Wien: Parkpickerl bringt rot-grüne Eiszeit

Eine Frau gestikuliert, während ein Mann mit gesenktem Kopf neben ihr sitzt.
Ein SPÖ-Verkehrsexperte fordert den Stopp der Parkpickerl-Beschlüsse, ein SPÖ-Gemeinderat den der "Beauftragten"-Schwemme.

Mit den Worten "Das ist ein echter Schmarrn" kritisiert SPÖ-Verkehrsexperte Ernst Pfleger im KURIER-Gespräch die derzeitige Wiener Verkehrspolitik. Er ist überzeugt: "Die meisten roten Gemeinderäte denken mittlerweile genauso wie ich."

Ernst Pfleger ist nicht irgendwer. Der Universitätsprofessor ist Leiter der Fachkommission Verkehr in der Magistratsdirektion und seit Langem Mitglied der Partei. Zuvor stand der einstige Gemeinderat der MA 46 vor und war Verkehrssicherheitsbeauftragter der Stadt. Er sagt: "Mit blindwütiger Parkplatz-Vernichtung oder Einschränkung der Mobilität der Bürger aus dem Bauch kann man keine Verkehrspolitik machen."

Pfleger glaubt, dass die bisher durchaus positive Entwicklung des Park­pickerls nun durch überhastete Maßnahmen zu kippen droht und der SPÖ massiv schadet.

Das Modell der Verkehrsstadträtin sei wenig durchdacht, stelle einen Fleckerlteppich dar und das Preismodell sei nicht ausgereift.

Doch der Rundumschlag des Leiters der Fachkommission geht noch weiter: Auch die von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und seiner Stellvertreterin Maria Vassilakou (Grüne) angekündigte Volksbefragung nach Einführung des Pickerls wird kritisiert: "Das Demokratieverständnis weist hier erhebliche Lücken auf. Die Bevölkerung hat ein Recht auf Mitbestimmung und nicht auf Entmündigung."

Ungünstiger Zeitpunkt

Ein Mann mit Bart sitzt in einem Straßencafé.

Die Aussagen des Verkehrs­experten kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt für Rot-Grün. Heute, Mittwoch, dürfte bekannt werden, ob die von der ÖVP angestrebte Pickerl-Volksbefragung verfassungskonform ist oder nicht. Die Stadtschwarzen pochen anders als die Regierung auf eine sofortige Befragung zur Pickerlausweitung. Und nicht nur Pfleger, auch rote Bezirkspolitiker kritisierten zuletzt die Informationspolitik der grünen Vizebürgermeisterin. Der Tenor: Die Pickerloffensive wurde zu schnell und mit der Brechstange vorangetrieben.

Ist in der rot-grünen Koalition die Eiszeit ausgebrochen? "Die SPÖ ist gegen ein Aussetzen des Park­pickerls", wird im Büro des roten Klubobmanns ver­sichert. Gleichzeitig wird betont, dass ein "großes Konzept" unabhängig von der Ausweitung im Herbst ausgearbeitet werde. "Von Eiszeit kann keine Rede sein", sagt auch Rüdiger Maresch, Verkehrssprecher der Grünen. "Wir arbeiten professionell zusammen. Daran ändert auch Herr Pfleger nichts, der übrigens über kein politisches Mandat mehr verfügt."

Also alles eitel Wonne? Kaum. Denn auch in einer zweiten Frage droht Ungemach. Seit einigen Wochen läuft die Ausschreibung für den nächsten "Beauftragten" der Stadtregierung. Nach dem Fahrradbeauftragten wird nun noch bis 6. August nach einem Beauftragten für Fußgänger gefahndet. Der Posten war bereits im rot-grünen Regierungsübereinkommen vorgesehen. Doch bei der SPÖ möchte man nun nichts mehr davon wissen. "Ich hätte mir den Posten lieber gespart", sagt SPÖ-Verkehrssprecher Karlheinz Hora. Er sei nicht sonderlich erfreut über die Ausschreibung gewesen. Hora plädiert dafür, bereits vorhandene Strukturen im Magistrat zu nutzen. "Sonst muss der Beauftragte erst wieder durch alle Magistratsabteilungen spazieren." Bisher sei es ja auch der Radagentur nicht gelungen, Fuß zu fassen.

Wird die Ausschreibung kurz vor Fristende also wieder zurückgezogen? "Noch ist nichts vereinbart", sagt Hora. "Ich warte noch auf einen Termin bei Vassilakou."

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