Unternehmensgründung: „Idee und Umsetzung sind zweierlei“

Eine zündende Idee ist kein Garant für eine erfolgreiche Gründung. Es braucht dafür auch Know-how in rechtlichen und steuerlichen Belangen.
Knapp 34.700 Unternehmen wurden im Vorjahr vorläufigen Daten (ohne den Berufszweig Selbstständige Personenbetreuung) zufolge gegründet. Worauf es bei der Gründung ankommt, wie man das Unternehmen und sich selbst am besten absichern kann und was besonders Start-ups bedenken sollten, weiß Maria Thierrichter, Notarpartnerin in Wien.
Der Gründergeist in Österreich ist ungebrochen – im Vorjahr wurden die zweithöchsten Gründerzahlen seit 1993 registriert. Worauf führen Sie das zurück?
Maria Thierrichter: Ich vermute, dass vor allem kreative Menschen denken, ihre Kreativität als Selbstständige besser leben zu können als in einem Angestelltenverhältnis. Natürlich ist man auch in der Zeit- und Lebensgestaltung flexibler.
Ein Unternehmen zu gründen, bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und für Fehler einstehen zu müssen. Was raten Sie Gründern in diesem Zusammenhang?
Mein erster Rat wäre, die Idee so zu präzisieren, dass auch Menschen, die keine Ahnung von der Branche oder dem Geschäftsfeld haben, gleich wissen, was man machen will und worum es geht. Dann sollte man sich ein Coaching gönnen: Dabei sollte man nicht nur die Businessidee noch einmal durchgehen, sondern weiters abklären, wo man selbst jetzt steht, wo man hingehen will und welche Schritte es dazu braucht. Und natürlich, ob man als Person für die Selbstständigkeit geeignet ist und die Idee damit erfolgreich umsetzen kann.
Warum ist Letzteres so wichtig?
Für den Erfolg braucht es nicht nur Kreativität, sondern auch Durchhaltevermögen, das fällt aber nicht immer in einer Person zusammen. Immerhin muss man ja auch Tätigkeiten machen, die man eigentlich gar nicht tun will.
Oder wo es an Know-how mangelt ...
Genau. Je früher ich diese Schwachstellen identifiziere, desto eher kann ich entsprechend reagieren. Das heißt, ich kann mir beispielsweise einen Partner suchen, der diesen Part abdeckt. Das ist keine Schwäche, man darf nicht vergessen, dass Idee und Umsetzung zweierlei sind. Passt das alles, würde ich mich rechtlich beraten lassen.
Für den Erfolg braucht es nicht nur Kreativität, sondern auch Durchhaltevermögen, das fällt aber nicht immer in einer Person zusammen.

Maria Thierrichter, Notarpartnerin in Wien
Welche Themen gibt es da zu bedenken?
Da gibt es vieles, worauf man achten sollte: Extrem wichtig ist die Wahl der passenden Rechtsform, da diese Auswirkungen beispielsweise im Bereich des Steuerrechts und der Sozialversicherung hat. Aber auch die Gründungskosten und das Thema Haftung sind zu bedenken.
Können Sie das ein wenig präzisieren?
Jemand, der nur ein ganz kleines Business mit wenig Umsatz sowie Gewinn plant und der keine großen Haftungsthemen hat, dem würde ich zu einer OG oder zu einem Ein-Personen-Unternehmen raten. In diesem Fall ist eine GmbH nicht nötig, sie verursacht nur höhere Ausgaben. Bei dieser muss man beispielsweise Jahresabschlüsse erstellen und beim Firmenbuch einreichen. In allen anderen Fällen allerdings würde ich zu einer GmbH raten.
Die falsche Rechtsform ist also ein Fehler, den man im Zuge einer Gründung machen kann?
Definitiv. Aber es gibt noch andere: Beispielsweise eine persönliche Haftungsübernahme, ohne sich gegenüber etwaigen Mitgründern abzusichern. Ein weiterer großer Fehler ist, sich nicht auf schlechtere Zeiten vorzubereiten.
Das geht bereits bei der Gründung?
Es ist ganz wichtig, sich bereits in der Gründungsphase zu überlegen, wo Probleme entstehen könnten und den Lebenszyklus des Unternehmens durchzudenken. Im Gesellschaftsvertrag kann man sich auf viele Situationen vorbereiten und spätere Konflikte so bereits im Vorfeld vermeiden. Letzteres ist nicht nur für Unternehmer und Unternehmen, sondern auch die Volkswirtschaft wichtig. Denn langfristige Streitigkeiten kosten Nerven und Geld, darüber hinaus ist häufig auch die Arbeitsleistung blockiert, weil Gesellschafter mit dem Prozess beschäftigt sind oder Mitarbeiter aussagen müssen.
Was kann damit beispielsweise präventiv geregelt werden?
Man kann unter anderem regeln, wie Anteile abgetreten werden können, ob es Zustimmungspflichten, Aufgriffs- und Vorkaufsrechte gibt, wenn ein Gesellschafter aussteigen will und ob ein Gesellschafter den Vertrag aufkündigen kann. Man kann weiters die Rechte von Minderheitsgesellschaftern absichern und die Beschlussmehrheiten sowie die Gewinnbeteiligung regeln und Vorsorge treffen, um zu verhindern, dass ein Gesellschafter Beschlüsse dauerhaft blockieren kann.
Gibt es eigentlich Regelungen, die besonders für Start-ups wichtig wären?
Diese dürfen nicht übersehen, dass auch Marken- und Patentrechte geregelt werden müssen, sollte ihr Produkt einzigartig sein. Und man muss verhindern, dass Erfindungen zu anderen Unternehmen abwandern, wenn der Erfinder das tut. Dazu gibt es Konkurrenz- und Wettbewerbsverbote sowie Lockup-Phasen. Oder man regelt es mittels Lizenzverträgen an die Gesellschaft.
Mit einem Gesellschaftsvertrag aus dem Internet wird man das alles wohl kaum regeln können ...
Nur ein individueller Gesellschaftsvertrag kann den Interessen der Gesellschafter Rechnung tragen.
Die österreichischen Notare bieten ja mit dem Gründerpaket ein kostenloses Erstberatungspaket an: Was umfasst dieses konkret?
Bei diesem zeitlich unbegrenzten Termin geht man alle Punkte durch, die für eine Gründung wichtig sind – also zum Beispiel, welche Rechtsformen es gibt, identifiziert Gebiete, wo noch Entscheidungen gefällt werden müssen und zeigt auf, welche Möglichkeiten es gibt. Falls von den Gründern gewünscht, erfolgt dann in Folgeterminen die Detailplanung.
Wie wird es angenommen?
Gerade von Erstgründern wird es gerne angenommen, da sie noch viel Beratungsbedarf aufweisen.
Danke für das Gespräch!
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