Inklusion im Museum

Eine Vielzahl von Lebewesen auf demarktischen Meeresboden ist vermutlich noch unentdeckt.
Naturhistorisches Museum. Gemeinsam mit andererseits, einem Online-Magazin für Behinderung und Gesellschaft, gestaltet das NHM inklusive Führungen durch die Sonderausstellung „Arktis. Polare Welt im Wandel“.

Das Naturhistorische Museum Wien hat sich zum Ziel gesetzt, ein Ort der Vielfalt und Teilhabe zu sein. In einem neuen inklusiven Vermittlungsprogramm führen Menschen mit und ohne Behinderung Besucherinnen und Besucher mit und ohne Behinderung durch die Ausstellung „Arktis. Polare Welt im Wandel“. Diese innovative Kooperation zwischen dem Museum und andererseits, einem Online-Magazin für Behinderung und Gesellschaft, setzt ein Zeichen für Inklusion und Chancengleichheit.

Teilhabe ermöglichen

„Auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft haben Museen als öffentliche Einrichtungen eine große Verantwortung. Wir möchten im Naturhistorischen Museum allen Menschen, unabhängig von ihren Unterschieden, Möglichkeiten der Teilhabe bieten. Als Orte der Bildungsbegegnung und Freizeitgestaltung sind im Haus baulichen Maßnahmen wie zum Beispiel ein barrierefreier Haupteingang für alle Menschen sowie ein neuer Lift dringend notwendig. Dafür wurden uns vom BMKOES großartigerweise für die Jahre 2025 bis 2027 Gelder zugesagt“, sagt Dr. Katrin Vohland, Generaldirektorin und wissenschaftliche Geschäftsführerin am Naturhistorischen Museum Wien.

Inklusion im Museum

v.l.: Clara Porak (GF andererseits), Barbara Hirsch (Vermittlerin aus dem NHM Wien Team, Abteilung Wissenschaftskommunikation), NHM Wien-Generaldirektorin Dr. Katrin Vohland, Artin Madjidi (Autor andererseits), Luise Jäger (Autorin andererseits).

Wirklich barrierefrei

Die Bemühungen des Museums, die Ausstellungen für alle zugänglich zu machen, gehen dabei über physische Barrieren hinaus: “Barrieren im Museum sind mehr als der nicht vorhandene Aufzug oder die fehlende Brailleschrift neben den Exponaten. Es geht um die Zugänglichkeit der Inhalte beispielsweise auch über Text- und Bildgestaltung. Speziell bei uns im Naturhistorischen Museum sind die Säle thematisch geordnet – barrierefrei heißt auch, tatsächlich mit dem Saal 1 beginnen zu können. Wir arbeiten daran, ein Museum ohne Hindernisse zu sein“, erzählt Dr. Vohland. „Ein neues Leitsystem mit einer sehr übersichtlichen Gestaltung hat alle Menschen im Blick und soll den Besuch zu einem positiven Erlebnis für jeden Gast machen“.

Von allen für alle

In diesem Sinne wurde auch andererseits eingeladen, um gemeinsam eine inklusive Führung durch die Arktis-Ausstellung zu gestalten. Luise Jäger, Autorin bei andererseits, gibt Einblick in die Praxis der Führungen: “Wir machen die Führung in einfacher Sprache. Wir sprechen deutlich und wir fragen alle, ob sie alles verstehen. Wenn ich zum Beispiel zu schnell rede, kann man mir das sagen. Und ich werde viele Tiere herzeigen, weil die mag ich sehr gerne.“ Diese Herangehensweise ermöglicht ein barrierefreies Verständnis der Ausstellungsinhalte für alle Besucherinnen und Besucher.

Inklusion im Museum

Luise Jäger , Autorin bei andererseits (l.), gibt einen Vorgeschmack auf ihre Führungen

Für mehr Diversität

Das Magazin andererseits setzt sich für Inklusion in den unterschiedlichsten Lebensbereichen ein, wie Geschäftsführerin Clara Porak erläutert: “Als Magazin, bei dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammenarbeiten, versuchen wir auch, Journalismus neu zu denken. Wir freuen uns deshalb über das Vorhaben gemeinsame Führungen zu entwickeln.“ Die Kooperation sei nicht nur eine Bereicherung für beide Seiten, sondern auch ein wichtiger Schritt hin zu mehr Diversität im Journalismus. “JournalistInnen mit Behinderungen gestalten gemeinsam mit den VermittlerInnen eine Führung. Die JournalistInnen von andererseits sind ExpertInnen darin, ihre Perspektive – eine oft sehr neue – auf wichtige Themen zu erklären. Als Museumsgast bekommt man also einen neuen und sehr persönlichen Blick auf das Thema Arktis“, so Clara Porak. Das Magazin, das sich hauptsächlich über Abos finanziert, durfte sich in den letzten Wochen über mehr als 350 neue Unterstützerinnen und Unterstützer freuen. „Bis Jahresende fehlen aber noch rund 130 Menschen, die uns monatlich finanziell unterstützen, damit wir 2024 so weitermachen können wie dieses Jahr“, so Clara Porak.

Inklusion im Museum

Saal 2: Geschichte der Österreichisch-Ungarischen Nordpolar-Expedition (1872-1874)

Wegweisend für andere

Die Zusammenarbeit zwischen dem Naturhistorischen Museum Wien und andererseits ist nicht nur wegweisend für die inklusive Gestaltung von Kulturveranstaltungen, sondern auch ein Appell an andere Institutionen, sich verstärkt für Vielfalt und Barrierefreiheit einzusetzen. “Die Zusammenarbeit mit andererseits ist uns besonders wichtig, denn obwohl 15 bis 20 % der Menschen, die in Österreich leben, eine Behinderung haben, gibt es nur eine Handvoll JournalistInnen mit Behinderungen. Andererseits glaubt an Vielfalt im Journalismus und schafft eine Struktur, in der Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam arbeiten“, erklärt Dr. Katrin Vohland. „Als Pilotprojekt bieten wir vier Führungstermine im Rahmen unserer aktuellen Sonderausstellung 'Arktis. Polare Welt im Wandel' an, bei denen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung Gästen mit und ohne Beeinträchtigung Inhalte vermitteln. Alle Vermittlerinnen werden gleich bezahlt. Bei entsprechendem Interesse ist es geplant, dieses Angebot auszubauen“, so Vohland weiter. Diese Veranstaltungen markieren einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft, in der alle Menschen die gleichen Chancen haben, Kultur und Bildung zu genießen.

Die ersten vier Termine finden am Mittwoch, 24. Jänner, 14. Februar, 13. März und 17. April, jeweils um 17.00 Uhr, im Naturhistorischen Museum Wien statt. Die maximale Teilnehmendenzahl beträgt 20 Personen, eine Anmeldung ist unter anmeldung@nhm-wien.ac.at erforderlich.

Mehr Infos finden Sie hier:

nhm.at
andererseits.org

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