Die letzten Stunden des Rakhat Aliyev

Die letzten Stunden des Rakhat Aliyev
Der kasachische Ex-Botschafter wurde erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Seine Anwälte bezweifeln, dass es sich um Selbstmord handelt. Der Verfassungsschutz ermittelt.

Die letzte Person, die mit ihm gesprochen hat, war die Nachtschwester. Sie reichte dem in der Krankenabteilung der Justizanstalt Wien-Josefstadt untergebrachten herzkranken Rakhat Aliyev am Montag um 21.30 Uhr durch die Klappe in der Zellentür sein übliches Medikament für die Nacht. Am nächsten Morgen um 7.20 Uhr wurde der unter Mordanklage gestandene kasachische Ex-Botschafter von einem Gefängnisbeamten tot gefunden. Der 52-Jährige hatte sich offenbar mit einer Mullbinde an einem Kleiderhaken im Nassraum der Einzelzelle erhängt.

Zwei Stunden später eröffnete der Wiener Richter Norbert Gerstberger den Prozess, bei dem Aliyev als Kronzeuge hätte aussagen sollen, mit den Worten: "Der Hauptzeuge hat sich heute Nacht suizidiert, also er hat sich in seiner Zelle aufgehängt."

Angeklagt sind Aliyevs beiden ehemaligen Zellengenossen Marcel O. und Christian K. wegen Erpressung. Als im Juni 2014 über Aliyev die U-Haft wegen Mordverdachts verhängt wurde, sollen ihn die Mithäftlinge bedroht und 3000 Euro Schutzgeld gefordert haben. Es könne ihn jemand im Waschraum umbringen und es wie Selbstmord aussehen lassen.

Einzelzelle

Aliyev soll so eingeschüchtert gewesen sein, dass er Christian K. über seinen Anwalt 1000 Euro zukommen ließ. Als K. weitere 2000 Euro verlangt habe, suchte Aliyev Hilfe bei der Anstaltsleitung. Daraufhin wurde er in eben jener Einzelzelle der Krankenabteilung untergebracht, in der er nun starb. Genau so, wie es ihm Zellengenosse K. ausgemalt haben soll: im Nassraum. Und es schaut sehr nach Selbstmord aus.

Laut einem Chefinspektor der Polizei, der die Ermittlungen im Erpressungsfall leitete, hatte Aliyev auch nach seiner Verlegung in die Einzelzelle Angst. Das soll er angeblich auch in einem Tagebuch festgehalten haben.

Obwohl kein Abschiedsbrief gefunden wurde, geht der Leiter der Vollzugsdirektion, Peter Prechtl, "eindeutig" von Selbstmord aus. Der Gang vor den Hafträumen ist videoüberwacht, nachts ist die Zelle abgesperrt. Selbst der Beamte im Nachtdienst kann nicht selbstständig aufsperren. Bei Gefahr muss er die Kollegen vom Wachzimmer verständigen und die Zellentür öffnen lassen.

Die Anwälte von Aliyev zweifeln jedoch am Selbstmord. Stefan Prochaska vermutet, "dass ihn jemand umgebracht hat". Offenbar habe man verhindern wollen, dass die Mordanklage gegen Aliyev wegen der Tötung zweier Bankmanager in Kasachstan in sich zusammenbreche; nach Ostern sollte der Geschworenenprozess im Grauen Haus beginnen.

Anwalt Klaus Ainedter war noch am Montag zu Mittag bei Aliyev, um mit ihm den Auftritt als Kronzeuge im Erpresser-Prozess vorzubereiten (siehe Interview unten). Da wäre Aliyevs Glaubwürdigkeit auf dem Spiel gestanden, quasi als Probelauf für seinen Mordprozess. Der mutmaßliche Erpresser K. (Verteidigung Nikolaus Rast) konnte Dienstagvormittag mangels Kronzeugen unwidersprochen erklären, "der Russ’" – gemeint ist Zellengenosse Aliyev – habe ihm die 1000 Euro damals aus reiner Barmherzigkeit geschenkt. Man sei gut miteinander ausgekommen, er habe Aliyev sogar ein Stück seiner Geburtstagstorte angeboten.

Keine Störungen

Und so lassen sich die letzten Stunden im Leben von Aliyev rekonstruieren: Um 11.30 Uhr wurde das Mittagessen (Knödel mit Ei und Salat) in den Haftraum serviert. Nach der Besprechung mit dem Anwalt studierte Aliyev bei offener Zellentür seinen Akt. Um 15.30 Uhr kam das Abendessen (Topfenstrudel), um 18 Uhr wurde nach kurzem Gespräch mit dem Abteilungskommandanten die Zellentür versperrt. Um 21.30 Uhr erfolgte die Medikamentenausgabe, dann schaut ein Justizwachebeamter in unregelmäßigen Abständen durch die Luke. Bei Aliyev war keine Suizidgefährdung bekannt. Daher "wird die Nachtruhe nach Möglichkeit nicht gestört", sagt der stellvertretende Anstaltsleiter Franz Higatsberger. Wenn sich der Insasse bei der Kontrolle gerade im abgetrennten – vom Guckloch aus nicht einsehbaren – Nassraum mit WC befindet, bestehe kein Anlass zur Überprüfung.

Die erfolgt jetzt durch den Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt: Eine Obduktion wurde angeordnet.

Mehr zum Prozess-Auftakt hier

Gemeinsam mit seinem Vater Manfred hat Klaus Ainedter den kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Aliyev seit Jahren vertreten. Dass der Staatsanwalt im am Dienstag gestarteten und vertagten Erpresser-Prozess "jede Empathie vermissen ließ" und nur "das Abhandenkommen des Kronzeugen" thematisierte, regte den Strafverteidiger sichtlich auf. Man hätte Aliyevs Befürchtungen früher wahrnehmen sollen, warf er der Justiz vor.

KURIER: Gab es Anzeichen dafür, dass Herr Aliyev lebensmüde war?

Klaus Ainedter: Im Gegenteil, er war kampfeslustig, und das ist noch ein Hilfsausdruck. Er war dabei, die Mordanklage akribisch durchzuarbeiten, die Widersprüche darin aufzudecken und sein Alibi für die Tatzeit festzuhalten. Er hat für den Prozess, der nach Ostern beginnen sollte, seinen ursprünglichen Namen Aliyev wieder angenommen (davor hatte er den Namen seiner zweiten Ehefrau, Shoraz, getragen, Anm.), damit nicht immer "vormals Aliyev" geschrieben wird.

Sind neue Indizien aufgetaucht, die ihn belasten könnten?

Keine Spur davon, wir haben an seiner Entlastung gearbeitet, es hat vielversprechend ausgeschaut.

Sie glauben nicht an Selbstmord?

Nein. Ich habe erhebliche Zweifel, ohne jemanden beschuldigen zu wollen. Aber von Suizidgefahr konnte keine Rede sein. Er war ja in keiner aussichtslosen Situation. Er ist auch nicht verlassen gewesen, seine Frau hat Tag und Nacht für ihn gekämpft. Er hatte zwei entzückende Kinder, vier und fünf Jahre alt, und die drei älteren Kinder aus erster Ehe. Wir Anwälte haben ihn zwei bis drei Mal pro Woche besucht, erst gestern war ich mittags bei ihm und wir haben seinen Zeugenauftritt besprochen. Es war ihm wichtig, dass man ihm Glauben schenkt.

Sie haben Ihre Forderungen namens Aliyev gegenüber den wegen Erpressung Angeklagten zurückgezogen. Warum?

Aus Pietätsgründen. Es gibt jetzt auch keine Prozessbegleitung mehr. Wir vertrauen darauf, dass der Tod genauestens untersucht und die Todesursache eindeutig festgestellt wird.

Der Verkauf des Media Quarter Marx 3 (MQM) wird ungeachtet des Todes von Mehrheitseigentümer Aliyev fortgesetzt. Das MQM ist der zentrale Bestandteil des Medienclusters der Stadt Wien auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofes St. Marx. Ende März will die Wiener Wirtschaftsagentur das Ergebnis des Verkaufsverfahrens präsentieren. Derzeit laufen die Verhandlungen. Ob der Verkauf gelingt, ist allerdings offen. Das von der Opposition heftig kritisierte Projekt gilt als heikel und ist Gegenstand eines Geldwäsche-Verfahrens. Erst der Verfassungsgerichtshof setzte durch, dass der Rechnungshof das MQM prüfen darf. Man werde nur zu wirtschaftlich günstigen Bedingungen für die Stadt verkaufen, heißt es dazu aus der Wirtschaftsagentur.

Das MQM, in dem zahlreiche Medienunternehmen eingemietet sind, ist ein PPP-Projekt (Public-Private-Partnerschaft). 40 Prozent hält die Stadt über ihre Wirtschaftsagentur, 60 Prozent gehören der Gesellschaft VBM. Dahinter stand der kasachische Ex-Botschafter, der seinen Anteil an seine Ehefrau abgeben hatte. Die Konstruktion läuft über intransparente Treuhandschaften bis in die Karibik.

Jahrelang wurde der wahre Eigentümer der VBM verschleiert. Selbst die Stadt Wien war nicht informiert. Gründungspartner der Stadt war Ex-Nationalbankgeneral Adolf Wala, SPÖ. Er gab seine Anteile bald an Treuhänder weiter. Erst als die Stadt den Wirtschaftsprüfer Consultatio beauftragte, lichteten sich die Eigentumsverhältnisse. Die Consultatio bestätigte die Recherchen des KURIER, dass Aliyev hinter der VBM stehe. Im Vorjahr beschlossen Wien und die VBM den Ausstieg. Die Stadt wurde vorsichtiger. Interessenten erhielten die detaillierten Unterlagen nach der Offenlegung ihrer Eigentumsverhältnisse und der Geldflüsse.

Der Fall Aliyev beschäftigte die österreichische Justiz und Politik seit Jahren. In der Nacht auf Dienstag wurde der kasachische Ex-Botschafter in Österreich, Rakhat Aliyev (zwischenzeitlich: Shoraz), in der Justizanstalt (JA) Josefstadt erhängt aufgefunden. Ende Dezember wurde gegen Aliyev eine Anklage wegen Doppelmords an zweier kasachischer Bänker erhoben. Eine Chronologie.

2002 Rakhat Aliyev, Schwiegersohn des autokratischen Staatschefs Nursultan Nasarbajew, wird nach Putsch-Gerüchten als kasachischer Botschafter nach Österreich geschickt.

2005 Aliyev kehrt als Vize-Außenminister nach Kasachstan zurück.

31. Jänner 2007: Zwei Manager der kasachischen Nurbank verschwinden spurlos. Haupteigentümer der Bank ist Rakhat Aliyev.

9. Februar 2007: Aliyev wird wieder als Botschafter nach Österreich geschickt.

23. Mai 2007: Ermittlungen gegen Aliyev wegen der Entführung der beiden Bankmanager.

26. Mai 2007: Aliyev wird als Botschafter abgesetzt.

28. Mai 2007 Kasachstan erlässt einen Haftbefehl gegen Aliyev.

30. Mai 2007: Auslieferungsantrag der kasachischen Justiz an Österreich.

1. Juni 2007: Aliyev wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft Wien vorübergehend in Haft genommen.

4. Juni 2007: In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "profil" erklärt Aliyev, dass das Vorgehen der kasachischen Justiz politisch motiviert sei. Es handle sich um Rache für seine Ambitionen auf das Präsidentenamt und dafür, dass er sich geweigert habe, dem Staatschef und seiner Entourage lukrative Unternehmensanteile zu überschreiben.

8. August 2007: Österreich lehnt Auslieferungsantrag für Aliyev ab. Er könne in dem zentralasiatischen Land kein faires Verfahren erwarten.

17. Jänner 2008: Aliyev wird wegen der Gründung einer mafiösen Vereinigung und Entführung zweier Bankmanager in Abwesenheit von einem kasachischen Strafgericht zu 20 Jahren Haft verurteilt. Kasachstan stellt daraufhin einen weiteren Auslieferungsantrag an Österreich, zur Vollstreckung der Strafe.

26. März 2008: Neben Aliyev wird auch der kasachische Ex-Geheimdienstschef Alnur Mussayev wegen Planung eines Staatsstreichs in Abwesenheit von einem Militärgericht zu 20 Jahren Straflager verurteilt.

Juli-September 2008: Drei gescheiterte Entführungsversuche gegen Mussayev und den Aliyev-Vertrauten Vadim Koshlyak in Wien. Laut dem österreichischen Verfassungsschutz wurden die Versuche vom kasachischen Geheimdienst "finanziert, koordiniert und in Auftrag gegeben".

September 2008: Nach Intervention des Außenministeriums zieht die kasachische Botschaft einen in die Entführungen verwickelten Diplomaten aus Wien ab.

29. Jänner 2009: Ein Wiener Polizist, der Daten an den mutmaßlichen kasachischen Spion Ildar A. weitergegeben hatte, wird wegen Amtsmissbrauchs zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt. Ildar A. ist bereits in U-Haft.

10. Juli 2009: Wegen Gerüchten, der kasachische Geheimdienst habe auch Abgeordnete beeinflusst, setzt das Parlament einen Untersuchungsausschuss ein. Diese Gerüchte werden später auch vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bestätigt.

18. Jänner 2010: Der mutmaßliche kasachische Spion Ildar A. wird in einem Prozess um die Entführungen von einem Wiener Gericht freigesprochen.

28. August 2010: Der Wiener Anwalt Gabriel Lansky wirft Aliyev die Bildung einer kriminellen Vereinigung vor. Er soll in Österreich eine "Geldwaschmaschine" betrieben haben, über die er 100 Millionen Euro verschoben habe.

Dezember 2010: Bundespräsident Heinz Fischer besucht Kasachstan, nachdem er zwei Jahre davor eine Visite kurzfristig abgesagt hatte. In US-Depeschen, die von Wikileaks veröffentlicht wurden, heißt es, die Absage sei auf Intervention Aliyevs erfolgt. Die Präsidentschaftskanzlei weist diese Berichte aufs Schärfste zurück.

Jänner 2011: Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) bestätigt, dass er als Berater für die kasachische Regierung tätig ist.

30. Jänner 2011: Laut dem ZDF ermittelt die deutsche Justiz wegen Geldwäsche gegen Aliyev. Eine zentrale Rolle soll dabei ein Metallbetrieb in Nordrhein-Westfalen gespielt haben.

Februar 2011: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) revidiert seine Spruchpraxis und erlaubt die Auslieferung eines Kasachen durch die Ukraine an sein Heimatland. Juristen sehen damit die österreichische Justiz im Fall Aliyev in Zugzwang.

28. Februar 2011: Die Berliner Anwaltskanzlei des deutschen Ex-Politikers Lothar de Maiziere erhebt schwere Vorwürfe gegen Aliyev. Dieser soll die Folterung und Misshandlung zweier Kasachen in Auftrag gegeben und teils sogar persönlich verübt haben. Zwei Leibwächter des kasachischen Premiers Akezhan Kazhelgeldin geben an, gefoltert worden zu sein, weil sie sich geweigert haben, ihren Chef zu belasten.

18. Mai 2011: Aus dem Entführungsfall wird ein Mordfall: Auf dem Gelände einer ehemaligen Firma Aliyevs in Kasachstan werden die Leichen der beiden verschwundenen Nurbank-Manager gefunden. Gerichtsmedizinern der Berliner Charite gelingt die Identifizierung der in Kalkfässer gesteckten Leichen. Aliyev spricht von durch den kasachischen Geheimdienst manipulierten Beweisen.

6. Juni 2011: Anwalt Lansky wirft den österreichischen Behörden vor, sich als Fluchthelfer für Aliyev und seine vier mutmaßlichen Mittäter zu verdingen. Aliyev ist eigenen Angaben zufolge schon seit zwei Jahren nicht mehr in Österreich.

16. Juni 2011: Das Landesgericht Wien lehnt auch den zweiten Auslieferungsantrag Kasachstans im Fall Aliyev, jenen zur Vollstreckung der Strafe, ab.

Seit Juli 2011: Auch österreichische Behörden beginnen Ermittlungen gegen Aliyev wegen Mord- und wegen Geldwäschevorwürfen. Aliyev soll sich inzwischen in Malta aufhalten und vorübergehend den Namen seiner Frau, Shoraz, angenommen haben.

März 2013: Aliyev alias Shoraz erhebt in seinem neu erschienen Buch "Tatort Österreich" erneut Vorwürfe gegen österreichische Politiker. Genannt werden darin etwa der ehemalige Innenminister Karl Blecha (SPÖ) und sein Parteikollege, Ex-Parlamentarier Anton Gaal, aber auch Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) und die FPÖ-Abgeordneten Harald Vilimsky und Johannes Hübner. Sie seien "Helfershelfern" Kasachstans, die auf juristischem, medialem und politischem Wege an seiner Diskreditierung und Auslieferung gearbeitet hätten.

1. Juni 2013: Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer wird verdächtigt, das kasachische Regime mit vertraulichen Dokumenten im Fall Aliyev versorgt zu haben. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittle sowohl gegen Gusenbauer als auch gegen den Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeiten, berichtet das Nachrichtenmagazin "profil".

14. Juni 2013: Das Vermögen Aliyevs auf Malta wird laut der Zeitung "Malta Today" wegen Verdachts der Geldwäsche eingefroren. Eine Bestätigung seitens der maltesischen Staatsanwaltschaft blieb aus.

11. November 2013: Aliyev wird aufgrund der Übernahme des von Kasachstan gegen ihn eingeleiten Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Wien der österreichische Fremdenpass entzogen.

März 2014: Ermittlungen gegen Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeiten wird eingestellt.

10. April 2014: Gegner von Aliyev erheben schwere Vorwürfe gegen Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP). Er sei nicht nur sein Rechtsanwalt gewesen, sondern "ein Mittäter, ein Assistent von Rakhat Aliyev", so der kasachische Aktivist Serik Medetbekow in Wien. Justizminister Brandstetter weist die Anschuldigungen auf APA-Anfrage zurück.

6. Juni 2014: Aliyev wird am Wiener Flughafen festgenommen. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte am 19. Mai einen Haftbefehl gegen den mord- und folterverdächtigen kasachische Ex-Botschafter in Österreich erlassen. Seinem Anwalt Manfred Ainedter zufolge habe sich Aliyev "freiwillig" gestellt. Der früher kasachische Vizeaußenminister kommt in U-Haft.

16. Juni 2014: Opferanwälte präsentieren ein "neues Beweisstück": Bei einer Hausdurchsuchung des kasachischen Ex-Geheimdienstchefs, Mussayev, soll ein schriftliches Geständnis Aliyevs, das seine Verwicklung in dem Doppelmord bestätigen soll, gefunden worden sein. Der Staatsanwaltschaft Wien zufolge ist das Schriftstück eine Fälschung.

28. Oktober 2014: Das Oberlandesgericht hält den Verein "Tagdyr" der Witwen der angeblich von Aliyev ermordeten Bankmanager für ein Tarnorganisation des kasachischen Geheimdienst. "Tagdyr" soll der Wiener Anwaltskanzlei Lansky zwischen 2009 und 2012 mehr als 14 Millionen Euro gezahlt haben, um gegen Aliyev vorzugehen. Lansky wies dies zurück.

31. Oktober 2014: Staatsanwaltschaft plant Anklage gegen Aliyev wegen Doppelmords.

1. Dezember 2014: Aliyev-Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft liegt im Justizministerium. Der Akt wird von der zuständigen Fachabteilung geprüft und dann dem von Justizminister Brandstetter (ÖVP) eingerichteten Weisenrat vorgelegt.

4. Dezember 2014: Eine PR-Agentur ließ einem Bericht des Magazins "Datum" zufolge jahrelang Negativpostings im Internet gegen Aliyev verfassen. Dies geschah demnach im Auftrag der Wiener Rechtsanwaltskanzlei Lansky, Ganzger und Partner. Zwischen 2011 und 2013 seien tausende Postings auf Deutsch und auf Russisch in verschiedensten Internetforen zu Aliyev veröffentlicht worden.

30. Dezember 2014: Die erwartete Mordanklage gegen Aliyev wird eingebracht. Ende März soll in einem "Monster-Prozess" geklärt werden, ob der Ex-Diplomat, der mitangeklagte Ex-Geheimdienstchef Mussayev sowie ein ehemaliger Leibwächter Aliyevs an der Entführung, Verschleppung und Ermordung zweier kasachischer Banker beteiligt waren.

8. Jänner 2015: Aliyev soll in der Justizanstalt Josefstadt von zwei Mithäftlingen erpresst worden sein. Laut Anklage sollen die beiden dem Ex-Botschafter gedroht haben, wenn er überleben wolle, müsse er 3.000 Euro bezahlen, ansonsten könne ihn jemand während des Waschens im Duschraum umbringen und dies wie einen Selbstmord aussehen lassen. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat bereits am 22. Dezember Anklage gegen die beiden Männer erhoben.

26. Jänner 2015: Ein früherer Mitarbeiter Aliyevs wirft dem Ex-Diplomaten vor, ihm für das Anschwärzen von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer 500.000 Euro geboten zu haben.

24. Februar 2015: Aliyev wird tot in seiner Einzellzelle in der Justizanstalt Josefstadt aufgefunden. Nach Justizangaben erhängte sich der 52-Jährige dort mit Mullbinden an einem Kleiderhaken erhängt. Seine Anwälte zweifeln an dem Suizid des Ex-Diplomaten. Die Staatsanwaltschaft ordnete die Obduktion an.

Aliyew hätte an diesem Tag gegen zwei Mithäftlinge aussagen sollen, die dem Ex-Diplomaten mit dem Tod gedroht haben sollen, wenn er ihnen nicht 3.000 Euro bezahlen würde.

Kommentare