Zu Besuch bei Knackal und Breitfuß

Herbert Suppan ist fleißiger als der Durchschnitt. Der Wiener Beamte ist 57 Jahre alt und noch nicht in Frühpension. „Bei uns im Lager geht keiner unter 60“, sagt Suppan, der im Logistik-Center der Gemeinde (MA 54) arbeitet – unter Kollegen der „Supermarkt des Magistrats“ genannt. Suppan ist Herr über jene Artikel, die regelmäßig in den Amtsstuben benötigt werden: Tische, Wahlurnen, Druckerpapier und Kugelschreiber. „Pro Jahr liefern wir 1,8 Millionen Rollen WC-Papier aus“, sagt er.
Suppan und seine Kollegen ärgern sich dieser Tage über Medien und Politiker, die über die „Frühpensionitis“ der Wiener Beamten wettern. Seit Tagen tobt ein Streit, ob Gemeindediener zu früh in Pension gehen. ÖVP-Mandatar Wolfgang Ulm war es, der in Zeiten notwendig gewordener Sparpakete auf das Problem aufmerksam gemacht hat: „2012 droht in Sachen Frühpensionierungen in Wien ein Rekordjahr. Das kann die Stadt jährlich 200 Millionen Euro kosten.“ Allein im Februar waren es bisher 64 Beamte, die mit einem Durchschnittsalter von 51,76 Jahren in den Ruhestand gingen.
In der Tat sind die Zahlen auch im Bundesländer- aber auch im Städtevergleich alarmierend: Im Jahr 2011 gingen 990 Beamte in Wien in Pension. Fast jeder zweite trat den letzten Lebensabschnitt frühzeitig an.
Macht Stadt krank?
Im Büro von Bürgermeister Michael Häupl ( SPÖ) scheint man das Problem erkannt zu haben. „Unser Ziel ist es, das tatsächliche Pensionsantrittsalter an das gesetzlich vorgeschriebene heranzuführen“, heißt es. Bis wann das geschehen soll, darüber hüllt man sich in Schweigen. Lieber verweist man auf den seit Jahren spürbaren Positivtrend: 2009 gingen immerhin noch um 100 Beamte mehr in Frühpension, auch die Zahl der Pragmatisierungen gehe laufend zurück.
Dem Sozialwissenschaftler Bernd Marin geht das zu langsam. Geht es nach ihm sollte der frühzeitige Ruhestand bei Beamten ganz abgeschafft werden. Diesem Vorschlag kann man im Büro von Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) allerdings nichts abgewinnen: „Die Frühpensionisten sind ja ohnedies Menschen, die aufgrund von gesundheitlichen Gebrechen in den Ruhestand gegangen sind. Die Auflagen sind hoch: Sie müssen länger im Krankenstand gewesen sein und ein Amtsarzt muss konsultiert werden.“ Man werde aber weiter verstärkt in Vorsorgeprogramme investieren, um die Mitarbeiter gesund zu halten. „Man darf nicht vergessen, dass viele der Beamten in körperlich anstrengenden Berufen tätig sind“, sagt die Sprecherin Frauenbergers.
Und was sagt Logistik-Profi Herber Suppan zu der Pensionsdebatte und – noch wichtiger – wann möchte er in den Ruhestand? „Vor 60 geh auch ich nicht“, sagt der 57-Jährige. Ob er es in Ordnung findet, wenn andere Kollegen früher gehen. „Okay ist es, wenn man körperlich nicht mehr kann“, sagt er. Ob Beamte nicht generell länger Dienst versehen sollten? „Länger ja, aber nicht bis 65.“
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