„Leibrente ist ein Glücksgeschäft“
Immobilien gelten in Österreich als Betongold – und spielen damit eine wichtige Rolle bei der Vermögensveranlagung. Sollte dieses gebundene Kapital wieder flüssig gemacht werden, stellt die Leibrente eine der Möglichkeiten dazu dar.
Immobilien haben sich in vielen Krisen als sicherer Hafen für Vermögen bewährt. Was bedeuten die aktuellen Rahmenbedingungen – hohe Preise und Inflation sowie steigende Kreditzinsen und strenge Kreditvergaberichtlinien – für diese Veranlagungsform? Merken Sie eine Veränderung?
Ulrich Voit: Ein kleiner Dämpfer beziehungsweise Zurückhaltung sind derzeit sicherlich zu spüren. Das betrifft in erster Linie Immobilien mit höheren Kaufpreisen, Renovierungsbedarf und hohen Betriebskosten. Ich vermute, dass weniger Immobilien als Anlage gekauft werden, sondern eher nur, wenn wirklich Bedarf besteht. Ich denke, dass diese Entwicklung für den Markt eher positiv sein könnte.
War beziehungsweise ist die Bedeutung von Betongold für Unternehmer und Private gleich hoch?
In den vergangenen 15 Jahren war meines Erachtens vor allem bei Privaten der Wunsch, in Immobilien zu investieren, sehr ausgeprägt. Bei Unternehmen war dies eher der Fall, wenn Immobilien zum Kerngeschäft gehörten oder diese für den Betrieb des Unternehmens bedeutsam waren.
Bedeutet das, dass Immobilien für Unternehmen eine untergeordnete Rolle spielen?
Das kann man so nicht sagen. In Österreich prägen Klein- und Mittelbetriebe die Wirtschaft, sie sind ihr Rückgrat. Sie können umso stärker sein, je mehr sie die Kosten im Griff haben. Eine unbelastete Liegenschaft spielt somit eine große Rolle für die Nachhaltigkeit und Stabilität der KMU – besonders aktuell, da die Inflation Miete und Betriebskosten in die Höhe treibt.
Würde ein Unternehmer Sie jetzt fragen, ob er eine Immobilie lieber kaufen oder mieten soll ...
... würde ich ihm eher zum Eigentum raten, sofern es den Bedürfnissen des Betriebes auch entspricht. Und ihn dazu motivieren, proaktiv tätig zu werden, ein Objekt zu erwerben – beispielsweise über eine Leibrente.
Was genau ist darunter zu verstehen?
Konkret handelt es sich dabei um den Verkauf einer Immobilie gegen Zahlung einer Rente – ein Modell, das meiner Meinung nach sowohl für Private als auch Unternehmer Sinn macht. Der Käufer verpflichtet sich zur Zahlung einer meist monatlichen Rente an den Verkäufer und sichert diesem gleichzeitig das Wohnrecht zu – beides entweder zeitlich befristet oder lebenslang.
Worin liegen die Vorteile der Leibrente?
Der Verkäufer hat den Vorteil, dass er die Immobilie weiter nutzen kann und gleichzeitig regelmäßig eine bestimmte Summe erhält. Käufer wiederum müssen den Kaufpreis nicht auf einmal bezahlen. Gehört die Immobilie dem Unternehmen, können die Rentenzahlungen auch steuerlich geltend gemacht werden. Auch der Abgeber hat einen steuerlichen Vorteil: Steuern fallen nämlich erst ab einer Zahlung von 50 Prozent des Wertes der Immobilie an.
Wir sind dezentrale Rechtsdienstleister und Ansprechpartner, insbesonders im Rahmen einer ersten kostenlosen Rechtsberatung
Und worin bestehen die Nachteile?
Ist der Vertrag gut gestaltet, gibt es eigentlich keinen Nachteil. Wobei man eines nicht vergessen darf: Die Leibrente ist in der Regel ein Glücksgeschäft. Glück hat entweder der, der lange lebt – weil er möglicherweise mehr erhält als die Immobilie wert ist – oder der Käufer, der nicht lange zahlen muss, weil der Verkäufer frühzeitig verstirbt. Dieser darf nicht vergessen, dass die Immobilie im Fall einer Leibrente wirklich weg ist, er kann sie somit auch nicht mehr vererben.
Aber könnte er mit dem Käufer nicht vereinbaren, dass die Rentenzahlungen an den oder die Erben weitergeführt werden müssen?
Doch, sofern man beispielsweise einen Mindestkaufpreis vereinbart. Stirbt der Verkäufer, bevor dieser abbezahlt ist, erhalten der oder die Erben den ausständigen Betrag entweder weiterhin als Rente oder als Einmalbetrag.
Gibt es weitere Punkte, die bei der Vertragserrichtung beachtet werden sollten?
Absolut! Der Käufer muss ins Grundbuch eingetragen werden, während der Verkäufer dort ein dingliches Nutzungsrecht und die offenen Raten pfandrechtlich sichergestellt bekommt. Nicht vergessen sollte man weiters auf die Vereinbarung einer Wertsicherung und von Verzugszinsen für den Fall einer Zahlungsversäumnis. Geregelt werden sollte auch, wer für Erhaltungsmaßnahmen verantwortlich ist und deren Kosten trägt. Diese sollten keinesfalls einseitig zu Lasten des Verkäufers gehen.
Das Modell klingt einfach, aber es besteht durchaus hoher Beratungsbedarf ...
... den wir gerne erfüllen.
Sie leiten damit schon zur nächsten Frage über: Welche Rolle spielen Notare bei Immobiliengeschäften?
Vorab einmal ganz grundsätzlich: Wir sind dezentrale Rechtsdienstleister und Ansprechpartner, insbesonders im Rahmen einer ersten kostenlosen Rechtsberatung – und wir haben eine umfassende Kompetenz, um Verträge zu beurteilen und versuchen immer sicherzustellen, dass keine der Parteien benachteiligt wird.
Auf das Thema Immobilien bezogen kann man sagen, dass wir Notare als One-Stop-Shop fungieren. Wir beraten vor der Vertragserrichtung, übernehmen die Treuhandschaft und beglaubigen Unterschriften. Darüber hinaus wickeln wir die notwendigen Steuerverfahren wie die Selbstberechnung von Grunderwerb- und Immobilienertragssteuer einschließlich der gerichtlichen Eintragungsgebühr ab und veranlassen den Eintrag der kaufenden Partei ins Grundbuch.
Eine Frage hätte ich noch. Sie haben zuvor das Thema Erben angesprochen: Warum sollte jemand, der eine Immobilie besitzt, über ein Testament nachdenken?
Mit einem Testament kann man sich einige Probleme sparen: Stirbt ein Lebensgefährte, dem die Wohnung oder das Haus, in dem das Paar lebt, gehört, hat der überlebende Lebensgefährte dort nur ein auf ein Jahr befristetes Wohnrecht. Hat jemand drei Kinder und nur eine Eigentumswohnung wird es ohne Testament ebenfalls schwierig, da bei dieser nur höchstens zwei natürliche Personen Eigentümer sein können. Mit einem Testament kann man bereits vorab für alles eine gute Lösung finden.