Seit 25 Jahren im Dienst: "Oma sah mich immer als Polizistin"

Tina Cruz, große Statur, blaue Polizeiuniform, nimmt ihre Kappe ab. Darunter hat sie ihre braunen Haare zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden, das Funkgerät baumelt am Gürtel. Ein Outfit, das die Waldviertlerin seit 25 Jahren begleitet.
Cruz ist eine von 1.575 Frauen, die bei der Wiener Polizei derzeit Dienst versehen. Nach der Handelsschule und einem Verwaltungspraktikum bei der Polizei in Wien war für die 42-Jährige schnell klar, dass sie nicht in ihrer Heimat Litschau (Bez. Gmünd, NÖ) bleiben will. „Meine Oma hat dann gemeint, sie kann sich mich gut als Polizistin vorstellen“, sagte die Beamtin. Kurz darauf entschied Cruz, damals 18 Jahre alt, es tatsächlich bei der Polizei zu versuchen.
30 Prozent Frauen
„Die Prüfung war schwer, ich habe mit 900 Punkten bestanden. Damals waren wir nur fünf oder sechs Frauen in meiner Klasse“, schilderte Cruz. Mittlerweile hat sich das geändert. „Frauen in der Grundausbildung machen heute 30 Prozent aus“, heißt es von der Wiener Polizei.
Dass sie zu Beginn hauptsächlich mit Männern zusammengearbeitet hat, störte Cruz nicht im Geringsten, auch Probleme habe sie mit keinem ihrer Kollegen gehabt. „Ein älterer Gruppeninspektor hat Jahre später aber zu mir gesagt, dass er sich das nie gedacht hätte, dass eine Frau als dienstführende Beamtin so leiwand ist“, erinnerte sich Cruz mit einem Lachen zurück.
Ihren Außendienst trat die Beamtin in der Polizeiinspektion (PI) Bäuerlegasse an. In der Brigittenau passierten einige der spektakulärsten Einsätze, die Cruz im Laufe ihrer Karriere erlebt hat.
„Ich wurde einmal zu einem Mord gerufen. Auch an eine Verfolgungsjagd und einen Schusswechsel kann ich mich auch noch gut erinnern“, sagte die 42-Jährige. Ein Mann habe ihr damals die Dienstwaffe entreißen wollen, bei dem Gerangel löste sich ein Schuss, der einen ihrer Kollegen streifte.
„In solchen Situationen bleibt nicht viel Zeit zum Nachdenken, man handelt instinktiv“, betonte die Beamtin. Genauso essenziell sei es, ein Gefühl für die Menschen zu entwickeln. „Am Anfang denkst du, alle sagen dir die Wahrheit, die haben alle recht. Mit der Zeit bekommt man dann ein Gefühl, wer lügen könnte. Und man lernt, wie man mit den Menschen am besten kommuniziert.“

Tina Cruz zu Beginn ihrer Polizeigrundausbildung.
Neue Herausforderung
Während ihrer Zeit in der Polizeiinspektion Bäuerlegasse bewarb sich Cruz für den Chargenkurs – die mittlere Führungsebene bei der Polizei. Den Revierinspektor übersprang die 42-Jährige und wechselte anschließend gleich als dienstführende Polizistin in die Innere Stadt. „Die Arbeit war hier ganz anders, sowohl was das Klientel als auch die Delikte betroffen hat.“
Mit 29 Jahren stieg Cruz schließlich zur Abteilungsinspektorin auf. Damit war der Höhepunkt ihrer Karriere aber noch nicht erreicht: Nach mehreren Ausbildungs- und Dienstjahren bei der Polizei suchte die Waldviertlerin die nächste Herausforderung und begann ein Jusstudium.
Zulassung
- Seit 1991 sind Frauen bei der Polizei zugelassen. Heute ist jeder dritte Polizeischüler eine Frau, auch jeder vierte Uniformierte ist weiblich.
Anteil
- In der Grundausbildung sind 30 Prozent Frauen, bei den höheren Funktionen beträgt der Anteil nur elf Prozent. Auch an der Spitze der Hierarchie sind hauptsächlich Männer: BMI-Kabinettschef, Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Bundespolizeidirektor, Leiter wichtiger Dienststellen wie Bundeskriminalamt, Korruptionsamt oder Verfassungsschutz.
Da sie keine Matura hatte, holte sie diese neben dem Dienst nach und begann schließlich ihr Studium. „In dieser Zeit hatte ich kein Privatleben. Aber es ist wirklich die Mühe wert gewesen“, ist die Niederösterreicherin überzeugt.
Nach Abschluss des Studiums wurde Cruz Sicherheitshauptreferentin in Simmering. Und sie hat auch in Zukunft noch einiges vor. Ihre Großmutter konnte sie nicht bis zu ihrer letzten beruflichen Station begleiten. „Aber ich weiß mit Sicherheit, dass sie unglaublich stolz auf mich wäre.“
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