
Flavour Pairing nach Art des Hauses
Was auf den Tellern für Gaumenfreuden sorgt, wollten die Architekten der Somesome Bar in China architektonisch ins Zentrum rücken: Das Zusammenspiel von auf den ersten Blick unpassender Kombinationen. Das Resultat: ein Augenschmaus.
Was auf den Tellern für Gaumenfreuden sorgt, wollten die Architekten der Somesome Bar in China architektonisch ins Zentrum rücken: Das Zusammenspiel von auf den ersten Blick unpassender Kombinationen. Das Resultat: ein Augenschmaus.
Schon einmal Lamm mit Erdbeeren probiert? Oder Hummer auf Vanillesauce? Klingt ziemlich abwegig und ist doch genau das, was internationale Kochkünstler derzeit besonders gern auf ihre Teller zaubern. Flavour Pairing nennt sich dieser Trend, der in Wahrheit eher Wissenschaft denn Küchenkönnen ist.
Von der Aromen-Theorie
So sagt etwa der deutsche Starkoch Heiko Antoniewicz: „Eigentlich ist Flavour Pairing eine reine Theorie von Aromen-Paarungen. Einzelne Duftstoffe werden miteinander verglichen und übereinandergelegt.“ Was dabei rauskommt, wirkt schräg, schmeckt aber in den meisten Fällen so überraschend, dass man es kaum glauben kann.


Eben dieses Phänomen hat die Architekten von MARS Studio dazu veranlasst, ein architektonisches Konzept nach ähnlichen Überlegungen zu realisieren. Die Somesome Bar and Restaurant im chinesischen Taikoo Li Sanlitun. Schließlich wünschten sich die Auftraggeber ein „modernes, aber doch klassisches Lokal“, das seinen Gästen Intimität gewähren aber auch Austausch ermöglichen sollte. Sprich: Allein die Grundbedingungen schrien schon nach einer Kombination aus auf den ersten Blick schwer zu vereinbaren Elementen.
Wechselspiel der Formen
Wie aber kann so ein Spagat im optischen Sinne gelingen? Indem man Elemente miteinander kombiniert, die nicht zu erwarten sind, meinen die Architekten. Als Grundlage diente ihnen dabei erst einmal ein Wechselspiel aus geometrischen und runden Formen. So wirkt das Lokal, als wäre es in einem Felsen versenkt.
Sprich: Der Rundbogeneingang wurde in die schlichte Betonfassade eingeschnitten. Erst wenn man diesen durchschreitet, gelangt man in den Speisesaal der Somesome Bar. Und dieser überrascht dann sogleich durch die Erkenntnis, dass man sich keineswegs in einer dunklen Höhle befindet. Vielmehr wird der gesamte Raum durch hohe Faltfenster, die über die gesamte Länge gezogen werden, regelrecht mit Licht geflutet.

Hinzu kommt die im Hauptraum offensichtlich werdende Matrix aus hölzernen Kreuzbögen. Sie heben sich federleicht vom massiv wirkenden Betonboden ab. Gleichzeitig erschaffen sie aber auch innerhalb des großen Raums viele kleine Kuppeln, die wie eigene Kokons wirken. So würde man innerhalb einer geselligen Atmosphäre gleichzeitig auch immer das Gefühl von Intimität verspüren, sind sich die Macher von Somesome Bar sicher.
Die Somesome Bar serviert Neugierde
Und die Architekten sagen: „Beim Durchschreiten wird der Raum immer wieder gestaucht und freigegeben, verborgen und enthüllt. Das schafft Neugierde, die ihren Höhepunkt erreicht, wenn man am Ziel, an seinem Tisch, angekommen ist.“ Außerdem könne man die unterschiedlichen Sequenzen, die durch Kreuzbögen entstehen, als Schichten der Erinnerung lesen, meinen die MARS Architekten. Ist zwar etwas sehr weit hergeholt, aber klingt jedenfalls hübsch.


Das Zusammenspiel aus massiven und leichten Materialien aber gelingt jedenfalls. Man führt es von der Bar bis zur Toilette fort, präsentiert fein geschnitztes Holz auf kräftigem Beton oder Stein. Außerdem wird pedantisch darauf geachtet, auf jede runde Formgebung eine harte, geometrische folgen zu lassen. Selbst die fast geschmeidig wirkenden Kreuzbögen werden schlussendlich an der Decke, deren Abluftrohre nicht verkleidet wurden, von industrieller Härte gebrochen.
Gegensätze, die sich verstärken
„Wie bei einem guten Rezept, bei dem sich die verschiedenen Geschmacksrichtungen ausgleichen und gegenseitig verstärken, geht es auch im Raum weder um Kollektivität noch um Intimität, sondern um eine Verschmelzung von beidem“, betonen MARS Architects.

Und um dieses optische Flavour Pairing in eine unendliche Geschichte zu verwandeln, haben die cleveren Planer dann noch zu einem klassischen, aber immer hilfreichen Rezept gegriffen: An beiden Enden des spektakulären Raumes wurden wandfüllende Spiegel installiert. Dadurch bekommt der Gast das Gefühl, sich in einem schier unendlichen Spektrum aus Kurven und Linien zu befinden.
Jetzt ist der Küchenchef gefragt
„Die Besucher können für sich immer wieder neu entscheiden, ob sie die Situation als einladend oder abweisend, als öffnend oder einsperrend erleben wollen“, heißt es. So würde zwischen den einzelnen Gängen des Dinners stets auch optisch Spannung geschaffen werden. Für die kulinarischen Gaumenfreuden muss nun nur noch der Küchenchef von Somesome Bar and Restaurant sorgen. Die Latte aber, die liegt schon vor der Vorspeise hoch.
Text: Johannes Stühlinger Bilder: UK Studio
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