Welterbe: Heumarkt-Projekt fällt bei Experten durch – schon wieder

Der Hotel- und Kongresskomplex links könnte bis zu 55 Meter hoch werden.
Die Stadt gab sich zuversichtlich – ein Bericht von ICOMOS, einem Beratungsgremium der UNESCO, stellt dem überarbeiteten Entwurf aber kein gutes Zeugnis aus.

Der Wiener Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ) – seines Zeichens oberster Welterbebeauftragter der Stadt – weilt wieder einmal in Paris. Der Verdacht liegt nahe, dass Woller dort bei der UNESCO gute Stimmung machen will – oder muss.

Denn rund um das Heumarkt-Projekt, das den Weltkulturerbe-Status des historischen Stadtkerns gefährdet, braut sich erneut Ärger zusammen. Das wurde dem KURIER aus Rathauskreisen bestätigt.

Derzeit wartet die Stadt auf ein Urteil der Welterbehüter der UNESCO: Sind die jüngsten Umplanungen beim Hochhausprojekt ausreichend, um Wien von der Roten Liste zu streichen?

Wie der KURIER erfahren hat, hat die Stadt vor Kurzem unerfreuliche Post erhalten – von ICOMOS, einem Beratungsgremium der UNESCO. Die Experten haben sich die Umplanungen am Projekt angesehen, die die Stadt derzeit noch vor der Öffentlichkeit geheim hält.

"Irreversible Auswirkungen"

Was in dem englischsprachigen „Technical Review“ zu lesen ist, das stimmt wenig zuversichtlich: Auch die geänderte Planung hätte „irreversible schädliche Auswirkungen“ auf das Welterbe-Areal und könne nicht dazu führen, dass Wien von der Roten Liste der UNESCO genommen werde, heißt es darin.

Eine Lösung für das Heumarkt-Areal sei noch möglich, resümieren die Experten in dem sieben Seiten langen Bericht, den der KURIER einsehen konnte. Diese könne jedoch „nur durch die Entwicklung eines anderen Projekts erreicht werden“, das „notwendigerweise weniger Fläche, insbesondere auf hohem Niveau, umfassen würde“.

Heißt im Klartext: Die Nachbesserungen, die die Stadt in Bezug auf den umstrittenen Turm bei einer Pressekonferenz im Februar versprochen hat, gehen den Experten nicht weit genug. Damals, im Februar, wollte die Stadt keine Details verraten, auch Visualisierungen gab es vorerst keine.

Nur ein Mail

Nur soviel: Der Turm solle durch eine 56 Meter hohe „Wohnscheibe“ ersetzt werden, verkündete man. Was unter einer Wohnscheibe genau zu verstehen ist, wurde nicht konkretisiert. Nur die UNESCO weiß, was sich Stadt und Investor überlegt haben.

Während sich Woller zuletzt zuversichtlich gab, den Welterbe-Streit bald beilegen zu können und positive Signale seitens UNESCO ortete, steigt der Ärger der Opposition.

Denn dieser hat Woller eigentlich versprochen, bei einem gemeinsamen Termin die Pläne und Visualisierungen offenzulegen. Der Termin fand bis jetzt nicht statt – und wurde von Woller kurzerhand durch ein eMail ersetzt. Infos für die Parteien gab es keine, Woller verwies schlicht auf die Inhalte seiner zwei Monate alten Pressekonferenz.

Sprach’s – und fuhr nach Paris.

Wie es weitergeht, ist übrigens unklar: Das Welterbe-Komitee sollte eigentlich bei seiner nächsten Sitzung Mitte Juni über die Zukunft Wiens entscheiden. Diese hätte planmäßig in Kasan – einer Stadt in Russland – stattfinden sollen, wurde aber abgesagt. Eine erste offizielle Vorentscheidung der UNESCO könnte im Mai fallen.

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