Denkfabrik am Wörthersee

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Der Campus der Universität Klagenfurt bekommt ein neues Signature Building, entworfen vom Architekturbüro Snøhetta. Ein innovativer Holzbau mit offener Lernlandschaft soll seine Nutzer inspirieren und eine neue Landmark für die Wissenschaft sein.

Die grafische Darstellung des neuen Institutsgebäudes erinnert an ein geologisches Relief. Was wie ein Felsmassiv mit Steilhängen und Einschnitten aussieht, ist in Wahrheit ein dreigeschossiger Holzbau, der wie eine Landschaft daherkommt. Überragt wird er von einem Sägezahndach, das über integrierte Photovoltaik-Elemente Strom erzeugt. Mit ihrem Entwurf für die Universität Klagenfurt haben die Architekten von Snøhetta die gängige Vorstellung eines Uni-Gebäudes gesprengt.

Das Architekturbüro mit Sitz in Oslo ist bekannt für sein ganzheitliches und disziplinübergreifendes Arbeiten. Bei der Ausschreibung der Bundesimmobiliengesellschaft für den Campus-Masterplan ging es vor allem auch darum, Altbestand, Neubau und Landschaft bestmöglich zu vereinen. Die Jury lobte Snøhettas innovativen Ansatz: „Sie begnügen sich nicht mit dem Entwurf städtebaulich und architektonisch gelungener Baukörper, sondern entwickeln ein inspirierendes und gleichzeitig forderndes Umfeld für Lehrende und Studierende.“

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Der Campus der Uni Klagenfurt bekommt zwei neue Institutsgebäude, die Strom erzeugen und selbst wenig verbrauchen.

Ein neues Raumerlebnis

Das Konzept umfasst zwei Neubauten, eines am östlichen, eines am westlichen Rand des Geländes. Der östliche Bau stellt die gewohnten architektonischen Strukturen auf den Kopf. Statt ein Gebäude mit einer Aula zu entwerfen, wie man es vielleicht erwarten würde, schufen die Architekten eine riesige Halle, in dem das Gebäude als flächiges Bauwerk enthalten ist. Damit nimmt es den Charakter des Bestandes auf. Auch der Grundriss des Parallelogramms folgt den vorhandenen Bezügen im Gelände, wie die Jury in ihrer Begründung schreibt.

Die großzügige Lernlandschaft verlängert den Campus-Gedanken bis ins Innere und denkt damit die Rolle von universitären Umgebungen neu.

Snøhetta, Architekturbüro

Auf der Oberfläche des dreistöckigen Büroblocks in Holzbauweise befindet sich die Lernlandschaft mit einer großen Bibliothekstreppe. Hier haben die Studierenden künftig einen Ort, sich mit anderen auszutauschen. Ein Ort, mit viel Luft nach oben, im wörtlichen Sinn. Mit dem Raum, der sich unter dem Sägezahndach auftut, wurde nicht gegeizt. Diese räumliche Großzügigkeit kennen wir sonst nur von Bahnhöfen oder Fabrikshallen.

Eine weithin sichtbare Denkfabrik

Die Uni Klagenfurt präsentiert sich künftig also als weithin sichtbare Denkfabrik. Schließlich soll der Neubau auch über den Campus hinaus wirken. „Die Präsenz der Uni wird geschickt nach außen getragen und mit dem transparenten Neubau neu vermittelt“, urteilt die Jury über die repräsentative Funktion des außergewöhnlichen Baus.

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Die beiden neuen Institutsgebäude markieren den westlichen und den östlichen Rand des Campus-Geländes.

Für die Architekten ging es bei dem Konzept nicht nur darum, das Innere nach außen, sondern auch das Äußere nach innen zu tragen, wie sie sagen. „Die großzügige Lernlandschaft verlängert den Campus-Gedanken bis ins Innere und denkt damit die Rolle von universitären Umgebungen neu.“ Neben Instituten und Büros bietet das neue Uni-Gebäude auch offene Lernzonen, Co-Working-Spaces und offene Bürolandschaften.

Flexibles Arrangement

Der Entwurf will das moderne Uni-Leben in all seinen Facetten abbilden. Genauso wie bei modernen Bürogebäuden auch, ist die flexible Nutzung hier zur Priorität geworden. „Das kompakte, und zugleich flexible Arrangement unterschiedlicher Nutzungen unter einem Dach kann künftig nach Bedarf adaptiert werden“, heißt es in der Projektbeschreibung von Snøhetta.

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Der dreistöckige, flächige Holzbau mit dem hohen Dach erinnert an ein geologisches Relief.

Die Jury lobt auch die kompakte Bauform, die kurze Wege ermöglicht und ein günstiges Verhältnis zwischen Volumen und Hüllfläche schafft. Das wirke sich positiv auf die Energiebilanz aus. „Ein intelligentes Lüftungssystem und natürliche Belüftung in manchen Teilen des Gebäudes reduzieren den Energieverbrauch zusätzlich um ein Drittel.

Was muss eine Universität heute leisten? Diese Frage wurde in der Ausschreibung des Wettbewerbs gestellt, und kann zumindest damit beantwortet werden: Mit ihrer innovativen und nachhaltigen Bauweise haben die neuen Institutsgebäude eine gesellschaftliche Vorbildwirkung im Hinblick auf die angepeilten Klimaziele.

Text: Gertraud Gerst Visualisierungen: Snøhetta

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