Im Schatten des Waldes

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Das Aman Kyoto verbindet die traditionelle Kultur des Ryokans mit einer modernen Ästhetik. Das preisgekrönte Hotel stammt von Kerry Hill, dem Meister des sublimen Understatements. So geht Entschleunigung im Luxussegment.

In den Wäldern im Nordwesten Kyotos liegt Kinkaku-ji, der Goldene Pavillon. Er zählt zum Unesco-Weltkulturerbe und stammt aus der Muromachi-Zeit Ende des 14. Jahrhunderts, einer der innovativsten Kulturepochen Japans. Der Tempel veranschaulicht das ästhetische Empfinden seiner Zeit. Indem er sich fließend in die natürliche Umgebung einfügt versinnbildlicht er die buddhistische Weltsicht und die Harmonie zwischen Mensch und Natur. Ein Konzept, dem auch das nahegelegene Luxushotel Aman Kyoto gefolgt ist.

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Kyoto gilt als Wiege der Teezeremonie, im Aman Kyoto kommt sie nicht zu kurz.

Ein geschichtsträchtiger Garten

Es liegt zwischen Felsen, Zedern und Yuzubäumen, in einem urwüchsigen Garten, der vor 400 Jahren in der alten Kaiserstadt angelegt wurde. Die sechs Pavillons des Hotels sind auf Plateaus errichtet, die für ein Textilmuseum bestimmt waren, das nie gebaut wurde. Auch die Hotelbetreiber mussten an die 20 Jahre warten, bis die Baugenehmigung an diesem historischen Ort erteilt wurde. Dass die Baukörper mit ihrer karbonisierten Shou-Sugi-Ban-Fassade in den Schatten der hohen Sicheltannen kaum auszumachen sind, spielte dabei eine wesentliche Rolle.

Das Resort wurde mit dem Ahead Hotel of the Year Award 2021 ausgezeichnet, weil es sich in seiner Schlichtheit so saumfrei in die umgebende Landschaft einpasst. „Unsere Juroren haben das Aman Kyoto für sein makelloses Design und seine Sensibilität gegenüber den Unesco-Weltkulturerbestätten ausgewählt“, ergänzte die Ahead-Jury, die jedes Jahr herausragende Hotelprojekte prämiert.

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Die Glasfronten in den Suiten und Pavillons des Aman Kyoto machen den Wald zum Hauptprotagonisten.

Das Ryokan als Vorbild

Der Entwurf für das Hotel war das letzte Projekt des australischen Architekten Kerry Hill, bevor er 2018 verstarb. Mit dem Aman Kyoto schaffte er eine zeitgemäße Interpretation eines Ryokans. Wie im traditionellen japanischen Gästehaus feiert man hier die Entschleunigung. Hill besann sich beim Gestalten auf das Wesentliche und schaffte eine erhabene Begegnung von Architektur und Natur.

Die Suiten und Pavillons würdigen die minimalistische Ästhetik des Ryokans und bilden einen Rahmen für die spektakuläre Naturlandschaft, die sie umgibt.

Hotelbetreiber, Aman Kyoto

Die Innenräume sind zurückgenommen und so ausgerichtet, dass sie den umgebenden Wald in den Mittelpunkt stellen. „Die Suiten und Pavillons würdigen die minimalistische Ästhetik des Ryokans und bilden einen Rahmen für die spektakuläre Naturlandschaft, die sie umgibt“, heißt es vom Hotelbetreiber, der auch beim Konzept auf kulturelle Immersion setzt.

Authentizität statt Designstil

Architekt Kerry Hill hat sich in seiner mehrere Jahrzehnte umfassenden Schaffensperiode keinem speziellen Designstil verschrieben. Vielmehr war er stets darum bemüht, durch Ort, Funktion und Material eine bedachtsame Authentizität zu schaffen. Seine Form des tropischen Modernismus basiert auf einem tiefen kulturellen und klimatischen Verständnis des Ortes. Er gilt als Meister des sublimen Understatements.

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Zentraler Treffpunkt des Resorts ist der Living Pavilion.
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Hier wird Nachmittagstee oder traditionelle Kyoter Küche serviert.

Das Aman Kyoto ist in dieser Hinsicht ein Flaggschiff seines Schaffens. Es liegt in der versteckten Lichtung eines 32 Hektar großen, urwüchsigen Waldes und ist ein Stück perfekt balancierter Schlichtheit. So wie die insgesamt 17 Unesco-Weltkulturgüter, die das Resort umgeben. Das Hotel bildet das letzte Glied der Reihe an Luxusresorts, die Hill für die internationale Aman Gruppe entworfen hat.

Geometrisches Lichtspiel

Die durchgehenden Glasfronten in den 26 Zimmern und Gemeinschaftsräumen schaffen Sichtbezüge zum Garten und den Wald ringsum. Die dunklen Holzlatten des außenliegenden Sonnenschutzes teilen die Landschaft und den Himmel in Streifen. Ein geometrisches Lichtspiel, das sich durch die gesamte Architektur zieht und eine beruhigende Kulisse schafft.

Anstatt Wellness nach westlichem Vorbild bietet das Aman Spa ein traditionelles Onsen, wie es in Kyoto seit Jahrhunderten zum Brauchtum gehört. Die japanische Badekultur hat sich aus den buddhistischen Reinigungsritualen entwickelt. Wie traditionell üblich, befindet sich das warme Thermalbecken hier im Freien. Die Quelle des mineralienreichen Wassers befindet sich ganz in der Nähe des Hotels.

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Im Aman Spa wird traditionell japanisch gebadet – in einem Onsen.

Traditionell essen, meditieren und malen

Das Restaurant Taka-An bietet Gästen und Besuchern eine besondere gastronomische Erfahrung. Dabei sind die Kreationen aus feinsten regionalen Zutaten genauso wichtig wie das Geschirr, auf denen sie serviert werden. Der prämierte Chefkoch ShinichirōTakagi schafft hier kulinarische Kunstwerke, von denen keines dem anderen gleicht.

Im Living Pavilion, dem zweiten Restaurant und Herzstück der Anlage, wird nach der lokalen Kyoter Küche gekocht. Die Sitzgelegenheiten sind um einen zentralen Kamin gruppiert. Das Mobiliar ist elegant und schafft einen hellen Kontrast zur dunklen Vertäfelung und dem Boden.

Wer abgesehen vom Essen noch tiefer in die Kultur Japans eintauchen möchte, kann mit buddhistischen Zen-Mönchen meditieren oder tuschezeichnen. Zahlreiche Kulturschätze der Vergangenheit sind nur einen kleinen Waldspaziergang entfernt. So wie der mit echtem Blattgold verkleidete Tempel Kinkaku-ji.

Text: Gertraud Gerst Foto: Aman Kyoto

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