Uni bricht Holzbau-Rekord

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In Perth steht mit dem neuen Unikomplex Boola Katitjin der größte Ingenieur-Holzbau auf der Südhalbkugel. Der Entwurf stammt von den ansässigen Lyons Architects, die vorgefertigten Bauelemente des 180 Meter langen Gebäudes kommen aus Europa.

Die australische Stadt Sydney liefert sich gerade mit der Millionenstadt Perth auf der anderen Seite des Kontinents ein Rennen um das höchste Holz-Hochhaus der Welt. Während Sydney zwar zeitlich vorne liegt – der 186 Meter hohe Atlassian Central soll schon 2026 fertiggestellt sein –, wird Perth mit dem 50-geschossigen C6 den Höhenrekord um fünf Meter brechen. Bis der Wolkenkratzer steht, wird es noch dauern. Indessen kann Perth den – zum Zeitpunkt seiner Errichtung – größten mehrgeschossigen Ingenieur-Holzbau auf der südlichen Hemisphäre vorweisen: Boola Katitjin, das neue Universitätsgebäude der Murdoch University.

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Der Uni-Neubau Boola Katitjin punktet auch mit einem grandiosen Interior-Konzept.

In der Sprache der Whadjuk, der Ureinwohner der Region, bedeutet der Name „viel zu lernen“.

Nachhaltigkeit, Diversität und Inklusion

Der Uni-Neubau steht nämlich auf einem Gebiet, das schon seit Zehntausenden von Jahren ein Ort des Lernens ist. Und das soll er in Zukunft vor allem auch für die Ureinwohner Australiens sein.

Boola Katitjin spielt eine Schlüsselrolle in der neuen Strategie der Universität, die auf den drei Säulen Nachhaltigkeit, Diversität und Inklusion basiert.

Murdoch University, Bauherrin

Vonseiten der Murdoch University heißt es dazu: „Boola Katitjin spielt eine Schlüsselrolle in der neuen Strategie der Universität, ‚Ngala Kwop Biddi. Gemeinsam an einer besseren Zukunft bauen’. Diese Strategie basiert auf den drei Säulen Nachhaltigkeit, Diversität und Inklusion und soll die Universität zur bevorzugten Bildungseinrichtung der indigenen Völker machen.“

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Flexibel bespielbare Unterrichts-, Lern- und Aufenthaltsbereiche prägen das innovative Raumkonzept.

Die 1973 gegründete Universität strebt nicht nur nach einer ideellen Neuausrichtung, auch eine räumliche Neuorganisation des weitläufigen Campusgeländes stand an. Mit dem Entwurf von Lyons Architects, die mit einer Reihe an lokalen Studios zusammenarbeiteten, konnte die lange Zeit problematische Zugangssituation gelöst werden. 

Flexibles Raumkonzept

Der viergeschossige Holzbau konsolidiert die Bestandsgebäude und erweitert sie um neue, hochflexible Räume, die den zukünftigen universitären Anforderungen gerecht werden sollen. Weitläufige, offene Lernbereiche, experimentelle Technologie-Labore und informelle Lounge-Bereiche für die Studentinnen und Studenten zählen zum architektonischen Raumkonzept. 

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Lernen mit Aussicht: Die oberen Geschosse haben freie Sicht auf die Bäume.
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Das biophile Design stellt eine Verbindung der Räume mit der Natur her.

Dass die einzelnen Räume mit ihrer sichtbar belassenen Holzkonstruktion so gut zur Geltung kommen, liegt auch am gelungenen Interior-Konzept von Innerspace. Das Designbüro mit Niederlassungen in Sydney, Melbourne und Perth hat das Unigebäude mit über 3.000 Möbel bestückt. Legere Ledersofas und gediegene Lounge-Sessel treffen auf funktionale Drehstühle und farblich akzentuierte Unterrichtseinheiten.

Biophiles Design

Was die Nachhaltigkeit angeht, so folgte man dem Design-Prinzip der Biophilie. Biophiles Design zielt darauf ab, zwischen den Räumen, in denen wir leben oder arbeiten, und der Natur eine Verbindung herzustellen. Sei es durch biogene Materialien wie Holz, durch Blickbezüge zu begrünten Außenflächen oder durch einen möglichst hohen Eintrag von Tageslicht.

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Das Gebäude ist 180 Meter lang und besteht aus 1.800 Holzbauteilen, die von HESS TIMBER in Deutschland vorgefertigt wurden.

Einige der volumenmäßig größten Holzträger, die Australien je gesehen hat, wurden hier verbaut. Manche davon wiegen mehr als 7 Tonnen und sind 26 Meter lang.

Multiplex, Generalunternehmer
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Neben weitläufigen, offenen Lernräumen und experimentellen Technologie-Laboren gibt es auch informelle Lounge-Bereiche. 

Das flexible Raumdesign von Boola Katitjiin ist den großen Spannweiten zu verdanken, die der Holzbau ermöglicht. Die 180 Meter lange Struktur besteht aus 1.800 Holzbauelementen. „Einige der volumenmäßig größten Holzträger, die Australien je gesehen hat, wurden hier verbaut. Manche davon wiegen mehr als 7 Tonnen und sind 26 Meter lang. Damit wurden die Grenzen der Ingenieurskunst neu ausgelotet“, so der Generalunternehmer Multiplex über die Eckdaten des Holzbaus.

Europäischer Holzbau-Export

Vorgefertigt und geliefert wurden die 2.100 Tonnen an Holzbauteilen von HESS TIMBER, einem der führenden Brettschichtholzhersteller in Europa mit Sitz in der deutschen Ortschaft Kleinheubach. "Mit ihrem geringeren CO2-Fußabdruck und den vielen Möglichkeiten zur natürlichen Belüftung trägt die Holzkonstruktion zur ökologischen Nachhaltigkeit des Gebäudes bei“, erklärt das Büro Lyons Architects. 

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Schlichte Ledersofas und Couchsessel ergeben zusammen mit den natürlichen Holzoberflächen ein harmonisches Gesamtbild.

Das gesamte Bauprojekt diente als Showcase für den Studienzweig Environmental and Sustainable Systems Engineering. Mehr als 90 Prozent des Baustellenabfalls konnte laut Angaben der Murdoch University einem Recycling- oder Upcycling-Prozess zugeführt werden. Bis 2030 möchte die Uni klimaneutral sein und ausschließlich nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft handeln.

Boola Katitjin wurde auf dem World Architecture Festival 2023 zum Universitätsgebäude des Jahres gekürt und zudem mit zahlreichen anderen Preisen ausgezeichnet. Ein Bau, der nicht nur durch seine Größe beeindruckt, sondern vor allem auch durch sein gelungenes Interiorkonzept, das in seiner Schlichtheit die Ästhetik des Holzes hochleben lässt.

Text: Gertraud Gerst Fotos: Innerspace

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