Teddybär-Krankenhaus: Kein Beinbruch für Kuscheltiere
Ihr Jack hat aber auch noch ein zweites Problem, erklärt die achtjährige Sophia aus einer Volksschule im zehnten Bezirk, während ihr geliebtes Kuscheltier zur Computertomografie in die Röhre geschoben wird: „Er hat Läuse.“
„Obärärztin“ Rabije Xhura blickt kurz auf, hört dabei den zweiten Satz von Sophia: „Aber nur wenige.“ Die junge Medizinerin in spe verkneift sich nur knapp ein Lächeln.
Angehende Mediziner: Die "Teddy Docs" können gleichzeitig lehren und lernen.
Bei freiem Eintritt: Das Teddybär-Krankenhaus ist für Kinder zwischen vier und acht Jahren geeignet. Es ist heute, Donnerstag, von 13 bis 16 Uhr für Einzelpersonen geöffnet. Der Eintritt ist frei, Anmeldung ist nicht nötig. Adresse: Wien 1, Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien, Weihburggasse 10 – 12.
Bitte nicht vergessen! Die Veranstalter bitten um das Mitbringen von Haus- oder Sportschuhen. Und natürlich von „Patienten“.
Bärige Aktion
Xhura ist eine von knapp 100 Studierenden an der Meduni Wien, die heuer Dienst im Teddybär-Krankenhaus schieben. Noch bis heute, Donnerstag, 16 Uhr, ist die temporäre Klinik im Haus der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien eingerichtet.
„Wir wollen den Kindern ihre Angst vor medizinischen Eingriffen nehmen“, erklärt die Studentin im vierten von sechs Studienjahren. Bereits im Vorjahr war sie als „Teddy Doc“ im Einsatz. Der sich offensichtlich bezahlt macht: „Wir haben zum Beispiel von Kindern gehört, dass Kinder bei einer Blutabnahme gesagt haben, dass sie keine Angst haben, weil sie das schon bei uns gesehen haben.“
Die bärige Aktion beruht auf einer Zusammenarbeit der MedUni Wien mit der Austrian Students Association, der Ärztekammer und dem Akademischen Fachverein österreichischer Pharmazeuten.
Anschauungsmaterial für Schüler und Schülerinnen im Haus der Ärztekammer für Wien.
Jack sei beim Spielen zu Hause mit dem Vorderlauf umgeknickt, erzählt Sophia präzise. Den Begriff CT hört sie heute zum ersten Mal: „Ich war ja noch nie in einem Krankenhaus.“ Ihre Lehrerin, Birgit Müllner, fragt nach: „Auch nicht bei Deiner Geburt?“ – „Na ja, da schon.“
Weiterhin um Contenance bemüht, prüft „Obärärztin“ Xhura das Bild vom nur fiktiv lädierten Hasenfuß. Dann sagt sie ernst: „Wir werden dem Jack eine Schiene verpassen. Bis Weihnachten muss er dann Ruhe geben.“
Sophia, Schülerin der dritten Klasse Volksschule, nickt. Sie hat verstanden. Das alles ist ja kein Beinbruch.
In der Teddybären-Klinik können auch Plüschhasen versorgt werden. Es gibt hier neben dem Operationstisch auch eine eigene Station für das Vergipsen, Verbinden und eben für das Verschienen.
Für die Läuse von Sophias Kuscheltier gibt es dann auch eine Abhilfe, in der Apotheke gegenüber: „Wir verschreiben ihr ein Shampoo.“
Auch Rabije Xhura und die 25 anderen Studierenden, die am Mittwoch im Festsaal der Ärztekammer ordinieren, profitieren von der Initiative. Der Umgang mit Patienten, die noch dazu sehr klar sagen können, wenn ihnen etwas gefällt oder nicht, spielt in ihrem Medizinstudium zumindest am Beginn keine übergeordnete Rolle.
Ausflug im Advent: Eine (dritte) Klasse Volksschule aus Favoriten im Ärztekammer-Haus.
Für die Volksschullehrerin Birgit Müllner aus Favoriten ist das Angebot kindgerecht und pädagogisch durchaus wertvoll: „Weil für die Kinder ein Spital auch beängstigend sein kann. Hier wird ihnen praktisch gezeigt, dass ihnen geholfen werden kann.“
Die Pädagogin würde sich daher wünschen, dass die Klinik für Kinder öfters geöffnet wird: „Der Besuch darf auch was kosten, andere Angebote für Schulen kosten ja auch.“
„OP-Bärli“: Teddybär, der zu Demonstrationszwecken operiert werden kann.
„OP-Bärli“ mit Kappe
Ein Hingucker ist auch der von den Studierenden bis ins Detail liebevoll vorbereitete „OP-Bärli“. Er liegt auf dem Operationstisch und trägt bereits eine für den medizinischen Eingriff notwendige grüne Plastikkappe. Dank eingenähter Reißverschlüsse können die „Chirurgen“ sogar den Zugang zum Herz oder zu einem Knie demonstrieren.
Es ist kein Wunder, dass die größte Herausforderung für Lehrerin Birgit Müllner am Ende der Besuchszeit darin besteht, ihre Klasse wieder einzusammeln und auf den Heimweg einzustimmen.
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