Treffpunkt Wien: Außenreporter auf Mittagspause

Treffpunkt Wien: Außenreporter auf Mittagspause
Vor seiner Karriere als Kabarettist war Peter Klien Bibliothekar. Zu Mittag war er meist in der „Schönen Perle“ anzutreffen.

„Erkennt man einen guten Roten am starken Abgang?“, wollte er einmal von Michael Häupl wissen. Und von Erwin Pröll: „Was war für Sie wichtiger: Bürgernähe oder Bürgerinnennähe?“ Mit Fragen wie diesen hat Peter Klien als Außenreporter der ORF-Late-Night-Show „Willkommen Österreich“ in den vergangenen Monaten die Politik-Termine des Landes aufgerüttelt.

Wie viel Mut es braucht, die Fragen auszusprechen? „Richtig viel Adrenalin schießt einem schon ein“, sagt Klien, als er den KURIER im Lokal „Schöne Perle“ zum Mittagessen trifft. „Man muss das wollen. Aber es macht auch großen Spaß.“ Er nimmt einen Schluck Hollersaft. „Und ich schlüpfe dafür ja in eine Rolle. Er macht dann, was er will, der Reporter.“ Er schmunzelt.

Zu sehen, gibt es Kliens Interviews dabei nicht mehr nur im „Willkommen Österreich“-Archiv, sondern auch auf der Bühne. Mit dem Programm „ Reporter ohne Grenzen“ tourt Klien derzeit durchs Land. Am 27. September gibt er im Rabenhof eine Benefizveranstaltung für die Organisation, die wie sein Programm heißt. Während Klien aber auf seine nicht vorhandenen Grenzen des Anstands anspielt, kämpft der Verein „Reporter ohne Grenzen“ für Pressefreiheit.

Spätberufener

Obwohl sich Peter Klien mit neun Jahren einen Komiker-Ausweis ausgestellt und in der Schul- und Studentenzeit Theaterluft geschnuppert hat: Brotberuf wurde das Kabarett für den 48-Jährigen erst vergangenes Jahr. „Irgendwann wurde der Traum einfach zu groß, um ihn länger zu ignorieren.“

Davor war er zuletzt Pressesprecher des Österreichischen Bibliothekenverbunds. Dass das Vorurteil des biederen Bibliothekars Unsinn ist, beweist Monika Reitprecht von den Büchereien Wien mit Facebook-Einträgen wie Der U-Bahnlift zur Hauptbücherei ist defekt: Wir werfen euch aber gerne ein paar Step Aerobic Bücher runter seit Jahren. Und auch Klien stellt klar: „Es sind sehr intelligente Menschen, ein lustiges Völkchen.“

Treffpunkt Wien: Außenreporter auf Mittagspause

In der Bahnhofshalle

Über seinen Job beim Bibliothekenverbund ist er auch zur nahe gelegenen „Schöne Perle“ gekommen. Bis zu drei Mal die Woche hat er sich zum Mittagessen in dem Lokal eingefunden. Es ist kühl und spartanisch eingerichtet und erinnert Lokalchef Ilhan Doğan an eine Bahnhofshalle: „Wir haben uns öfters überlegt, es wärmer zu machen, Vorhänge aufzuhängen“, sagt er. „Aber es ist jetzt 18 Jahre so. Und irgendwie es hat auch einen Vorteil, dass es so hallt: Man kann sich nämlich Geheimnisse erzählen, die nicht einmal der Nachbartisch versteht.“

Peter Klien lacht, während ihm der Kellner Kalbsbraten mit Reis und Salat serviert. Leibgericht hat er hier keines. „Ich verlasse mich immer auf das Mittagsmenü.“

Klien ist übrigens nicht nur Kabarettist und Bibliothekar, sondern auch externer Lektor am Philosophie-Institut der Universität Wien.

Welcher Philosoph ihn am meisten fasziniert? „Sokrates. Der ist den Menschen im antiken Griechenland mit seinen Fragen ja furchtbar auf die Nerven gegangen“, erzählt Klien. „Einen hochrangigen Offizier vom Militär hat er etwa einmal gefragt, was Tapferkeit bedeutet. Der hatte keine Antwort. Er konnte nur sagen, dass Tapferkeit so unglaublich wichtig ist.“ Damit wäre dann auch die Frage geklärt, wie er auf die Idee des Außenreporters kam.

Nun kostet Klien vom Kalbsbraten und nickt. Gut, wie immer.

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