vielen Kreditnehmern zu Einkommenssteigerungen im hohen einstelligen Prozentbereich, vereinzelt sogar bis zu 10 %, geführt. Diese Entwicklung trägt deutlich zur verbesserten Leistbarkeit von Wohnimmobilienkrediten bei. Neben den sinkenden Zinsen sind auch die Immobilienpreise in bestimmten Regionen leicht zurückgegangen. Gleichzeitig beobachten wir, dass nun verstärkt zuvor aufgeschobene Bauprojekte von privaten Häuslbauern angegangen werden.
Rechnen Sie mit weiteren Regularien?
Kreditinstitute stehen zunehmend höheren Anforderungen durch die Aufsicht gegenüber. Insbesondere die ESG-Richtlinien haben indirekte Auswirkungen auf die Vergabe von privaten Wohnbaufinanzierungen. Eine weitere direkte Verschärfung der Regularien für Wohnbaufinanzierungen erwarten wir derzeit jedoch nicht, im Gegensatz zum gewerblichen Kreditbereich. Seit dem 1. August 2022 ist die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) in Kraft getreten – mit strengeren Vorschriften für die Vergabe von Wohnbaukrediten.
Welche Zinsentwicklungen erwarten Sie und wie werden sich diese auswirken?
Unter Berücksichtigung der Forward-Zinskurven erwarten Marktteilnehmer, dass die Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) bis Ende Juni 2026 um insgesamt etwa 1,00 bis 1,25 Prozentpunkte weiter sinken werden. Die variablen Kreditzinsen würden dann voraussichtlich im Bereich um 3 Prozent liegen. Durch eine Marktanomalie hervorgerufene Zinsvorteil langfristiger Fixzinsbindungen verringert sich bereits jetzt und könnte bis Mitte 2026 möglicherweise vollständig verschwinden. Langfristig werden die Zinsen für Fixzinsbindungen somit wieder über den variabel verzinsten Krediten liegen.
"Kreditinstitute stehen zunehmend höheren Anforderungen durch die Aufsicht gegenüber. Insbesondere die ESG-Richtlinien haben indirekte Auswirkungen auf die Vergabe von privaten Wohnbaufinanzierungen."
Können Sie erklären, worauf Interessenten bei der Suche nach dem richtigen Kredit und Kreditanbieter achten sollten?
Beim Vergleich verschiedener Kreditangebote sollten Interessenten nicht nur auf Zinsmodell, Kreditlaufzeit und die Kreditnebenkosten achten, sondern auch die vertragliche Ausgestaltung der Finanzierung genau prüfen. Bei Fixzinskrediten können das beispielsweise tilgungsfreie Zeiten oder die Option einer vorzeitigen Teilrückzahlung sein. Da Immobilienfinanzierungen oft auf Laufzeiten von bis zu 35 Jahren ausgelegt sind, ist die Auswahl des passenden Kreditmodells entscheidend. Der unabhängige Kreditvermittler Infina, der mit über 120 Banken und Bausparkassen in Österreich und Deutschland zusammenarbeitet, bietet eine breite Palette an Rückzahlungsmodellen und Kreditlaufzeiten an, um individuell auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen.
Wie kann man beim Kreditabschluss darauf achten, dass man sich für die Zukunft absichert? Oder spielt einem die Zeit hier in die Hände?
Bei der Aufnahme einer Immobilienfinanzierung ist es entscheidend, zukunftssicher zu planen. Dies umfasst das Einbinden flexibler Gestaltungselemente in den Kreditvertrag, wie beispielsweise Optionen für Sondertilgungen oder Anpassungen der Tilgungsraten bei veränderten Lebensumständen. Da die Zeit sowohl ein Verbündeter als auch ein Risikofaktor sein kann, bieten langfristige Zinsbindungen Schutz vor zukünftigen Zinsschwankungen, erfordern jedoch eine sorgfältige Prüfung der eigenen finanziellen Stabilität über Jahre hinweg. Es ist daher essenziell, einen Kreditvertrag so auszugestalten, dass er sowohl die gegenwärtigen Bedürfnisse abdeckt als auch genügend Flexibilität für unvorhersehbare Ereignisse bietet. Eine umfassende Beratung durch unabhängige Experten ist entscheidend, um die ideale Finanzierungsstrategie zu entwickeln.
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