So geht Minimalismus in Holz

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Der Büroneubau von DIN Sicherheitstechnik in Vorarlberg zeigt, dass Minimalismus auch ohne Sichtbeton und karge, weiße Flächen auskommt. Der prämierte Ingenieur-Holzbau ist praktischer Werkzeugkasten und eleganter Showroom in einem.

Für jeden, der beim handwerklichen Arbeiten Ordnung, Effizienz und eine gute Organisation schätzt, ist ein Werkzeugkasten unverzichtbar. Er macht die nötigen Tools leicht zugänglich und erleichtert damit den Arbeitsalltag. Diesen Anspruch stellte ein Bauherr an seine neuen Büro- und Repräsentationsräumlichkeiten. „Das Gebäude sollte für den Bauherren wie ein Werkzeugkasten sein, der ihm dazu dient, seinen Beruf auszuüben“, erklärt Architekt Markus Thurnher. Zusammen mit seinem Büro Fink Thurnher Architekten kam er dem Wunsch nach. Bei der Bauherrschaft handelt es sich um den Familienbetrieb DIN Sicherheitstechnik mit Stammsitz in Linz, der sich auf die Entwicklung und Produktion von Not- und Sicherheitsbeleuchtung spezialisiert hat. In der Vorarlberger Gemeinde Schlins ist nun die fünfte Niederlassung in Österreich entstanden.

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Die fünfte Niederlassung von DIN Sicherheitstechnik ist in Schlins, Vorarlberg, entstanden.

Das Gebäude sollte für den Bauherren wie ein Werkzeugkasten sein, der ihm dazu dient, seinen Beruf auszuüben.

Markus Thurnher, Architekt

Ähnlich einem typischen Werkzeugkasten aus Holz haben die Architekten einen monolithischen Baukörper geschaffen, an dem nichts zu viel ist. Die Schlichtheit ist ästhetisches Programm, von pragmatischer Einfalt ist der Neubau dennoch weit entfernt. Was die minimalistische Holzfassade und das eingeschnittene Portal vielleicht noch nicht erahnen lassen, offenbart sich dann im Inneren: Dieser Standort ist nicht nur eine weitere Vertriebs- und Servicestelle, sondern ein Ort der Repräsentation. Hier sollen Kunden die Produkte erleben und die Unternehmenswerte quasi über die Architektur inhalieren.

Tradition und Moderne im Einklang

Anstatt am Versuch zu scheitern, den hohen technologischen Anspruch des Unternehmens eins zu eins in Architektur zu übersetzen, ging man den Vorarlberger Weg. Nirgendwo sonst herrscht eine derart hohe Dichte an qualitativ hochwertiger Architektur wie im östlichsten Bundesland von Österreich. Es ist die Wiege des modernen Holzbaus, der die Ansprüche der Gegenwart mit dem baukulturellen Erbe der Vergangenheit verbindet.

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Der Neubau von DIN Sicherheitstechnik fügt sich mit seinem zweistöckigen Volumen harmonisch ins Ortsbild ein.
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Der konstruktive Holzbau wurde mit dem Vorarlberger Holzbaupreis ausgezeichnet.

Die Gemeinde Schlins macht mit ihrem Mix aus Gewerbebauten und Wohnhäusern einen etwas zersiedelten Eindruck. Mit der ERDEN Werkhalle steht hier bereits ein hoch innovativer Industriebau, der aus Stampflehm und Holz errichtet ist. Der Neubau von DIN Sicherheitstechnik fügt sich mit seinem zweistöckigen Volumen harmonisch ins Ortsbild ein. Es bringt eben diesen Mix aus Tradition und Moderne an den Landstraßenrand, locker eingefügt zwischen Streuobstwiese und Mehrfamilienhaus.

Grüner Strom vom Dach

Mit seiner Holzlattung und der kompakten Form ohne Dachüberstände gibt sich der Baukörper nach außen hin bewusst bescheiden. Dass die nordöstliche Dachseite ebenfalls mit Holz verkleidet ist, lässt ein homogenes Bild entstehen. Die zum Garten hin orientierte Dachfläche ist mit Photovoltaikpaneelen verkleidet, die das Gebäude und die firmeneigene Elektrotankstelle mit grünem Strom versorgen.

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Die vom Boden bis zum Dach homogene Materialität des hellen Holzes schafft einen ruhigen, eleganten Raumcharakter.

Beim Betreten der Lobby zeigt sich, dass ein Holzbau ganz großes Kino sein kann. Der Luftraum über der zentralen Theke reicht bis unter den Dachfirst und lässt ein Gefühl von räumlicher Großzügigkeit entstehen. Die vom Boden bis zum Dach homogene Materialität des hellen Holzes schafft einen ruhigen, eleganten Raumcharakter. Für Struktur und Spannung sorgen die sichtbare Pfettenkonstruktion des Dachtragwerks und die vertikale Lattung im Inneren und vor den Glasflächen.

Minimalismus in Holz

Im Anschluss an die Lobby befindet sich ein Schulungsraum, der sich räumlich abtrennen lässt. Die verglasten Büroräume sind auf zwei Etagen um die großzügige Halle angeordnet. Sie sind lichtdurchflutet und so gestaltet, dass sie Begegnungen und Kommunikation untereinander fördern. Der Treppenaufgang ist durch raumhohe Holzlamellen optisch getrennt und führt auf eine Galerie, die spannende Sichtbezüge in die Lobby und nach draußen schafft.

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Der neue, repräsentative Firmenstandort zeigt, dass für ein minimalistisches Interior-Konzept weder Sichtbeton noch karge weiße Flächen nötig sind.

Hier im Obergeschoss können Kundinnen und Kunden eine lebensnahe Simulation jener Produkte erleben, die das Unternehmen DIN herstellt, in erster Linie Notbeleuchtungssysteme für Gebäude.

Der neue, repräsentative Firmenstandort zeigt, dass für ein minimalistisches Interior-Konzept weder Sichtbeton noch karge weiße Flächen nötig sind. Minimalismus funktioniert mindestens genausogut in Holz, wenn nicht besser. Die Fichte in der Konstruktion und die Weißtanne in den Verkleidungen schaffen trotz der Aufgeräumtheit ein behagliches Ambiente.

Als das Gebäude 2021 mit dem Vorarlberger Holzbaupreis ausgezeichnet wurde, bemerkte die Jury in ihrem Statement: „Besonders lobenswert ist die klar lesbare Holzstruktur. Ihre detaillierte Planung und ihre präzise Ausführung zeugen von der engen Zusammenarbeit zwischen ausführenden Firmen, Handwerkern, Statiker, Architekt und Bauherr.“

Text: Gertraud Gerst Fotos: Hanno Machowitz

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