Prüfbericht: Massive Missstände im AKH Wien

Im Fall jener Schwangeren, die trotz Blutungen erst im dritten Wiener Spital aufgenommen wurde und letztlich ihr Kind verlor, liegt seit Freitag das Ergebnis der Prüfung durch die MA 40 vor. Es beinhaltet eine scharfe Rüge für das AKH. Renate Christ, Leiterin der MA 40, spricht im KURIER-Interview über die Fehler der AKH-Ärztin und mangelnde Kommunikation und Dokumentation bei der Aufnahme. Als erste Konsequenz fordert Christ ein standardisiertes Formular für das Arzt-Patienten-Gespräch.
KURIER: Frau Christ, die MA 40 als Aufsichtsbehörde hat den Fall der abgewiesenen Schwangeren geprüft. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
Renate Christ: Es ist im AKH eindeutig zu einem Fehler der Ärztin, die das Gespräch mit der Patientin geführt hat, gekommen. Die Patientin hätte ohne Untersuchung nicht abgewiesen werden dürfen. Die Ärztin hätte zwei Möglichkeiten gehabt, richtig zu handeln, nachdem die Schwangere ihre Blutungen erwähnt hatte: Entweder hätte sie die Patientin selbst untersuchen müssen oder sie hätte sich die Untersuchungsergebnisse vom Göttlichen Heiland faxen lassen müssen. Beides ist unterblieben und die Patientin wurde ohne Abklärung ihrer Probleme abgewiesen. Diese Abfertigung im AKH war nicht in Ordnung.
Welche Konsequenzen hat das für die Ärztin?
Die Ärztin hat eine Fehlleistung begangen und das wird disziplinarrechtliche Konsequenzen (die von einer Ermahnung bis zu einem Berufsverbot reichen können, Anm.) haben. Als Aufsichtsbehörde leiten wir unsere Ergebnisse an die Med-Uni Wien weiter, die über ein allfälliges Disziplinarverfahren zu entscheiden hat. Wir werden darüber hinaus aber weitere Maßnahmen treffen, dass sich solche Fälle nicht wiederholen.
Welche Maßnahmen sind das?
Es hat im betreffenden Fall massive Probleme in der Kommunikation zwischen der Ärztin und der Patientin gegeben. Dass die Ärztin etwa nicht herausgefunden hat, dass die Frau bereits als Risikoschwangere im AKH entbunden hat, ist ein absolutes No-Go. Das darf sich nicht wiederholen. Deshalb verlangen wir vom AKH eine formalisierte Check-Liste für die Arzt-Patienten-Gespräche. Auch bei der Dokumentation ist es im AKH zu gravierenden Fehlern gekommen. So gibt es keinerlei Aufzeichnungen des Gesprächs. So etwas darf nicht passieren und ist durch Zeitnot nicht zu entschuldigen.
Die betreffende Ärztin sagte im KURIER-Interview, dass sie an diesem Vormittag 25 Frauen zu betreuen hatte und für Sandra W. nur zwei Minuten Zeit hatte. Auch andere Ärzte bestätigten uns diese Überlastung. Ist es fair, nun nur eine Ärztin zur Verantwortung zu ziehen?
Nein, es gibt ein Organisationsverschulden. Hätte die Ärztin ein standardisiertes Blatt für die Kommunikation gehabt, wäre das wohl nicht passiert. Wie gesagt, wir fordern diese Nachbesserungen vom AKH ganz klar ein.
Die Patientin war zuerst im Göttlichen Heiland, wo sie zwar untersucht, aber nicht aufgenommen wurde. Haben Sie auch diesen Fall geprüft?
Der Göttliche Heiland hat die Patientin vorbildlich untersucht. Eine Aufnahme war nicht zwingend notwendig. Als Mutter weiß ich jedoch, wie wichtig in solchen Fällen die psychologische Unterstützung ist. Deshalb war die Rudolfstiftung, die die Frau letztlich aufgenommen hat, sicher noch vorbildlicher als der Göttliche Heiland.
Würde der Fötus noch leben, wäre die Patientin früher aufgenommen worden?
Diese Frage konnte diese Untersuchung nicht klären und muss von Medizinern beantwortet werden.
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