Eine Sonnenblume für São Paulo

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Das Girassol ist ein cooles Office-Gebäude in einem hippen Szeneviertel der brasilianischen Metropole. Für die Architekten standen sowohl Wohlbefinden, Zufriedenheit und Produktivität für die Mitarbeiter als auch das Thema natürliche Umgebung im Mittelpunkt.

Um den Hintergrund mit der Sonnenblume gleich einmal aufzulösen. Das portugiesische Wort dafür lautet Girassol. Genau so wurde auch eine schicke Büroanlage im Gastro-, Fashion- und Art-District Vila Madalena in São Paulo getauft. Errichtet wurde das Gebäude mit den vielen Grünflächen bezeichnenderweise in der Rua Girassol, die fast den gesamten Bezirk durchquert.

Trendiges Viertel, moderner Arbeitsplatz

Vila Madalena, das von den Locals schlicht „Vila“ gerufen wird, zählt zu den lebhaftesten Gegenden der 12,5-Millionen-Einwohner-Stadt. Die Independent-Modeläden, zwanglosen Cafés, Bars, Bistros und Livemusik-Clubs sowie die zeitgeistigen Kunstgalerien sind bei Touristen und Einheimischen äußerst beliebt. Ebenso die feine Street-Art, allen voran die „Open-Air Gallery“ in der als „Gasse von Batman“ bezeichneten Nachbarschaft rund um die Rua Gonçalo Afonso und die Rua Medeiros de Albuquerque.

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In diesem trendigen Viertel hat das Architektenkollektiv FGMF also das Girassol-Gebäude verwirklicht, das Ende 2021 fertiggestellt wurde. Der anspruchsvoll gestaltete Office-Komplex fügt sich dabei wunderbar und sanft in die vorhandene Umgebung ein. Auf dem nicht einmal 650 Quadratmeter großen Grundstück wurden sechs oberirdische Etagen (inklusive großzügiger Terrasse) und zwei unterirdische Parkgaragen errichtet, wodurch eine Gesamtnutzfläche von beachtlichen 4.500 Quadratmetern entstand.

Die vermeintliche Unordnung

Das Erstaunliche dabei ist, dass die Anlage trotz ihrer Größe in keiner Weise klobig, sondern sehr natürlich wirkt. Was die Architekten klarerweise mit voller Absicht so wählten: „Das Gebäude weist eine harmonische Reihe von geometrischen Winkeln auf, die Terrassen mit jeweils einzigartigen Eigenschaften bilden: Einige davon sind überdacht, andere nicht, mit unterschiedlichen Größen und hohen Decken, verschiedenen Aufenthaltsbereichen und Zugang zu externen Gärten.“

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Einen weiteren Effekt üben die einzelnen Stockwerke aus, die bewusst unregelmäßig in Größe und Form gestaltet wurden. Das wiederum erzeugt für Passanten auf der Rua Girassol eine anmutende Erscheinung, wie man bei FGMF betont: „Diese vermeintliche Unordnung der Volumina ermöglicht die Lesart eines weniger vertikalen Objekts. So ist es auch freundlich zu denjenigen, die auf der Straße vorbeigehen und nicht nur den Garten im Erdgeschoss sehen, sondern ebenso die schwebenden Grünflächen in der Stadtlandschaft.“

Arbeitsräume als Pandemie-Antwort

Was die Räumlichkeiten selbst betrifft, haben sich die Architekten auf die Schaffung von leichteren, einladenderen Umgebungen konzentriert. „Der Abbau traditioneller, fester Arbeitsplätze und das Festhalten am Remote-Format führen zu einer Verringerung des menschlichen Kontakts und des Gefühls der Zugehörigkeit, was die Vermittlung von Werten an das Team erschwert“, erklärt Lourenço Gimenes, einer der drei Partner von FGMF.

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Daher standen Ansprüche wie Sozialisierung, Wohlbefinden und Begegnung zwischen den Menschen an vorderster Stelle. All das wiederum soll die Bindung von Talenten an die jeweiligen Unternehmen fördern sowie zu kreativeren und dynamischeren Arbeitsprozessen führen. Kein Wunder also, dass so viel Wert auf gemütliche Rückzugsorte und Treffpunkte im Freien gelegt wurde.

Willkommen im Grünen

Um dieses Willkommensgefühl am Arbeitsplatz zu unterstreichen, wurde vor dem Eingangsbereich in das Gebäude ein großzügiger Garten angelegt, der im Laufe der Jahre stetig an Üppigkeit zunehmen wird. Gleiches gilt für sämtliche Grünbereiche auf den Terrassen und Brüstungen, die in Zukunft auch der Beschattung und damit Kühlung des gesamten Gebäudes dienen werden.

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Zudem bietet sich im Erdgeschoss die Möglichkeit für ein Geschäft oder Restaurant, von wo aus man aufgrund wandhoher Fenster einen herrlichen Blick ins Grüne hat. Überhaupt spielen die Fenster auf jeder Etage eine zentrale Rolle für natürliche Beleuchtung und angenehme Sinneseindrücke.

Durchsichtige Verkleidung als Hingucker

Das Highlight schlechthin ist der geräumige Gehweg im dritten Stock, der in sieben Metern Höhe aus dem Gebäude herausragt und förmlich freischwebt. Verstärkt wird diese Wirkung im Rauminneren durch die Verkleidung aus fast durchsichtigen Polykarbonat-Platten. „Diese verleihen ihm eine Leichtigkeit und gewisse Sorglosigkeit, die mit dem offensichtlichen Beton der anderen Stockwerke kontrastiert, die fest miteinander verbunden sind“, so die Architekten.

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Darüber hinaus unterstützt die Dicke der Polykarbonat-Platten eine effiziente Wärmeregulierung während des Tages. Nachts wiederum sorgt die lichtdurchlässige Verkleidung des weitläufigen Gangs für eine anregende Beleuchtung, die besonders stimmig zum quirligen Nachtleben des Viertels passt. 

Forschung statt Formeln

Mit dem Girassol-Gebäude hat das 1999 gegründete Büro FGMF einmal mehr konsequent die eigenen Richtlinien, die eigentlich keine sind, verfolgt. „Es gibt keine vordefinierten oder starren Formeln: Bei jeder Herausforderung fangen wir bei null an und machen Design zu unserem Forschungswerkzeug, um eine neue Vision eines Gebäudes, Objekts und einer Stadt zu entwickeln.“ Für den eh schon hippen und vielfältigen Bezirk Vila Madalena bedeutet dieser Zugang eine weitere individuelle Note. Gut so!

Text: Martin Obermayr Fotos: Fran Parente

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