Vom Abrissobjekt zum grünen Firmensitz

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Mit seinem neuen Verwaltungsgebäude zeigt der Deutsche Alpenverein, wie man zeitgemäß nachhaltig baut. Ein ausgedienter Stahlbetonbau aus den 1970er-Jahren wurde in Holzbauweise aufgestockt und mit einer Lüftung versehen, die null Energie verbraucht.

Die Parkstadt Schwabing im Norden von München ist von linearen Firmenkomplexen und Hochhausfassaden im Internationalen Stil geprägt. Rechtfertigung für den Namen „Parkstadt“ liefert ein zentraler Grünstreifen, der ebenso rational angelegt ist und seit Jahren unter mangelnder Belebung leidet. In der Anni-Albers-Straße, schräg gegenüber der verspiegelten Highlight-Towers, stand bis vor kurzem ein viergeschossiger Stahlbetonbau aus den 1970er-Jahren. Das ehemalige Verwaltungsgebäude des Langenscheidt Verlags stand lange Zeit leer und schien außer der Lage nicht mehr viel herzugeben. Dieses Gebäude hat in den letzten Jahren eine derart radikale äußerliche und innerliche Verwandlung durchgemacht, dass es heute nicht mehr wiederzuerkennen ist.

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In diesem modernen Holzbau steckt ein harter Kern: Aus dem Bestandsgebäude ist ein modernes und effizientes Bürogebäude geworden.

Obwohl der Bestandsbau ursprünglich als unmöglicher Umbau galt, ist er heute der neue Sitz des Deutschen Alpenvereins (DAV) und hebt sich als grüner Vorzeigebau von seiner Umgebung ab.

Ein Signal für den Klimaschutz

Der Deutsche Alpenverein organisiert nicht nur Bergsportaktivitäten und betreibt Hütten im Hochgebirge, er ist auch der größte Naturschutzverband in der Bundesrepublik.

Wir haben den Altbau entkernt und in Holz-Massivbauweise ergänzt. So bindet schon die Konstruktion Treibhausgase.

Christian Taufenbach, Architekt

"Als Eigentümer und Nutzer wollte der DAV bewusst Signale setzen“, sagt Christian Taufenbach von Element A Architekten, die den komplexen Umbau choreografierten. „Deshalb sollte der Beton-Skelettbau samt seiner grauen Energie eben nicht abgebrochen werden, sondern erhalten bleiben.“

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Vorher: Der vierstöckige Stahlbetonbau aus den 1970er-Jahren stand lange Zeit leer.
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Nachher: Aufgestockt und erweitert in Holzbauweise ist er heute der Sitz des Deutschen Alpenvereins.

Allerdings entsprach der in die Jahre gekommene Verwaltungsbau nicht mehr den heutigen Anforderungen an moderne Büroarchitektur, die unterschiedliche Arbeitsumgebungen zu einem Multispace-Konzept vereinen soll. Die Brüstungen waren zu hoch, die Decken zu niedrig, die Gründung zu schwach für die geplante Aufstockung um zwei Geschosse.

Nachverdichtet in Holzbauweise

Dass es dennoch gelungen ist, eines der modernsten und nachhaltigsten Bürogebäude daraus zu machen, liegt nicht zuletzt am Baustoff Holz und den individuellen Lösungen, die man für die einzelnen Herausforderungen gefunden hat. „Wir haben den Altbau entkernt und in Holz-Massivbauweise ergänzt“, so Taufenbach. „Wir haben ein Atrium vorgestellt, einen Konferenzsaal angebaut und zwei Stockwerke aufgesetzt. So bindet schon die Konstruktion Treibhausgase.“

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Die abgeschliffenen Betonoberflächen passen gut zum hellen Holz der Konstruktion.

Der transformierte Bestand vereint den „harten Kern“ des Bestands und die neue Holzkonstruktion zu einer harmonischen Einheit. Durch das Abschleifen der Betonoberflächen ergab sich eine minimalistische Ästhetik, die sich mit dem hellen Holz der erweiterten Flächen erstaunlich gut verträgt.

Ein grüner Ausblick

Ein an der Ost- und an der Westseite vorgestelltes Holzgerüst umgibt die neue, transparente Außenhülle und hat mehrere Funktionen. Zum einen spendet sie Schatten und reduziert den direkten Lichteintrag ins Gebäude, was im Sommer dazu führt, dass sich die Büroräume nicht zu stark aufheizen. Zum anderen bietet sie Platz für Bepflanzungen und schafft damit einen grünen Ausblick in eine sonst nicht sehr attraktive Umgebung.

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Das vorgestellte Holzgerüst sorgt für Bestattung und bietet Platz für Pflanztröge.

So wachsen vor den Fenstern des Alpenvereins Kiefern und andere heimische Gewächse, was zusammen mit den vielen Holzoberflächen ein wenig die Hüttentypologie beschwört. Für Naturnähe mitten in der Stadt sorgen auch die Bienenstöcke, die neben der Cafeteria am Dach des Gebäudes stehen und den charakteristischen ländlichen Summton beisteuern.

Passives Lüftungssystem, ganz ohne Energiebedarf

Die Planer von Element A haben zusammen mit den Klima-Ingenieuren von Transsolar ein spezielles Klimakonzept entwickelt, das auf einer passiven Belüftung beruht.

Das Klimakonzept ist eine hochintelligente Low-Tech-Lösung. Es aktiviert die Substanz, grenzt äußeren Lärm aus und kreiert eine hervorragende Arbeitsatmosphäre im Inneren.

Christian Taufenbach, Architekt

Im Gegensatz zu den vollklimatisierten Bürogebäuden ringsum, bietet das System eine nachhaltige Klimatisierung, bei der sich die Kühllast auf Null reduzieren ließ. 

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Der Deutsche Alpenverein wollte mit dem transformierten Bestandsbau ein Zeichen setzen.

Ein spezielles Lüftungselement in der Fensterbrüstung leitet die Außenluft in einem konstanten Volumenstrom in den Innenraum. “Das Klimakonzept ist eine hochintelligente Low-Tech-Lösung“, erklärt Taufenbach. „Es aktiviert die Substanz, grenzt äußeren Lärm aus und kreiert eine hervorragende Arbeitsatmosphäre im Inneren. Zugleich schafft sie eine Einsparung an Energiebedarf von ursprünglich errechneten 520 KW auf Null.“

Von der Unmöglichkeit zur Innovation

Der neue Sitz des Deutschen Alpenvereins liefert einen ausgeklügelten Gegenentwurf zu den CO2-intensiven Glas- und Stahlpalästen der Parkstadt Schwabing.

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In den Brüstungselementen ist die Low-Tech-Klimatisierung integriert.

Und er zeigt, wie sich der Bestand, der oft allzu schnell als nicht adaptierbar verworfen wird, mit kreativen Ideen und viel gutem Willen in zeitgemäße Büroarchitektur verwandeln lässt. 

Für Architekt Christian Taufenbach, der den anfangs „unmöglichen Umbau“ bis zur Schlüsselübergabe begleitet hat, steht fest: „Bestandsgebäude wie dieses stehen überall. Dieser Umbau zeigt, dass man sie eben nicht abreißen muss, sondern dass man sie in hervorragender Qualität neu nutzen kann.“

Text: Gertraud Gerst Fotos: Pk. Odessa Co/Markus Lanz, Sebastian Schels, Element A Architekten

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