Noch mehr Sicherheit durch mehr Transparenz
Hersteller und Händler von Medizinprodukten haben ihre Verantwortung immer wahrgenommen, dennoch kann ein Risiko nie ganz ausgeschlossen werden. Damit das noch früher als bisher erkannt werden kann, setzt die EU auf die Europäische Datenbank für Medizinprodukte – kurz EUDAMED. Sie ist das digitale „Herzstück“ der wichtigen EU-Verordnungen für die Branche der Medizinprodukte: die sogenannten Verordnungen für Medizinprodukte (MDR) und In-vitro-Diagnostika (IVDR).
EUDAMED wird von der Europäischen Kommission betrieben und bündelt wichtige Informationen über Medizinprodukte, ihre Hersteller aber auch Sicherheitsmeldungen. Die Datenbank besteht aus unterschiedlichen Modulen, die den gesamten Prozess von der Registrierung von Produkten und Unternehmen bis hin zur Marktüberwachung erfassen.
Was bürokratisch und aufwendig klingt, hat für Patientinnen und Patienten jedoch wichtige Vorteile: Das Ziel ist, Produkte und ihr Wirken am Markt auch noch transparenter zu machen als bisher. Sie werden einfacher rückverfolgbar, sodass bei Rückrufen oder Sicherheitskorrekturen rascher reagiert werden kann.
Durch die EUDAMED-Datenbank entstehen noch mehr Sicherheit und Transparenz für Patientinnen und Patienten.
Datenbank wird verpflichtend
Bisher war EUDAMED in weiten Teilen freiwillig nutzbar. Ab Ende Mai 2026 müssen die ersten vier Module dieser Datenbank von den Unternehmen verpflichtend genutzt werden. „Das ist ein technischer Meilenstein und eine gute Nachricht für Patientinnen und Patienten, Spitäler und die gesamte Medizinproduktebranche“, betont KommRat Mag. Alexander Hayn, MBA, Obmann für den Medizinproduktehandel in der Wirtschaftskammer Wien, und ergänzt: „Der Medizinproduktehandel in Österreich hat seine Verantwortung auch auf freiwilliger Basis bisher ernst genommen und steht bereit, diese neue Hürde für die Betriebe zu nehmen. Denn für Hersteller oder Importeure von Medizinprodukten bedeutet das, dass ohne Eintrag in EUDAMED künftig nichts mehr geht. Die eindeutige Kennung eines Wirtschaftsakteurs ist die Voraussetzung für alle weiteren Schritte und das ist natürlich ein interner Aufwand.“
EUDAMED wird ab Mai 2026 verpflichtend: Die neue Datenbank stärkt Transparenz und Sicherheit im Medizinproduktebereich.
Wie Patientinnen und Patienten profitieren
Auf den ersten Blick wirkt EUDAMED wie ein technisches Behördenprojekt. Tatsächlich geht es aber konkret um noch mehr Sicherheit. „Jedes Produkt erhält eine eindeutige Kennung, ein eindeutiger Code für ein bestimmtes Medizinprodukt. Damit lässt sich im Fall von Fehlern, Rückrufen oder Qualitätsproblemen viel schneller als bisher feststellen, welche Chargen betroffen sind. Spitäler und Praxen können gezielt reagieren und Endverbraucher rascher informieren“, so Hayn.
Auch die Transparenz erhält einen zusätzlichen Qualitätsschub, denn Teile der Datenbank sind öffentlich zugänglich. So können nicht nur Gesundheitseinrichtungen, sondern auch alle Betroffenen nachsehen, ob und wo ein Produktregistriert ist. Zur besseren Marktüberwachung werden Auffälligkeiten, Sicherheitsberichte und Maßnahmen der Behörden EU-weit besser vernetzt.
Wenn also in einem Land Probleme mit einem bestimmten Produkt auftreten, sehen Behörden in anderen Ländern dies deutlich schneller und können somit rascher reagieren. Kurz: EUDAMED soll verhindern, dass ein unsicheres Medizinprodukt lange „unter dem Radar“ bleibt. „Gleichzeitig gelingt es damit auch einfacher Fälschungen frühzeitig aus dem Verkehr zu ziehen“, ergänzt Hayn.
KommRat Mag. Alexander Hayn, MBA, Obmann für den Medizinproduktehandel in der Wirtschaftskammer Wien.
Mehr Effizenz, aber auch mehr Aufwand
Für Unternehmen bedeutet EUDAMED zunächst viel Arbeit, denn sie müssen sich mit all ihren Produkten registrieren. Dazu ist nicht nur einfach ein Login erforderlich, sondern interne Prozesse zur Datenerfassung und Verantwortliche, die Daten immer am aktuellen Stand halten und dafür sorgen, dass alle wichtigen Informationen auch immer eingetragen sind. Produkte – vom einfachen Verbandstoff bis zum hochkomplexen Implantat – müssen strukturiert mit UDI-Daten in der Datenbank erfasst werden. Auf lange Sicht kann der Aufwand aber zu klaren Effizienzgewinnen führen.
„Wir müssen einmal erfassen und können das europaweit nutzen“, bringt Hayn die Idee auf den Punkt. Daten werden zentral eingetragen und stehen anstelle vieler nationaler Register mit unterschiedlichen Anforderungen allen relevanten Stellen in gleicher Form zur Verfügung. Diese einheitlichen Datenformate und Prozesse erleichtern auch Zertifizierungen, Audits und Kommunikation mit Behörden und vermeiden damit Doppelgleisigkeiten. Wichtig ist auch eine klare Rollenverteilung, denn EUDAMED macht sichtbar, wer wofür verantwortlich ist – vom Hersteller über den Importeur bis zur Zertifizierungsstelle. „Damit zahlt das System mehr als bisher auf eine hohe Patientensicherheit ein, ohne dass die Branche unter national uneinheitlichen Melde- und Registrierpflichten zusammenbricht“, so Hayn.
Was Patient:innen konkret erwarten können
Für Patientinnen und Patienten sind viele der Details unsichtbar, dennoch wird EUDAMED ihren Alltag indirekt beeinflussen:
- Noch mehr Sicherheit im Hintergrund: Krankenhäuser und Ordinationen können künftig besser nachvollziehen, welche Produkte sie einsetzen, und im Ernstfall schneller reagieren.
- Noch mehr Vertrauen: Die öffentlichen Teile der Datenbank schaffen Transparenz, beispielsweise bei Hüftimplantaten, Herzschrittmachern, Schwangerschaftstests oder Blutzuckermessgeräten.
- Basis für künftige Anwendungen: EUDAMEDDaten könnten langfristig in digitale Patientenakten, klinische Register oder Forschungsprojekte einfließen – immer mit dem Ziel, Nutzen und Risiken von Medizinprodukten besser zu verstehen.
- Eine gemeinsame Faktenbasis wird geschaffen, auf die sich Behörden, Hersteller, Gesundheitsdienstleister sowie Patientinnen und Patienten stützen können. Die datenbasierte Marktüberwachung ersetzt damit klar alle Insellösungen und die Branche erhält ein klares, wenn auch anspruchsvolles Regelwerk, das langfristig für mehr Klarheit und Effizienz sorgen kann.