Lieferbox in der Fußgängerzone: Kulturkampf im Sonnwendviertel

Lieferbox in der Fußgängerzone: Kulturkampf im Sonnwendviertel
Bewohner und Händler im Neubauviertel kämpfen gegen ein Abholfach. Jetzt wird noch einmal geprüft.

Im Sonnwendviertel Ost in Wien-Favoriten hängt dieser Tage der Haussegen schief. Besonders in dem im Herzen des neuen Grätzels befindlichen „Quartiershaus Mio“ rumort es.

Der Stein des Anstoßes? Ist sechs Meter lang, zwei Meter hoch und trägt den Namen „Wienbox“. Die Idee der in der ganzen Stadt aufgestellten Abholfächer ist es, Transportwege einzusparen, indem lokalen Unternehmen und Kunden ein zentraler Ort zur Lieferung, Lagerung und Abholung von Waren zur Verfügung steht.

Im Sonnwendviertel hat man aber keine Freude mit der vergangene Woche fertiggestellten Box. Installiert wurde sie nämlich ausgerechnet vor dem einzigen Gebäude in der sonst noch recht sterilen Fußgängerzone Bloch-Bauer-Promenade, in dem sich gleich mehrere Gewerbetreibende eingemietet haben, in dem also die Belebung der Erdgeschoßzone funktioniert hat: dem „Mio“.

„Genau davor eine digitale Lösung zu stellen, ist ein extremes No-go“, sagt Frank Hagen, der in seinem Geschäft „Biomio“ regionale Lebensmittel vertreibt. „In der Regel kommen die digitalen Lösungen nach dem Greißlersterben und nicht vorher.“

Förderwürdig

Zusätzlichen Ärger ruft hervor, dass auf die Einwände der Anrainer nicht eingegangen wurde – und, dass die Box vom Mobilitätsfonds mit knapp 100.000 Euro gefördert wurde.

Dort ist man sich keiner Schuld bewusst: Die Box entspreche „sowohl den Zielen der Stadt Wien als auch dem Mobilitätskonzept für das Sonnwendviertel Ost“, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin Petra Jens, daher sei das Projekt als förderwürdig eingestuft worden.

Dass die Box nicht, wie in ursprünglichen Projektunterlagen vorgesehen, beim Arsenalsteg und damit nicht genau vor dem „Mio“ errichtet wurde, hat laut Hannes Pöcklhofer vom privaten Betreiber „Variocube“ wiederum technische Gründe.

Pöcklhofer betont auch, dass die Boxen insbesondere regionalen Händlern eine Möglichkeit geben sollen, ihre Angebote auch außerhalb der Öffnungszeiten anzubieten, diese könnten das Service auch ein Jahr kostenlos testen. Zudem könnten mit einem entsprechend dichten Angebot an Boxen bis zu 40 Prozent der Emissionen in der Hauszustellung eingespart werden.

Hagen sieht das anders: „Ich weiß nicht, wie so eine Box in einer Fußgängerzone den Verkehr verringern soll“, sagt er.

Nach den Protesten scheint das letzte Wort aber noch nicht gesprochen: Die für letzten Freitag vorgesehene Eröffnung wurde verschoben und der Standort werde noch einmal evaluiert, heißt es.

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