Packerl stehengelassen: Wiener Polizist springt als Christkind ein

Packerl stehengelassen: Wiener Polizist springt als Christkind ein
Ein Amazon-Zusteller soll Geschenke entsorgt haben. Ein Polizist nahm sich ein Herz und stellte sie zu.

Einen „Notruf“ der besonderen Art bekamen Beamte der Polizeiinspektion Simmeringer Hauptstraße am 10. Dezember. Eine Funkstreife wurde von der MA 48 (Abfallwirtschaft) kontaktiert, weil die 48er in der Anton-Steinböck-Gasse unbeaufsichtigte Pakete des Online-Versandhändlers Amazon gefunden hatten.

Die Polizisten hielten Nachschau und entdeckten tatsächlich 16 herrenlose Amazon-Packerl auf der Straße. Weil weit und breit kein Lieferant zu finden war, nahmen sie die Pakete mit auf die Inspektion. Dort übernahm Kriminalpolizist Niko Frede den ungewöhnlichen Fall. „Fundgegenstände fallen eigentlich nicht in meinen Bereich, aber durch meine Spezialisierung auf Cyber-Crime hatte ich in der Vergangenheit Kontakt zu Amazon.“

Ärger über Amazon

Der Online-Versandriese war nicht sonderlich auskunftsfreudig und soll auch keinerlei Interesse gezeigt haben, die „verlorenen“ Packerl abzuholen. Frede, der vermutete, dass es sich um Weihnachtsgeschenke handelt, nahm die Sache also selbst in die Hand. Er verstaute die 16 Pakete in seinem Privatauto und legte los. In vier Stunden stellte er zwölf Packerl erfolgreich zu. Eines hat sich eine Frau am nächsten Tag persönlich abgeholt. „Die Leute reagierten verwundert, waren aber auch amüsiert“, sagte der Ermittler zum KURIER. Schließlich bringt nicht jeden Tag die Polizei die Weihnachtsgeschenke. Geärgert haben sich trotzdem viele – über Amazon und dessen Zustelldienst.

Die meisten der betroffenen Kunden hatten bereits Nachforschungen angestellt. Denn ihre Einkäufe waren im Online-System als zugestellt vermerkt. „Die Leute haben mir erzählt, dass sie Benachrichtigungen erhalten haben, dass die Packerl bei Nachbarn oder im Gartenhaus seien“, erzählt der Ermittler. Nur: Keines der Pakete war an dem angegebenen Ort, stattdessen wurden alle – wohl vom Zusteller – einfach zurückgelassen. Die Wiener Polizei konfrontierte Amazon mit den Vorwürfen, der Konzern soll sich ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft aber nicht weiter geäußert haben. 

Auch für den KURIER war Amazon nicht erreichbar.

Die letzten drei 

Drei Pakete warten noch in der Polizeiinspektion auf ihre Abholung. Vielleicht auch weil Amazon den Kunden, die ursprünglich vergeblich auf ihre Packerl hofften, mittlerweile Ersatz geschickt haben soll.

Polizist Frede startet trotzdem heute, Montag, noch einen Zustellversuch für die letzten drei Pakete. Sie wegzuschmeißen, wäre zu schade, bei der Polizei können sie aber auch nicht ewig bleiben.  

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