Millionen für den IS: Viereinhalb Jahre Haft für Tschetschenen

Angeklagter mit zwei Justizwachebeamten vor dem Gerichtssaal.
33-jähriger Tschetschene wurde zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die österreichische Justiz geht davon aus, dass es sich bei dem angeklagten Tschetschenen (33) um ein schweres Kaliber handelt. 

Der Mann wird von zwei schwerbewaffneten und bis auf einen kleinen Augenschlitz vermummten Justizwachebeamten in den Gerichtssaal 401 am Wiener Straflandesgericht gebracht, die Arme und Füße mit Handschellen gefesselt.

Der junge Mann ist laut Anklage ein Dreh und Angelpunkt in Sachen Finanzierung der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) gewesen. 

Die Aktivitäten des Mannes bzw. jener Gruppen, denen über ganz Europa hinweg ein dichtes Netzwerk im Dienste des IS nachgesagt wird, haben jedenfalls viele europäische Ermittlungsbehörden beschäftigt. 

Ermittlungen in Belgien, Berlin und den USA

Im Akt des 33-jährigen Tschetschenen liegen die Ermittlungsberichte belgischer Behörden auf – demnach soll der in Wien angeklagte Mann in Kontakt mit einer Terrorzelle gestanden sei, die offenbar später in Tschetschenien „eliminiert“ worden sei.

Laut den Ermittlern in Belgien tauchte seine IP-Adresse in Gruppen auf, die sich um die Verteilung von Geldmitteln zur Unterstützung des IS-Terrors gekümmert hätten. „Das ist unmöglich“, sagte der Tschetschene, der vor der Verhaftung in Donaustadt gelebt hat, „Ich war da nirgends dabei.“

„Ich war nicht dabei“

Nicht dabei bei den bis zu 75 Millionen Euro, die Gruppen über laut Anklage zweifelhafte und perfide Werbeaktionen lukriert und an Personen aus der Terrorgruppe IS weitergeleitet haben. 

Wobei ihm genau das die Staatsanwaltschaft zur Last legt – und sie stützt sich dabei neben den Akten aus Belgien auch auf Ermittlungen des Landeskriminalamts Berlin und des FBI. Denn ein Account, über den in Sachen Terrorfinanzierung kommuniziert wurde, habe seiner IP-Adresse zugeordnet werden können, betonte der Staatsanwalt vor Gericht. Sein Verteidiger hält dem entgegen, dass es in all den Chats „keine einzige Nachricht gibt, die mein Mandant selbst geschrieben hat“.

Im Sinne des IS tätig

Wobei sich die Anklagebehörde schon am ersten Prozesstag festgelegt hat, dass es sich ob der Diktion in diesen Telegram-Gruppen, in denen sich der Account des Angeklagten befindet, eindeutig um Personen handle, die im Sinne der Intention des IS agieren und kommunizieren würden.

Was der Angeklagte hingegen schon zum Prozessauftakt betont hat und nun neuerlich bekräftigte: Er habe eine Art „Wohltätigkeitsfonds“ organisiert, mit dem man Frauen und Kindern von IS-Kämpfern helfen habe wollen. 

Was die Anklage so nicht gelten lässt, denn nach all den Ermittlungen müsse man davon ausgehen, dass ein Großteil des Geldes direkt an aktive IS-Mitglieder geflossen sei.

Warum sich der Angeklagte überhaupt engagiert hat, versuchte er am Mittwoch zu erläutert: „Wir haben einen Infokampf geführt, weil in Tschetschenien Menschen gefoltert werden, wir wollten das schlechte Regime Kadyrows offenlegen."

Angeklagter wird wieder abgeführt.

Nach dem Prozess ging es an Händen und Füßen gefesselt wieder zurück in die Zelle. 

Am Nachmittag gab es dann das Urteil: Der Mann wurde laut Apa wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. 

Das Gericht sah es als erwiesen, dass der 33-Jährige seit dem Frühjahr 2022 bis zu seiner Festnahme Ende Juli "in umfangreichem Stil" in Österreich für den IS gesammelt hätte, hieß es in der Urteilsbegründung. Mit dem Geld wurden der Anklage zufolge in Syrien und im Irak tätige bzw. inhaftierte Kämpfer sowie deren Angehörige unterstützt bzw. internierte IS-Anhängerinnen freigekauft. 

Yusup M. war in eine professionell organisierte Täter-Gruppe eingebunden, die laut Anklage für den IS einen Gesamtbetrag im oberen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich lukriert hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

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