Müde wegen Cortisolmangel? Im Interview mit Dr. Lenka Vargova, PhD

Dr. Lenka Vargova, PhD aus Salzburg - Fachärztin für Endokrinologie und Innere Medizin
Dr. Lenka Vargova aus Salzburg, eine führende Endokrinologin, beleuchtet die kritische Rolle von Cortisol, einem zentralen Hormon für die menschliche Gesundheit.

Risiken für die Gesundheit

In einem ausführlichen Gespräch erklärt Dr. Vargova, dass Cortisol lebensnotwendig ist und wichtige Funktionen wie die Regulation von Blutzucker, Blutdruck und Elektrolythaushalt steuert. Ein Mangel an diesem Hormon kann schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen, einschließlich schwerer Erschöpfungszustände.

Die Fachärztin weist darauf hin, dass insbesondere nach der Covid-Pandemie eine Zunahme von Cortisolmangel-Erkrankungen zu verzeichnen ist. Viele Patienten leiden unter post-viralen Syndromen wie Long-Covid, die durch anhaltende Müdigkeit und Kraftlosigkeit gekennzeichnet sind. Diese Symptome können oft auf einen niedrigen Cortisolspiegel zurückgeführt werden, wobei die Betroffenen auf Hormonstimulation noch reagieren können. Dr. Lenka Vargova betont die Wichtigkeit dynamischer Tests für eine präzise Diagnose und geht auf die Schwierigkeiten ein, die bei der Behandlung von Hormon-Ungleichgewicht auftreten, besonders wenn klare Richtlinien fehlen.

Herausforderungen bei der Behandlung

Ein besonderes Augenmerk legt Dr. Vargova auf die Herausforderungen in der Onkologie. Viele Krebspatienten, die mit neuen, potenten immunbiologischen Therapien behandelt werden, entwickeln eine Nebenniereninsuffizienz als Nebenwirkung, was zu einem weiteren Cortisolmangel führt. Diese Patienten erleben oft eine signifikante Verschlechterung ihres Zustands, mit Symptomen wie Gewichtsverlust und niedrigem Blutdruck. Die Behandlung mit Hydrocortison kann jedoch eine erhebliche Verbesserung ihrer Lebensqualität bewirken.

Dr. Lenka Vargova weist auf den gelegentlichen Engpässe bei bestimmten Medikamenten in Österreich hin, insbesondere im Hinblick auf Hydrocortone, welches für die Behandlung von Patienten mit Nebenniereninsuffizienz benötigt wird. In solchen Fällen müssen Ärzte möglicherweise Medikamente aus dem Ausland importieren oder lokal in Apotheken herstellen lassen, was zusätzlichen Aufwand und Kosten mit sich bringen kann.

Diagnose von Cortisolmangel

Die Endokrinologin betont weiterhin, dass die Symptome eines Cortisolmangels oft unspezifisch sind und mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können. “Dazu gehören chronische Müdigkeit, niedriger Blutdruck und Elektrolytstörungen”, sagt Dr. Lenka Vargova. Eine sorgfältige Diagnose ist entscheidend, um effektive Behandlungen anzubieten und unnötige Therapien zu vermeiden, die den Patienten schaden könnten. Zur Diagnose eines Cortisolmangels werden in der Regel Bluttests durchgeführt, um die Cortisolspiegel zu messen, insbesondere morgens, wenn sie am höchsten sein sollten. Zusätzliche dynamische Tests, wie der ACTH-Stimulationstest, können helfen, die Fähigkeit der Nebennieren zur Cortisolproduktion zu bewerten.

Therapiegrenzen und Forschungsbedarf

Abschließend weist Dr. Vargova darauf hin, dass es wichtig ist, angesichts der komplexen Natur von Cortisolmangel realistische Erwartungen zu haben. Nicht alle Erschöpfungszustände sind hormonell bedingt und nicht alle können mit Hormonersatztherapie behandelt werden. Die moderne Medizin steht noch vor einigen Herausforderungen in diesem Bereich, und die Forschung muss weiterhin Wege finden, um die Lebensqualität der Betroffenen effektiv zu verbessern. Dr. Lenka Vargova plädiert für eine umfassende Patientenaufklärung und die Bedeutung von Stressmanagement und Lebensstiländerungen, um das Wohlbefinden zu fördern und potenzielle gesundheitliche Probleme zu minimieren.