Controlling im Umbruch: Business Partnering als Schlüsselkompetenz für die Zukunft
Zwischen Datenflut und Entscheidungsmüdigkeit: Die neue Erwartungshaltung
Die wirtschaftliche Realität ist geprägt von Volatilität, Unsicherheit und sich beschleunigendem Wandel. In diesem Umfeld steigt die Erwartung an Controller:innen, nicht nur korrekte Zahlen zu liefern, sondern daraus verwertbare Entscheidungsgrundlagen abzuleiten – und zwar proaktiv, dialogorientiert und auf Augenhöhe mit dem Management.
Zentrale Fragen, die Business Partner beantworten müssen, lauten daher nicht mehr nur "Was ist passiert?", sondern vielmehr:
- "Warum ist es passiert?"
- "Was bedeutet das für unsere strategischen (Unternehmens-)Ziele?"
- "Wie können wir kurzfristig reagieren und langfristig besser steuern?"
Fünf Hypothesen für Business Partner
1. Zunehmende Integration mit dem operativen Geschäft
Business Partner agieren immer stärker als verlängerter Arm der Fachbereiche. Ihre Rolle beschränkt sich nicht auf das Finanzwesen, sondern umfasst auch Marktverständnis, Produktkenntnis und Prozesswissen. Controller:innen kennen den Kunden, nicht nur den Kostenstellenplan.
2. Data & Analytics als Enabler
Die digitale Transformation stellt Daten in Echtzeit zur Verfügung – doch der Mehrwert entsteht erst durch Kontextualisierung. Business Partner müssen in der Lage sein, komplexe Datenmengen schnell zu analysieren, kritische Entwicklungen zu erkennen und diese adressatengerecht zu vermitteln. Tools wie Power BI, Tableau oder auch KI-gestützte Analytiksysteme verändern das Anforderungsprofil nachhaltig.
3. Vom Projektcontroller zum aktiven Sparringspartner
Business Partnering bedeutet nicht nur, auf Anforderungen zu reagieren, sondern diese mitzugestalten. In agilen Umfeldern sind Controller:innen oftmals Teil interdisziplinärer Teams, die gemeinsam und iterativ an passenden Lösungen arbeiten. Diese Entwicklung erfordert Mut, Initiative und ein sicheres Rollenverständnis – auch jenseits traditioneller Abgrenzungen.
4. Kultureller Wandel als Erfolgsfaktor
Der Rollenwandel ist nicht nur eine Frage von Tools oder Prozessen, sondern vor allem eine Frage der Haltung. Vertrauen, Offenheit und partnerschaftliche Kommunikation sind entscheidend, damit Business Partner als strategische interne Berater:innen akzeptiert werden. In vielen Organisationen bedeutet dies auch eine Neujustierung des Selbstbilds innerhalb des Controllings.
5. Neue Anforderungen an Skills und Weiterbildung
Die Anforderungen an Business Partner sind breit: Neben klassischem Finanzwissen zählen Kommunikationskompetenz, Change-Knowhow, digitale Affinität, strategisches Denken und Gestaltungswille zu den Kernfähigkeiten. Diese lassen sich nicht ausschließlich durch Erfahrung „on the job“ aufbauen – gezielte Weiterbildung wird zum zentralen Hebel.
Ein neues Kompetenzprofil im Entstehen
Moderne Business Partner denken und handeln hybrid, interdisziplinär und zukunftsorientiert. Sie zeichnen sich aus durch:
- Systemkompetenz: Fähigkeit, Zusammenhänge zwischen Finanzen, Prozessen, Marktmechanismen und Technologie herzustellen.
- Kommunikative Souveränität: Klarheit in der Sprache – sowohl gegenüber Management als auch Fachbereichen.
- Initiative & Verantwortungsübernahme: Agieren statt Reagieren.
- Verständnis für Werttreiber: Fokus auf Wirkung statt Kontrolle.
- Digitale Exzellenz: Datenmodelle verstehen, Tools beherrschen, Schnittstellen vernetzt denken.
Was bedeutet das für Organisationen?
Für viele Unternehmen stellt sich derzeit nicht die Frage, ob Business Partnering eingeführt werden soll – sondern wie es wirksam gelebt werden kann. Entscheidende Erfolgsfaktoren sind:
- Tone from the Top – Organisationsentwicklung und Veränderung braucht immer ein klares Bekenntnis des Top-Managements
- ein klares Rollenverständnis, sodass Ziele und Erwartungshaltungen definiert sind
- ein unterstützender Kulturrahmen, damit neue Werte und neues Arbeiten von allen Seiten mitgetragen werden
- und ein gezielter Kompetenzaufbau – etwa durch berufsbegleitende Programme, die auf die spezifischen Herausforderungen im Business Partnering ausgerichtet sind.
Ein Beispiel dafür ist der Lehrgang Business Partner Excellence, der in seinem Curriculum zentrale Fragestellungen dieser Gestaltung behandelt. Solche Formate bieten Fachkräften die Möglichkeit, sich bewusst und strukturiert auf die neue Rolle vorzubereiten und sich sowohl untereinander auszutauschen, als auch voneinander zu lernen.
Mag. Clemens Nachbauer, MBA, Geschäftsführer Österreichisches Controller-Institut, Director EY
Ausblick: Vom Mitrechner zum Mitgestalter
Die Zukunft des Controllings ist nicht nur digital – sie ist dialogisch, integriert und entscheidungsnah. Der Business Partner wird in diesem Bild zur Schlüsselfigur für unternehmerischen Erfolg: Brückenbauer zwischen Zahlen und Maßnahmen, zwischen Strategie und operativem Alltag, zwischen Management und Realität.
Der Wandel ist bereits im Gange – und er bietet die Chance, die eigene Rolle im Unternehmen neu zu definieren und mitzugestalten. Fachliche Exzellenz bleibt dabei ebenso wichtig wie die Fähigkeit zur Einflussnahme, zum Perspektivwechsel und zum Denken in Zusammenhängen.
Erfolgreiches Business Partnering ist kein Projekt – sondern ein kultureller und struktureller Wandel, der aktiv gestaltet werden muss.
Fazit: So gelingt erfolgreiche Business Partnering-Implementierung
- Rollen klären: Klare Aufgaben- und Kompetenzabgrenzung für Business Partner vs. klassisches Controlling.
- Kultur fördern: Offene, dialogorientierte Zusammenarbeit etablieren zwischen Controlling, Fachbereichen und Management.
- Kompetenzen aufbauen: Weiterbildung in Kommunikation, Analytics und Strategie fördern.
- Technologie nutzen: BI-Tools und Self-Service für datenbasierte Entscheidungen einsetzen.
- Pilotieren & skalieren: In Pilotbereichen starten, Erfahrungen sammeln, Best Practices ausrollen.