Ist nach der Bankenkrise vor der Bankenkrise?
Kurzzeitig geisterte das Gespenst von Lehman 2.0 durch die Köpfe der Investoren, aber das rasche und resolute Eingreifen der Regulatoren rund um die Pleite der Silicon Valley Bank und der gestrauchelten Credit Suisse vermochte die Anleger zu beruhigen. Der S&P 500 (breiter US-amerikanischer Aktienindex) legte von Mitte März bis Mitte April 6,3 % zu. Schaut man aber genauer hin, wird dieser Aufschwung nur von einigen wenigen Tech-Unternehmen getragen. Wie nachhaltig ist also diese Entwicklung?
Die Märkte werden immer noch von den Zinserwartungen dominiert. Vor der Bankenkrise ging man von Spitzenzinssätzen in den USA von 5,5 % aus, man erwartet nun „nur“ 5 % im Sommer. Europa hinkt den USA bei der Zinsentwicklung nach, man geht von Zinsspitzensätzen von 3,5 % in Europa im Herbst aus. Wir erwarten auch hier keine Zinssenkungen vor 2024. Die Hoffnungen von vielen Marktteilnehmern auf erste Zinssenkungen noch in diesem Jahr teilen wir nicht. Unserer Ansicht nach heißt das Motto der Inflation „höher für länger“. Was bedeutet dies für unsere Asset Allokation?
Die Hoffnungen auf erste Zinssenkungen noch in diesem Jahr teilen wir nicht
Risikofaktoren am Weg
Das Zurückfahren der Bereitstellung von Liquidität durch die Notenbanken erhöht die Instabilität im Bankenbereich. Erste Auswirkungen haben wir gesehen. Weitere Schreckmomente sind nicht auszuschließen und könnten die Stimmung der Anleger negativ beeinflussen. Die fundamentalen Indikatoren wie Gewinnerwartungen sind bestenfalls gemischt. In den USA sind die Gewinnerwartungen der Unternehmen gesunken, in Europa ist hingegen von einem Plus auszugehen. Wir haben daher europäische Aktien in unserer Strategie übergewichtet. Die Mitte April anlaufende Berichtssaison wird vielleicht erste Aufschlüsse geben, ob die Zinssteigerungen bereits einen dämpfenden Einfluss auf die Unternehmensgewinne gebracht haben.
Weiters spielen geopolitische Faktoren eine Rolle. Eine weitere Eskalation des Krieges in der Ukraine ist nicht auszuschließen, Taiwan oder auch Nordkorea könnten ebenfalls Krisen auslösen. Wir haben aufgrund dieser gestiegenen Unsicherheiten uns in unserer Veranlagungsstrategie wieder defensiver positioniert, also die Aktienquote zurückgeschraubt.
Die gestiegenen Zinsen machen auch Anleihen wieder als Anlageklasse interessant. 2022 verzeichnete diese, vermeintlich sichere Anlageklasse, Verluste von bis zu 18 % (europäische Staatsanleihen). Nun stellen sich Investoren die Frage: Wozu risikoreiche Aktien, wenn ich für US-Staatsanleihen, je nach Laufzeit, 3,5 bis 5 % Zinsen bekommen kann? Insgesamt sind die Gewinnerwartungen bei Aktieninvestments dennoch höher, aber längerfristig hohe Zinsen würden den Aktienkursen zusetzen. Für 2023 scheint uns ein Portfolio aus soliden Aktien und Anleihenfonds, bei denen das Zinsänderungsrisiko aktiv gemanagt wird, vielversprechend zu sein.
- Europäische u. japanische Aktien – günstig bewertet
- Value-Aktien sind bei wenig Wirtschaftswachstum zu bevorzugen
- Anleihen in Emerging Markets in Lokalwährung und von Emittenten guter Bonität
- Aktiv gemanagte Anleihenfonds können besser auf des Zinsänderungsrisiko reagieren
Diese Information stellt die Investmentstrategie und Marktmeinung der Kathrein dar und hat das Ziel, eine allgemeine Übersicht über aktuelle Marktdaten zu geben und beinhaltet keine direkte oder indirekte Empfehlung für eine Finanzinstrument- oder eine Anlagestrategie im Sinn einer Finanzanalyse. Vergangene Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse.