Rudolf Wacker: Magie und Abgründe der Wirklichkeit

Rudolf Wacker, Der Maler (Selbstbildnis), 1924
Eine umfassende Retrospektive im Leopold Museum beleuchtet das Leben und Werk des bedeutenden Vertreters der Neuen Sachlichkeit.

Bis zum 16. Februar 2025 widmet das Leopold Museum Rudolf Wacker (1893–1939) eine umfangreiche Ausstellung. Unter dem Titel „Magie und Abgründe der Wirklichkeit“ werden rund 250 Werke des Vorarlberger Künstlers präsentiert. Die Schau umfasst Gemälde, Zeichnungen, Tagebücher und Fotografien, die nicht nur die künstlerische Entwicklung Wackers dokumentieren, sondern auch als Zeitdokumente der bewegten Epoche zwischen den beiden Weltkriegen dienen. Wacker, der als einer der bedeutendsten österreichischen Vertreter der Neuen Sachlichkeit gilt, wird durch diese Retrospektive in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt.

Kuratiert von Laura Feurle und Marianne Hussl-Hörmann, setzt die Ausstellung Wackers Werk in einen größeren historischen und kunstgeschichtlichen Kontext.

Kunst vs. Krieg

Rudolf Wacker war nicht nur Maler und Zeichner, sondern auch Chronist seiner Zeit. Seine Werke sind geprägt von der Zerrissenheit der Zwischenkriegsjahre, der aufkommenden Bedrohung durch den Nationalsozialismus und den persönlichen Traumata des Ersten Weltkriegs.

Nach Studienjahren bei Albin Egger-Lienz in Weimar wurde Wacker 1914 zum Kriegsdienst eingezogen. Die Erfahrungen an der Ostfront und in der russischen Kriegsgefangenschaft hinterließen tiefe Spuren in seinem Werk. Während der Gefangenschaft zeichnete er Szenen des Lagerlebens, die seine Fähigkeit zeigen, auch unter widrigsten Bedingungen die Wirklichkeit präzise und einfühlsam festzuhalten.

Wackers Stil

In den 1920er-Jahren kehrte Wacker nach Vorarlberg zurück, wo er sich der Neuen Sachlichkeit zuwandte. Diese Kunstströmung, die als Reaktion auf den Expressionismus entstand, strebte eine nüchterne und realistische Darstellung der Realität an. Wackers Gemälde zeichnen sich durch ihre technische Präzision und ihre ruhige, oft melancholische Atmosphäre aus. Besonders seine Stillleben sind Meisterwerke dieser Stilrichtung und faszinieren durch die Kombination aus kühler Sachlichkeit und tiefgründiger Symbolik. Seine Werke zeigen dabei nicht nur die sichtbare Wirklichkeit, sondern auch die Abgründe der menschlichen Existenz. Die scheinbar alltäglichen Objekte, die er darstellte – Puppen, Masken, verwelkte Blumen, Bücher oder zerbrochene Gefäße – gewinnen durch ihre Anordnung und ihren symbolischen Gehalt eine tiefere Bedeutung.

Gedankenwelt

Die Retrospektive umfasst auch eine Auswahl von Tagebüchern und Briefen des Künstlers, die ein intimes Porträt seiner Gedankenwelt zeichnen. Diese Dokumente geben Aufschluss über Wackers Kämpfe mit persönlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen und machen ihn als Menschen nahbar. Die Ausstellung wird von einem umfassenden Katalog begleitet, der wissenschaftliche Beiträge zu Wackers Leben und Schaffen sowie Abbildungen seiner wichtigsten Werke enthält. Auch ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Führungen und Workshops bietet die Möglichkeit, tiefer in die Welt des Künstlers einzutauchen.

Mit „Rudolf Wacker. Magie und Abgründe der Wirklichkeit“ wird das Werk eines der spannendsten Künstler der österreichischen Moderne auf beeindruckende Weise gewürdigt. Nutzen Sie die Gelegenheit, diesen einzigartigen Künstler und seine Sicht auf die Welt im Leopold Museum zu entdecken.

Weitere Infos unter: leopoldmuseum.org

Rudolf Wacker: Magie und Abgründe der Wirklichkeit

Rudolf Wacker, Stillleben mit Muschel und Maske, 1933

Spiegel der Gesellschaft

Ein weiterer, besonderer Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf Wackers Porträts. Diese zeigen nicht nur Freunde und Bekannte des Künstlers, sondern spiegeln auch gesellschaftliche Rollenbilder und Spannungsfelder wider. Seine Selbstporträts zeichnen ein Bild eines tiefgründigen, nachdenklichen Menschen, der die Konflikte seiner Zeit und seiner eigenen Seele reflektiert.

Auch die Darstellung von Frauen in seinen Werken ist vielschichtig. Einerseits zeigen sie die Faszination des Künstlers für den weiblichen Akt, andererseits offenbaren sie die Zwiespältigkeit der Geschlechterverhältnisse in einer von gesellschaftlichen Umbrüchen geprägten Zeit.

Wackers Vermächtnis

Rudolf Wackers Werk ist nicht nur von kunsthistorischer Bedeutung, sondern bietet auch einen tiefen Einblick in die politischen und sozialen Umstände seiner Epoche. Die Ausstellung im Leopold Museum würdigt den Künstler nicht nur als herausragenden Vertreter der Neuen Sachlichkeit, sondern auch als einen Menschen, dessen Werk von der Suche nach Wahrheit und Authentizität geprägt war.

Rudolf Wacker: Magie und Abgründe der Wirklichkeit

Naturalistisches Klebebild (Frau Klimesch), 1924