Kein Urteil in Prozess um Mordauftrag gegen Ex-Frau

Kein Urteil in Prozess um Mordauftrag gegen Ex-Frau
Berufsrichter akzeptierten Entscheidung wegen Irrtums der Geschworenen nicht. Wahrspruch wurde ausgesetzt.

Ein 68-jähriger Wiener, der um 10.000 Euro einen Mordanschlag auf seine Ex-Frau vergeben haben soll, hat das am Donnerstag am Landesgericht für Strafsachen wortreich abgestritten. "I hob kane Probleme mit meiner Frau. Wir busserln uns noch", behauptete der 19-fach Vorbestrafte vor einem Schwurgericht, wo er sich wegen versuchter Bestimmung zum Mord zu verantworten hatte.

Der Anklage zufolge wollte der Pensionist seine geschiedene Frau, mit der er seit längerem in Streit lag, "wegräumen " lassen. "Sie war ihm ein Dorn im Auge", erläuterte Staatsanwältin Carina Steindl den Geschworenen. Er habe ihr die Schuld gegeben, dass die gemeinsame 18 Jahre alte Tochter keinen Kontakt mehr zu ihm wünschte. "Aus diesem Grund wollte er sie beseitigen", bekräftigte die Anklägerin.

Über eine langjährige Bekannte hatte der Angeklagte einen ehemaligen Polizisten kennengelernt, der im Ruhestand als Security und Personenschützer arbeitet. Außerdem ist er als Vertrauensperson (VP) für die Polizei tätig. Ihm gegenüber soll der 68-Jährige zuerst von der Entführung, später von der Ermordung seiner Ex fabuliert haben. Ein solches, eineinviertel Stunden langes Vorgespräch zeichnete der VP auch heimlich mit seinem Mobiltelefon auf. Die Audiodatei ist allerdings aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen nicht Bestandteil des Gerichtsakts. Dort findet sich nur ein Gedächtnisprotokoll der VP.

Dieser vermittelte in weiterer Folge dem 68-Jährigen einen vermeintlichen Killer, mit dem sich der Angeklagte Ende November 2017 mehrmals traf. Um den Gesprächspartner zu überzeugen, dass er für das jähe und gewaltsame Ende seiner Ex zu zahlen bereit sei, soll er diesem seine prall gefüllte Brieftasche gezeigt haben. Eine Voranzahlung wurde aber nicht ausgemacht, was für Verteidiger Rudolf Mayer deutlich machte, dass das Ganze aus Sicht des Angeklagten von Anfang an nicht ernst gemeint war.

Der vermeintliche Killer war in Wahrheit ein verdeckter Ermittler der Polizei. Laut Mayer durchschaute sein polizeierfahrener Mandant ("Ein Schwerkrimineller, ein echter Pülcher") sowohl das als auch die Polizei-Vergangenheit des VP. Er hätte sich "aus Neugierde" auf die Gespräche mit den beiden eingelassen.

"Glauben'S wirklich, dass das so geschieht von so einem Menschen, wenn der seine Frau weghaben will?", wandte sich Mayer direkt an die Geschworenen. Der 68-Jährige hätte immerhin Zugang zu einem Waffenarsenal mit einer Kalaschnikow, zwei Maschinenpistolen, einer Glock, 14 Langwaffen und Sprengsätzen gehabt. Hätte er der Ex-Frau tatsächlich nach dem Leben getrachtet, hätte der Angeklagte das eigenhändig erledigen können, gab der Anwalt zu bedenken. "Ich hab' auch noch nie einen Mordauftrag gesehen, wo nicht vorher ein Geld gezahlt wird. Soll es der Mörder nachher einklagen vor Gericht, wenn er es gemacht hat und nix bekommt? Nie im Leben wäre etwas passiert ohne Geld", hielt Mayer weiter fest.

Im Anschluss versicherte der 68-Jährige, er verstehe sich nach wie vor "super" mit seiner Ex und nenne die gebürtige Türkin in ihrer Muttersprache "Liebling". Er habe mit ihr "null Bröserln". "Der Dicke" - so nannte der Angeklagte den VP - sei mit dem Mordvorschlag dahergekommen, als man sich gegenseitig von den jeweiligen Ex-Frauen erzählt hätte. Als dieser ihm mit den Worten "Do kenn i wen, der dei Alte wegräumt" einen Kontakt vermittelt hätte, habe er sich zum Schein drauf eingelassen: "Wenn i amol etwas riech', was net leiwand riecht, sondern stinkt, dann schau i amol, was dahinter steckt." Das Ganze sei "a Show" gewesen, behauptete der Angeklagte.

Der Anklage zufolge sollte der Mordanschlag zwischen 27. November und 3. Dezember über die Bühne gehen, wobei sich der angeblich seiner Ex-Frau überdrüssige Pensionist für diesen Zeitraum ein wasserdichtes Alibi beschaffen wollte. Als Tötungsart schwebte dem 68-Jährigen zunächst das Versenken eines Fahrzeugs in der Donau vor, wobei sich die Ex-Frau betäubt und gefesselt im Kofferraum befinden sollte. Ersatzweise war von einem Mordanschlag im Haus der Ex-Frau die Rede. Letztlich soll man sich darauf geeinigt haben, dass ein Täter aus der Ukraine den Mord mittels mehrerer Kopfschüsse ausführen sollte. Dazu kam es allerdings nicht mehr - der verdeckte Ermittler sorgte dafür, dass der 68-Jährige festgenommen wurde.

Der verdeckte Ermittler erklärte im Zeugenstand, er habe sich dem Angeklagten als jemand vorgestellt, der "schmutzige Aufträge durchführt". Dieser hätte geklagt, seine Ex-Frau müsse "entsorgt" werden, weil sie sein Leben ruiniert hätte. "Beim zweiten Treffen ist es detailliert um den Mord gegangen", meinte der Zeuge, dessen Identität aus Sicherheitsgründen nicht preisgegeben wurde. Er hätte ein Foto der Frau, ihre Adresse und ihre Telefonnummer bekommen.

Auf die Frage, ob er den Eindruck hatte, dass der 68-Jährige ihn durchschaut und als Polizisten erkannt hätte, meinte der Ermittler: "Das Gefühl hatte ich zu überhaupt keinem Zeitpunkt, zumal er mir einen Mordauftrag gegeben hat." "Ohne Vorauskassa, ist das üblich?", fragte sich der vorsitzende Richter Stefan Apostol. - "Ich hab noch nie wen umgebracht. Aber er hätte zahlen müssen, so oder so".

Fakt ist, dass der verdeckte Ermittler nicht verkabelt war und daher sämtliche Gespräche, die er mit dem Angeklagten führte, nicht aufgezeichnet wurden. Darauf angesprochen, bemerkte der Polizist: "Ich habe das mehrmals vorgeschlagen. Es ist aber nicht angeordnet worden." Dem Vernehmen nach dürften die Entscheidungsträger zur Ansicht gekommen sein, dass nicht ausreichend Zeit vorhanden war, um sich von der Justiz einen Lauschangriff genehmigen zu lassen.

Kein Urteil

Die Geschworenen erkannten mit 7:1 Stimme anklagekonform auf versuchte Bestimmung zum Mord. Die drei Berufsrichter akzeptierten diese Entscheidung aber nicht und setzten den Wahrspruch aus.

"Der Schwurgerichtshof ist einstimmig der Meinung, dass dieser Wahrspruch falsch ist", stellte der vorsitzende Richter Stefan Apostol klar. Nach Ansicht der Berufsrichter beruhte die Entscheidung der Geschworenen auf einem Irrtum. Der 68-Jährige, der sich seit über vier Monaten in U-Haft befunden hatte, wurde umgehend auf freien Fuß gesetzt.

Nach der Urteilsverkündung fielen ihm im Publikum anwesende Verwandte und Freunde um den Hals bzw. gratulierten ihm. "A bissl a Glück hob i a no im Leb'n", meinte der 19-fach Vorbestrafte. "Host a Auto? Dann bring mi weg von da", wandte er sich an einen Vertrauten.

Erledigt ist die Strafsache für den Mann aber keineswegs. Die Verhandlung muss vor einem neu zusammengesetzten Schwurgericht wiederholt werden. Andere Geschworene werden zu beurteilen haben, ob die Beweislage ausreichend ist, um davon auszugehen, dass sich alles so wie von der Staatsanwältin in ihrer Anklageschrift skizziert abgespielt hat.

 

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