Nachhaltiges Paradoxon vor Malaysia

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Vor der Küste von Penang sollen drei künstliche Inseln entstehen, auf denen das nachhaltige Leben Einzug halten soll. Also wird die neue Ministadt auch BiodiverCity heißen …

Auf den ersten Blick klingt die Sache alles andere als nachhaltig: Da wird so viel Erde in das Meer gekippt, bis am Ende 1821 Hektar bebaubares Land aus dem Wasser ragen. Und, ja, auch auf den zweiten Blick wird die gigantische Landgewinnungsaktion nicht wirklich nachhaltiger.

BiodiverCity aus künstlicher Natur

Wenn man jedoch eben diesen klitzekleinen Umstand einfach ausblendet, wird das, was auf diesen insgesamt drei Kunstinseln entsteht, dann schon nicht zu unrecht den klingenden Namen BiodiverCity tragen. Eine künstliche Stadt der natürlichen Vielfalt, wenn man so will.

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Paradoxon hin oder her, jedenfalls hat das Architekturbüro BIG, das derzeit irgendwie überall seine Finger im Spiel hat, nun die Ausschreibung zur Gestaltung eben dieses Kunstlandes gewonnen. Und zwar mit einem Masterplan, den BIG-Boss Bjarke Ingels so erläutert: "Wir schlugen die Schaffung von städtischen Lilienfeldern vor, die durch eine zellulare Struktur von Stadtbezirken organisiert werden, die durch natürliche Flecken und Korridore für Lebensräume verbunden sind.“

Blumige Vorgaben der Regierung

Die blumige Sprache (Stichwort: Lilienfelder) bezieht sich vermutlich auf die ebenso florale Steilvorlage der malaysischen Regierung. Eine der Vorgaben des Langgewinnungsprojekts lautete nämlich: Die drei Landflecken müssen jeweils die Form eines Seerosenblatts aufweisen (Weil: Wenn schon BiodiverCity, dann durch und durch!).

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Laut weiteren Vorgaben sollte jedes Seerosenblatt aus unterschiedlich genutzten Bezirken bestehen, die in Zukunft von jeweils zwischen 15.000 und 18.000 Menschen bewohnt werden. Um die dort lebenden „BiodiverCitianer“ sollen die Inseln jeweils über 4,6 Kilometer öffentliche Strände, 242 Hektar Parks und 25 Kilometer Uferpromenade verfügen.

Urlaub in BiodiverCity?

Das erklärte Ziel lautet schließlich: Ein "globales Reiseziel" zu schaffen, das ein nachhaltiges wirtschaftliches und kulturelles Wachstum der Insel Penang ermöglicht. Wobei eben gleichzeitig die biologische Vielfalt ihrer Küstenzonen und natürlichen Lebensräume geschützt werden muss.

Genau dieses Unterfangen möglichst geschickt und intelligent zu realisieren, war nun die große Herausforderung für BIG. Die lassen sich vorerst zwar auch nur bedingt in die Pläne schauen, doch ein bisschen etwas ist nun bekannt. Was man bisher weiß ist, dass alle Gebäude von BiodiverCity weitgehend aus einer Kombination aus Bambus, malaysischem Holz und so genanntem "grünem Beton" errichtet werden sollen. Das ist eine Mischung, bei der weniger Kalk als bei herkömmlichem Beton verwendet wird, was ihn wohl etwas umweltfreundlicher macht.

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Auch kennt man inzwischen die Namen der drei Inseln: Channels, Mangroves und The Laguna. Auf Channels werden Regierungs- und Forschungseinrichtungen Platz finden. Sie soll der Hauptstadt des Bundesstaates Penang, George Town, ähneln und mit einem 200 Hektar großen digitalen Park aufwarten. Dieser soll laut BIG Einheimische und Gäste dazu einladen, "die Welt der Technologie, Robotik und virtuellen Realität zu erkunden".

Sogar Mangroven sollen gedeihen

Mangroves ist die zentral gelegene Insel der BiodiverCity, die sich den wirtschaftsorientierten Themen widmen wird. In ihrem Zentrum wird der Bamboo Beacon stehen – eine Einrichtung für Konferenzen und Großveranstaltungen. Außerdem werden hier die einzelnen Bezirke um ein künstlich angelegtes Netzwerk von städtischen Feuchtgebieten herum organisiert werden. In diesen sollen auf lange Sicht sogar Mangrovenwälder gedeihen.

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Die letzte Insel mit dem Namen The Laguna wird von BIG als Miniatur-Archipel beschrieben. Sie soll aus acht kleineren Inseln bestehen, die um einen zentralen Yachthafen herum angeordnet werden. Sie besteht aus schwimmenden, gestelzten und terrassenförmig angelegten Wohnhäusern. Außerdem wird sie eigene Laichplätze für Wassertiere vorsehen, um die Entwicklung neuer mariner Lebensräume zu ermöglichen.

All diese Punkte sieht Mastermind Ingels als einzelne Bausteine, um die biologische Vielfalt der Küstenzonen und der künstlichen, natürlichen Lebensräume nachhaltig zu schützen.

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Somit liegt auf der Hand, was derzeit alle Zukunfts-Städte, wie etwa die auch von BIG konzipierte Toyota City, gemein haben: Autos gibt’s keine mehr. Stattdessen werde autonome wasser- und luftgestütztes Verkehrsnetze etabliert. So, dass auf den Straßen von BiodiverCity Radfahrer und Fußgänger Vorrang haben.

Natürliche Pufferzonen als Reservate

Außerdem soll um die einzelnen Stadtbezirke ein Netz von ökologischen Korridoren, „Puffer“ genannt, entstehen. Das sind in Wahrheit künstlich angelegte, 50 bis 100 Meter lange Naturreservate. Ihr klares Ziel: Die Biodiversität der Kunstinseln zu fördern.

Also sagt Bjarke Ingels: "BiodiverCity wird eine neue nachhaltige globale Destination sein, in der kulturelles, ökologisches und wirtschaftliches Wachstum gesichert ist. Eine Destination, in der Mensch und Natur an einem der artenreichsten Orte des Planeten an der Südküste der Insel Penang koexistieren.“

Was bleibt, ist paradox

Mögen seine Worte Realität werden. Dennoch: Was bislang jedenfalls nachhaltig wirkt, ist der offensichtlich wirkende Widerspruch, Natürlichkeit künstlich erzeugen zu wollen. Aber vielleicht ist dieses Paradoxon ja gar nicht so nachhaltig, wie es auf den ersten Blick scheint.

Text: Johannes Stühlinger Bilder: BIG

https://www.youtube.com/watch?v=2ZG2pHjBDm8

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