Lichtblicke im Winter: Hier bekennen Impressionist:innen Farbe

Sechs gerahmte Gemälde an einer Museumsmauer, darunter Stillleben mit Blumen und Früchten sowie ein Aktbild, alle in goldfarbenen Rahmen.
Im Unteren Belvedere erleben Besucher:innen aktuell die faszinierenden Farb- und Lichtwelten impressionistischer Meister:innen.

Wenn der Winter Stadt und Land auf wenige Farbtöne reduziert und graue Schattierungen den Alltag bestimmen, gewinnen Orte, die Licht und Farbe bieten, besondere Anziehungskraft. Einen solchen Ort finden Besucher:innen derzeit im Unteren Belvedere: Die Ausstellung Cézanne, Monet, Renoir. Französischer Impressionismus aus dem Museum Langmatt knüpft genau hier an. Über 60 Meisterwerke aus einer der bedeutendsten privaten Impressionismus-Sammlungen Europas lassen die Lichtspiele und Farbstimmungen dieser Epoche neu aufleben und zeigen, wie faszinierend und erhellend diese Malweise 150 Jahre nach ihrer Entstehung noch immer wirkt.

Ein Stillleben zeigt eine Schale mit Orangen, Zitronen, eine Tasse und ein Tuch auf einem Tisch vor einem Fenster.

Das Stillleben mit Früchteschale und Zitronen von Paul Gaugin gelangte bereits 1909 in die Sammlung der Familie Brown. Aktuell ist es im Unteren Belvedere zu sehen.

Belvedere in Wien: Meisterwerke des Impressionismus als Farbklecks im grauen Alltag

Der französische Impressionismus macht mit seinen wichtigsten Vertreter:innen – Monet, Renoir, Degas, Pissarro und Cézanne – genau das, was uns der Winter oft nimmt: Er schenkt Licht, Farbe und Wärme. Als Kunst des Augenblicks richtet er den Fokus nicht auf große historische Erzählungen, sondern auf das flüchtige Zusammenspiel von Licht und Farbe. Vieles von dem, was diese Malweise auszeichnet, entsteht aus der Aufmerksamkeit für kleine Veränderungen: das Schimmern auf Wasserflächen, das Wandern von Schatten oder der Moment, in dem ein Weiß plötzlich warm oder kühl erscheint. Die Maler:innen des Impressionismus arbeiteten häufig im Freien, suchten das natürliche Licht und hielten fest, was sich im Lauf der Natur rasch wieder veränderte.

Fast wie Vitamin D: Öl auf Leinwand gegen die Wintertristesse

Und während dieser Tage draußen der graue Himmel und reduzierte Sinneseindrücke dominieren, öffnen impressionistische Gemälde im Unteren Belvedere ein Tor in eine intensivere, farbenprächtige Welt. Die sichtbaren, fast skizzenhaften Pinselstriche halten den Eindruck der Bewegung fest, wie wir ihn beim Sehen erleben. Reine Farben liegen oft ungemischt nebeneinander und verbinden sich erst im Auge der Betrachtenden zu lebendigen Übergängen. Statt heroischer Szenen zeigt der Impressionismus das Naheliegende: Stillleben in leuchtenden Farben, atmosphärische Szenen am Wasser oder in Gärten sowie einfache Alltagssituationen, die durch die jeweilige Lichtstimmung eine besondere Intensität gewinnen.

Eine Stadtansicht mit Gebäuden und einer Kuppel erhebt sich über üppiges Grün.

Camille Corots Ariccia, der Chigi-Palast von 1826/27 verbindet architektonische Genauigkeit mit fein abgestuften Licht- und Grünnuancen. Die Kunstsammler Jenny und Sidney Brown kauften das Gemälde 1938.

Eine Person mit Hut sitzt in einem Boot auf einem von Bäumen umgebenen Gewässer.

In Das Boot entfaltet Auguste Renoir eine stille, beinahe traumhafte Szene: Eine junge Frau in Weiß sitzt in einem kleinen Boot, umgeben von dichtem Grün, während ein kühler Blauakzent im Hintergrund die Komposition strahlen lässt.

Zwei Häuser mit roten Dächern stehen hinter herbstlichen Bäumen und Sträuchern unter einem leicht bewölkten Himmel.

Für das Gemälde Wiese in Éragny im Herbst (1899) stellte Camille Pissarro seine Staffelei auf der Wiese unterhalb seines eigenen Gartens auf. Von dort hatte er einen Blick auf sein Wohnhaus, dessen Silhouette am oberen Bildrand auftaucht.

Ein Gemälde zeigt eine Winterlandschaft mit Eis auf dem Wasser und schneebedeckten Hügeln im Hintergrund.

Das Zusammenspiel aus Eis, Wasser und Abendlicht an der Seine inspirierte 1893 Claude Monet zu Eisschollen im Dämmerlicht – ein Werk, das 1910 in die Sammlung der Browns gelangte.

Stimmungsaufheller Impressionismus: Meditative und achtsame Kunstbetrachtung 

So wirkt gerade in den Wintermonaten der starke Naturbezug des Impressionismus wie ein echter Stimmungsaufheller. Seine offene Malweise, die feinen Lichtnuancen und die unmittelbare Farbigkeit laden zu einer Betrachtung ein, die fast etwas Meditatives hat. Nichts drängt sich auf, nichts wird überbetont – und doch entfaltet sich ein Reichtum an Eindrücken, der den Blick belebt, ohne ihn zu überfordern. In einer Jahreszeit, die oft farblos erscheint, macht diese Kunst die Vielfalt des Sehens spürbar und lenkt die Aufmerksamkeit auf kleine Veränderungen.

Nackte Frau mit zurückgeworfenem Kopf liegt auf einem gemusterten Teppich neben gelben Vorhängen.

Das Museum Langmatt besitzt vier Werke von Edgar Degas, die verschiedene Schaffensphasen abbilden und sich stimmig in die Sammlung einfügen. Den Auftakt machte 1912 der Ankauf des Pastells Weiblicher Akt.

Meisterwerke des Impressionismus aus der Villa Langmatt im Unteren Belvedere

Das Untere Belvedere präsentiert noch bis 8. Februar 2026 ausgewählte Werke aus der Villa Langmatt in Baden in der Schweiz – eine der bedeutendsten privaten Impressionismus-Sammlungen Europas. Die Ausstellung versammelt herausragende Arbeiten von Paul Cézanne, Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir, Paul Gauguin, Edgar Degas, Camille Pissarro und Camille Corot und gibt Einblicke in die Welt der Kunstsammler:innen Jenny und Sidney Brown. 

Porträt eines sitzenden Mannes in dunklem Anzug mit Krawatte, die Hände gefaltet auf einer Zeitung und einem geöffneten Etui auf dem Schoß.
Frau mit hochgestecktem, gewelltem Haar trägt weiße, rüschenverzierte Bluse und hält ein aufgeschlagenes Buch in der Hand.

Porträts von Sidney und Jenny Brown von Max Oppenheimer, 1917–1918: Zwei Charakterstudien, die die kultivierte Atmosphäre der Schweizer Sammlerfamilie Brown eindrucksvoll widerspiegeln.

Auf den Spuren großer Kunstsammler:innen: Wer waren Jenny und Sidney Brown? 

Genau diese unmittelbare, lichtdurchdrungene Wahrnehmung der Welt war es, die Sidney und Jenny Brown am Impressionismus im frühen 20. Jahrhundert so faszinierte und zum Sammeln veranlasste. Das wohlhabende Schweizer Ehepaar aus Baden gehörte zu jener Generation kunstbegeisterter Sammler:innen, die den französischen Impressionismus als etwas radikal Neues erkannten: als Malerei, die nicht mehr das Erhabene oder Historische suchte, sondern das Licht des Augenblicks, das Lebendige, das Unmittelbare. Die Browns reflektierten besonders stark auf diese neue Form von Wahrnehmungskunst. Sie schätzten die Frische und Offenheit der impressionistischen Farbwelt, die scheinbar mühelos das flirrende Licht der Natur einfing. Die Werke der französischen Impressionist:innen wirkten wie Fenster in eine andere Betrachtungsweise – weniger akademisch, weniger inszeniert, dafür voller Leichtigkeit, Nähe und Atmosphäre.

Auf einem blumigen Tuch liegen Pfirsiche, eine blaue Flasche und Trauben, im Hintergrund eine dunkle Gestalt.

Der entscheidende Impuls für die visionäre Sammelrichtung des Ehepaar Brown erfolgte im Mai 1908 mit dem Ankauf von Cézannes Pfirsiche, Karaffe und Figur.

Der Wert eines Augenblicks: Kunst, die Besucher:innen zur Muße einlädt

Hinzu kam ein persönliches Anliegen: Die Browns wollten die lichtdurchfluteten, farbintensiven Bilder in ihrer unmittelbaren Nähe wissen. Der Impressionismus war für sie eine Kunst, die Emotionen nicht erklärt, sondern fühlbar macht. Besonders Renoirs Wärme und Menschenzugewandtheit zog sie in ihren Bann; sein Umgang mit Farbe vermittelte Optimismus und Harmonie, sodass die Browns insgesamt 22 Werke von ihm erwarben. Und nicht zuletzt bot der Impressionismus dem Schweizer Ehepaar genau das, was Sammler:innen suchen: eine Kunst, die sowohl ästhetisch sinnlich als auch kulturell zukunftsweisend war. Die Browns erkannten früh, dass Impressionist:innen die Malerei revolutionierten und wollten Teil dieser neuen Moderne sein.

Historische Aufnahme der Villa Langmatt mit Garten und umliegender Hügellandschaft.

Historische Ansicht der heutigen Villa Langmatt: Die Postkarte von etwa 1910 zeigt die eindrucksvolle Jugendstilvilla mit ihrem weitläufigen Park – lange bevor sie zu einem Museum für französischen Impressionismus wurde.

Fazit: Impressionistische Meisterwerke im Belvedere – wie eine wohltuende Dosis Museumstherapie

Die Ausstellung „Cézanne, Monet, Renoir. Französischer Impressionismus aus dem Museum Langmatt“ im Unteren Belvedere in Wien zeigt, wie kraftvoll Licht, Farbe und flirrende Pinselstriche wirken können. Besucher:innen erleben nicht nur die Schönheit der französischen Impressionist:innen, sondern tun zugleich etwas für ihr Wohlbefinden: Studien belegen, dass bewusstes Betrachten von Kunst Stress reduziert und sogar Symptome von Depression, Demenz oder Einsamkeit lindern kann. 

Wer vor einem Werk von Cézanne, Monet oder Renoir verweilt, den Pinselstrichen nachspürt und die Farben auf sich wirken lässt – etwa nach dem Slow-Art-Prinzip oder wie bei einer Museumstherapie – gönnt Körper und Geist eine wertvolle Auszeit. So verschmelzen im Impressionismus Ästhetik und Wohlbefinden zu einem Erlebnis, das gerade in den grauen Wintermonaten besonders bereichernd ist.

Ausstellungsansicht "Cézanne, Monet, Renoir. Französischer Impressionismus aus dem Museum Langmatt", Unteres Belvedere

In Sehnsucht verweilen, den Gedanken nachhängen, die Seele baumeln lassen – die Ausstellung lädt dazu ein, den Blick schweifen zu lassen und sich für einen Augenblick von der Atmosphäre tragen zu lassen.