Holztor zur Zukunft

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Mit dem Projekt Keilaniemen Portti im finnischen Espoo zeigt die Arco Architecture Company, was Holz im Bürobau kann – und, wie ein Gebäude ein ganzes Stadtentwicklungsgebiet prägen kann.

Keilaniemi, der Business-District von Finnlands zweitgrößter Stadt Espoo. Hier wachsen seit Jahren zahlreiche Gebäude aus Glas, Stahl und Beton in den Himmel. Hochhäuser, in denen internationale Unternehmen wie KONE, Neste oder Microsoft Finland ihren Sitz haben. Doch seit Juli 2023 entsteht hier etwas Neues – ein Projekt, dessen Bedeutung weit über die eines klassischen Büroturms hinausgeht: Keilaniemen Portti – das "Tor von Keilaniemi".

Rund 20.000 Quadratmeter Bürofläche, 13 Obergeschosse, zwei Untergeschosse und eine Höhe von knapp 60 Metern: Keilaniemen Portti wird Finnlands höchstes Holzgebäude – und eines der höchsten Holz-Bürohäuser Europas. Entworfen wurde es von Arco Architecture Company, einem finnischen Studio mit Büros in Helsinki, Tampere, Turku und Oulu. Bauherr ist mit der Varma Mutual Pension Insurance Company einer der größten Immobilieninvestoren des Landes.

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Drei Fassadenflächen, sanfte Rundungen, viel Holz. Kurz: Keilaniemen Portti.

Errichtet wurde das Gebäude auf einem schmalen Grundstück zwischen Stadtautobahn und der Westseite der Bucht, über die man zur benachbarten Hauptstadt Helsinki gelangt. Es besteht im Wesentlichen aus drei Fassadenflächen: zwei langen Holz-Glas-Seiten sowie einem schräg ansteigenden Gründach.

Holzkeil

Das Ergebnis, einem hölzernen Keil nicht unähnlich, soll "das Gefühl von Wald und Natur in eine sehr urbane Büroumgebung holen", heißt es aus dem Arco-Team. Von außen passiert das über eine Holzverkleidung und sanften Rundungen statt harter Kanten, innen mit zahlreichen Holzelementen, viel Tageslicht und jede Menge Grün – so wächst mitten in der Lobby ein Baum in Naturgröße.

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In der sonnendurchfluteten Lobby steht ein (lebender) Baum.
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Die Terrasse mit Blick auf das Gründach. Und aufs Meer.

So organisch das Gebäude auch wirkt: Keilaniemen Portti ist ein "rationaler" Holz-Hybridbau. Eine primäre Brettschichtholzstruktur mit Betonfundament, im Inneren gestützt von Stahlträgern sowie Verbunddecken aus Beton und Brettsperrholz.

Die Bedeutung von Holz beim Bau unserer Projekte wird weiter zunehmen.

Sari Raunio, Varma Property Development Director

Die Fassade wiederum ist eine Aluminiumkonstruktion mit Holzlamellen. So lässt sich der Wartungsaufwand reduzieren, ohne auf den Holzcharakter zu verzichten. Das Ergebnis: ein schlankes Tragwerk, geringere Deckenstärken und flexible Räume, die sich über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes anpassen lassen.

Die Zukunft ist jetzt

Bei Varma hat sich der Holzbau zu einem zentralen Thema entwickelt – und das nicht nur aufgrund seiner klimafreundlichen Eigenschaften. So ist Holz auch leichter als andere Baumaterialien und ermöglicht mehr Vorfertigung, weniger Baustellenverkehr und sauberere Bauprozesse. "Seine Rolle in unseren Projekten wird zunehmen", erklärt dazu Sari Raunio, Property Development Director bei Varma. Keilaniemen Portti gilt im Unternehmen als Aushängeschild dieser Strategie.

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Holz dominiert auch im Inneren – in den Büros ebenso wie im Restaurant.

Das Projekt ist aber auch ein Paradebeispiel für das Cradle-to-Cradle-Prinzip, bei dem Kreislaufwirtschaft effektiv umgesetzt wird. "Das Gebäude integriert authentische Materialien, die auf schöne und nachhaltige Weise altern. Am Ende ihres Lebenszyklus können sie als Rohstoffe wiederverwendet oder mit minimalem Aufwand umfunktioniert werden", so die Verantwortlichen.

Abfälle werden auf der Baustelle sortiert und dem Recycling beziehungsweise der Wiederverwendung zugeführt. Darüber hinaus weist der im Gebäude verwendete Stahl eine Recyclingquote von über 90 Prozent auf.

Wohlfühlatmosphäre

Innen setzt das Projekt konsequent auf das Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Neben klassischen Büros, einem Konferenzzentrum und einem Restaurant gibt es eine Dachterrasse mit Blick auf den Schärengarten in der Bucht, einen Sauna- und Spa-Bereich mit Fitnesscenter, Dampfbad und Kaltwasserbecken sowie rund 400 Fahrradstellplätze im Gebäude und im Hof.

Varma strebt für Keilaniemen Portti eine BREEAM-Excellent-Zertifizierung an, zusätzlich soll ein WELL-Zertifikat die hohe Qualität von Luft, Akustik, Licht und Ergonomie ausweisen. Auf dem Dach produzieren Photovoltaikmodule Strom, das Gründach verbessert das Mikroklima, im Betrieb ist ein besonders niedriger Energiebedarf vorgesehen.

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Keilaniemen Portti wertet ein ganzes Viertel – im wahsten Sinne nachhaltig – auf.
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Das ehemals brachliegende Gebiet wird nach und nach begrünt.

Man wolle "ein Bürohaus mit unverwechselbarer Architektur und klaren Umweltwerten schaffen – und gleichzeitig Features einbauen, die die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spürbar erhöhen", so Sampsa Ratia, Head of Real Assets bei Varma. In einem Viertel, in dem der Wettbewerb um Talente und Mieter ein harter ist, habe dies fast die gleiche Bedeutung wie die Anzahl der Quadratmeter.

Full House

Dass die Mischung funktioniert, zeigt der Vermietungsstand: Noch bevor die Bauarbeiten richtig in die Höhe gingen, war das Gebäude bereits voll vermietet. "Es ist außergewöhnlich, dass alle Nutzer so früh feststehen – und wir die Flächen gemeinsam mit ihnen entwickeln können", sagt Jenni Nivalainen, Asset Manager bei Varma. Für die künftigen Büroangestellten bedeutet das: maßgeschneiderte Grundrisse statt Standardgeschosse – und ein Job inmitten von Holz und viel Grün. Und mit Panoramablick. Hauptmieter sind der Forstindustrie-Konzern Metsä Group und das CSC – IT Center for Science; die Restaurantflächen übernimmt die Soupster Family.

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Der Fokus liegt auf dem Wohlfühlfaktor der Menschen, die im Gebäude arbeiten. Holz trägt entscheidend dazu bei.

Keilaniemi wandelt sich gerade vom autozentrierten Bürocampus zum gemischten Stadtentwicklungsgebiet mit neuen Plätzen, Parks und Wohnungen. Keilaniemen Portti liegt dabei an einem Verkehrsknoten mit Metrostation, Endstation der Jokeri-Schnellstraßenbahn und Länsiväylä-Autobahn. Mit der Fertigstellung 2026 soll Keilaniemen Portti nicht nur als Tor ins neu entwickelte Viertel zum Wahrzeichen werden. Das Gebäude wird auch ein hochaufragendes Argument für modernen Holzbau darstellen; an einem Ort, an dem man bisher kaum an Gründächer und lebende Bäume in der Lobby gedacht hat.

Text: Michi Reichelt Bilder: Arco

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