Außergewöhnlicher Wiener Kegler: "Alle neune" mit bald 100

Bruno Wohlmuth im gelben Trikot scheibt eine Kugel auf der Kegelbahn.
Bruno Wohlmuth hat erst mit 95 zum Kegeln begonnen. Ein Naturtalent: In einem Sportcenter der Bahn am Praterstern schiebt er eine ruhige Kugel.
Von Uwe Mauch

Voll konzentriert, mit festem Zugriff schnappt sich Bruno Wohlmuth eine Kugel. Das Donnern der Schnellbahn, die soeben ein paar Meter über seinem Kopf den Bahnhof Praterstern in Richtung Liesing verlässt, kann der seit Sonntag 98 Jahre alte Kegler erfolgreich ausblenden.

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Höchste Eisenbahn: Gepflegtes Kegelzentrum unter der S-Bahn am Wiener Praterstern.

Kegelbahn und Eisenbahn

Gewandt, flott bewegt er sich nun über den Anlauf, um dann die Vorwärtsbewegung mit dem linken Fuß abrupt zu stoppen und aus der rechten Hand die Kugel auf die glatte Kegelbahn zu drücken.

Den Mitspielenden vom PVÖ Kegeln Floridsdorf ist in diesem Moment voll bewusst, was „der Bruno aus Jedlesee“ in seinem Alter schafft: Bruno Wohlmuth, 1927 geboren, war Floridsdorfer Gymnasiast, als ihn die Nazis noch in den letzten Kriegstagen an der Front verheizen wollten.

In einer Pause erzählt der älteste Kegler Wiens: „Wir waren doch noch Kinder.“ Er wurde „als Mitläufer“ einer Panzereinheit in Budweis zugeteilt: „Ich erinnere mich, dass wir von Budweis davonrannten, immer im Rückwärtsgang.“

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Gesundheitsförderung: Hier gibt man sich die Kugel, um länger am Leben zu bleiben.

Die Vorwärtsbewegung beim Kegeln gefällt ihm – nicht weiter überraschend – besser: „Alle Muskeln werden dabei betätigt, und du musst beim Abwerfen den ganzen Körper beherrschen.“

Sein Beruf als Grafiker, die Malerei, aber auch viele Ausfahrten mit dem Fahrrad haben Bruno Wohlmuth bis ins hohe Alter fit gehalten. Betont auch seine langjährige Wegbegleiterin beim Sport, Christine Kothmayer.

Wieder sorgt eine S-Bahn für akustische Untermalung im Kegelzentrum. Kothmayer, die Obfrau des Floridsdorfer Kegelvereins, lächelt: „Früher hat man hier gesagt, dass du besser bis zum nächsten Zug wartest, weil dann fallen die Kegel eh von selbst um.“

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Christine Kothmayer wirbt fürs Kegeln: „Man kann auch neue Leute kennenlernen.“

Mit ihren 77 Jahren zählt Christine Kothmayernicht zu den Ältesten in ihrem Verein. „Es fehlt uns leider an Nachwuchs“, beklagt sie. Als sie im Jahr 2010 ihre Funktion übernommen hat, zählte man 70 Mitglieder, heute sind es nur mehr 22.

Ihr Appell richtet sich an die „Jung-Pensionisten“, denen sie den Kegelsport ans Herz legen möchte: „Man kann sich mit Kegeln nicht nur bis ins hohe Alter fit halten, man kann hier auch viele neue Leute kennenlernen.“

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Eine der besten Keglerinnen in ihrer Altersklasse: Corona Bodo (links).

Wie zum Beispiel eine der besten Keglerinnen in ihrer Altersklasse, Corona Bodo. Alle neune! Bodo bringt beim Training zum wiederholten Mal alle neun Kegel zu Fall. Danach sagt sie: „Kegeln ist ein Präzisionssport.“ Ein Mal die Kugel ruhig, unfallfrei schieben kann vielleicht bald wer. Das konstant präzise Spiel erfordere hingegen ein regelmäßiges Training.

Mitglieder vom Wiener Pensionistenverband kegeln nicht nur am Praterstern, auch in der Stadthalle und in Brunn am Gebirge, berichtet Andreas Bauer, der selbst sehr passabel spielt und sich als Spartenleiter des PVÖ für seine Sportart ins Zeug wirft.

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Lädt Leser und Leserinnen des KURIER zum Kegeln ein: Spartenleiter Andreas Bauer.

Happy Birthday, Bruno!

Auch Andreas Bauer freut sich über das soziale Momentum im Kegelverein: „Bei uns sind schon viele Freundschaften entstanden, sogar Lebensabschnittspartner haben zueinandergefunden.“

Und dann freut er sich noch gemeinsam mit dem Jubilar aus Jedlesee: Happy Birthday, Bruno!

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