In der Donaustadt sind die Aufgaben weit gestreut. Der Bezirk hat mehr als 200.000 Einwohner und ist einer der am schnellsten wachsenden der Stadt - und zeitgleich auch ein sehr diverser. Während alte Grätzel wie Kaisermühlen zu den klassischen Arbeiter-Vierteln zählen, wächst direkt neben der Donau eine neue Stadt aus Wolkenkratzern stetig gen Himmel. Ebenso divers sind auch die Probleme mit denen sich die Polizei beschäftigen muss.
"Mitgewachsen"
Während der Corona-Pandemie wurde der Donaustrand rund um die sogenannte Copa Cagrana beispielsweise zur illegalen Party-Location. Die Polizei hatte Mühe, die Feierwütigen in den Griff zu bekommen. Andererseits konnte Stoifl auch verstehen, dass die jungen Menschen eben irgendwo feiern wollten, als die Lokale geschlossen waren. "Anrainer hat das gestört, die Jungen wollten feiern. Da ist es dann eben wichtig, zu vermitteln", sagt der Polizist.
Stoifl kennt die Menschen hier - dass er selbst seit er ein Kind ist in der Donaustadt lebt, spielt ihm in die Karten: "Ich bin mit dem Bezirk mitgewachsen. Es ist ein großer Vorteil, wenn man ein Gefühl für das Grätzel hat. Ich kann auch ohne Uniform nicht hinausgehen, ohne erkannt zu werden. Aber das ist auch gut so."
Stoifl und sein Vorgesetzter Markus Müller halten regelmäßig Termine ab, bei denen die Bürger ihre Sorgen loswerden können. "Das sind Dinge, mit denen man vielleicht nicht immer gleich zur Polizei gehen würde. Eine Frau hat bei einem Termin in einer Trafik zum Beispiel erzählt, dass die neuen Postkästen am Gemeindebau in dem sie lebt, genau unter ihrem Fenster montiert wurden und damit eine perfekte Einstiegshilfe für Einbrecher sind. Und ein Selbstversuch hat uns das dann bestätigt. Wir haben uns dann mit der Hausverwaltung Kontakt aufgenommen und uns darum gekümmert", erzählt Müller.
Fingerspitzengefühl ist gefragt
Bei der Arbeit mit den Menschen im Grätzel brauche man laut Stoifl natürlich Fingerspitzengefühl. "Man wird auch immer mehr zum Seelsorger und Sozialarbeiter." Was er damit meint, zeigt diese Anekdote aus seiner Dienstzeit. Im Winter war der Polizist bei eisigen Temperaturen auf der Donauinsel unterwegs, als er einen Buben einsam auf einer Parkbank sitzen sah.
Weil Stoifl zunächst dachte, der Bub würde die Schule schwänzen, sprach er ihn an: "Es hat sich dann herausgestellt, dass sich die Mutter das Mittagessen, das in der Schule ausgeteilt wird, nicht leisten kann. Ich habe mich gleich mit dem Direktor in Verbindung gesetzt und wir haben organisiert, dass der Bub das Essen bezahlt bekommt. Solche Erlebnisse gehen einem schon nahe", erzählt der Grätzelpolizist.
Drogenproblematik gelöst
Wichtig ist es, dass die Grätzelpolizei gut vernetzt ist. Willibald Stoifl kennt mittlerweile viele Mitarbeiter von Wiener Wohnen und Verantwortliche aus Schulen und anderen Einrichtungen. "Das ist dann für mich nur ein Anruf und ich kann helfen. Ohne Kontakte würde das dann eben länger dauern".
Neben solchen Einsätzen, kann der Grätzelpolizist sich aber auch an "echte" Kriminalfälle erinnern, die durch seine Arbeit geklärt werden konnten: "Wir hatten hier bei der Donauinsel große Probleme mit Suchtmitteln. Darunter war auch ein junges Mädchen, das drogensüchtig war. Wir haben dann öfter miteinander geredet, sie hat mit den Drogen aufgehört und mir gesagt, wie am Donaustrand Drogen verkauft werden und wer die Händler sind.
Dadurch konnten wir gemeinsam mit Kollegen innerhalb von drei Jahren die Suchtmittelhändler ausforschen und festnehmen. Es wurden sogar Büsche ausgerissen, damit die Suchtmittelhändler hier keine Drogen mehr verstecken können", erzählt Stoifl.
Im nächsten Jahr wird er dann in Pension gehen. Bei der Auswahl seines Nachfolgers will er aber darauf achten, jemanden mit "Gefühl für das Grätzel" zu empfehlen.
Die Grätzel-Polizei wurde vor sieben Jahren im Rahmen des Projekts "Gemeinsam sicher" ins Leben gerufen. In allen Wiener Bezirken sind mehrere Polizisten dafür im Einsatz. Auch Präventionsarbeit gehört zu den Aufgaben der Beamten. Infos und Termine zu den jeweiligen Terminen gibt es unter www.gemeinsamsicher.at.
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