Der Unfall ereignete sich am Gürtel im Bereich der Gumpendorfer Straße.

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Wien

Passant bei Unfall getötet: Falsche Person angeklagt?

Prozess zeigte unzureichende Ermittlungen auf. Wer am Steuer saß, ist unklar. Die Verhandlung wurde vertagt.

11/10/2014, 01:28 PM

Ein Verkehrsunfall mit einem 52-jährigen Todesopfer, ist am Montag im Wiener Straflandesgericht verhandelt worden. Möglicherweise steht in diesem Fall allerdings die falsche Person vor dem Richter. Angeklagt war der vermeintliche Fahrer des Unfallwagens, ein 35-jähriger Wiener. Das Verfahren wurde zur Ladung zahlreicher weiterer Zeugen auf unbestimmte Zeit vertagt.

Der besagte Unfall ereignete sich in der Nacht auf den 6. April 2014 gegen 2.00 Uhr in der Früh. Ein Autofahrer am Inneren Mariahilfer Gürtel hatte aufgrund überhöhter Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Der Pkw kam ins Schleudern, geriet auf den Gehsteig, stieß einen Fußgänger zu Boden und krachte schließlich gegen einen Lichtmasten, der das Fahrzeug in zwei Teile zerriss. Für den Passanten kam jede Hilfe zu spät, die beiden Insassen des Autos - 19 und 35 Jahre alt - erlitten schwerste Verletzungen. Sie mussten mit einer Bergeschere aus dem Wrack befreit werden. Dem 19-Jährigen, der Kopfverletzungen sowie einen Bruch des Oberschenkels, eines Lendenwirbels, des Kreuz- und Schambeins davontrug, rettete eine Notoperation das Leben. Dem 35-Jährigen wurden beide Beine zertrümmert. Er sitzt seither im Rollstuhl.

Der Ältere der beiden musste sich nun wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährtlichen Verhältnissen vor Richterin Claudia Geiler verantworten. Laut Anklage soll er in alkoholisiertem Zustand - ein Alkotest erbrachte einen Wert von 0,87 Promille - die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Außerdem besitzt der 35-Jährige keinen Führerschein.

Erinnerungslücken

"Im Vorfeld ist hier leider sehr wenig ermittelt worden", gab Verteidiger Christian Werner gleich zu Beginn der Verhandlung zu bedenken. Es sei nämlich unklar, ob sein Mandant überhaupt am Steuer saß. Dieser könne sich - vermutlich infolge der Schwere des Unfalls - an das Geschehen nicht mehr erinnern.

Bei den Erhebungen zum Unfallhergang war offenbar darauf verzichtet worden, die am Ort des Geschehens tätigen Einsatzkräfte danach zu befragen, welcher der beiden Männer sich am Fahrersitz befunden hatte. Jedenfalls wurden keine entsprechenden Angaben vermerkt. Auch die Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens wurde für nicht nötig befunden. Ebenso wurden keine DNA-Untersuchungen durchgeführt. Beim 19-Jährigen wurde auch kein Alko-Test durchgeführt.

"Ich kann mich an den Vorfall nicht erinnern. Falls es wirklich passiert sein sollte, tut es mir schrecklich leid", sagte der 35-Jährige in seiner Einvernahme. Er finde es jedenfalls "generell eigenartig, dass ich gefahren sein soll". Grund: Das Auto habe seinem jugendlichen Freund - die beiden hatten einander auf einer Hochzeit kennengelernt und waren danach ab und zu an den Wochenenden gemeinsam ausgegangen - gehört und sei auf dessen Mutter zugelassen gewesen. Für den Burschen sei das Auto "sein Heiligtum" gewesen: "Mit dem ist keiner gefahren."

Er habe den späteren Unfallwagen nur ein einziges Mal auf einem Parkplatz "ein paar Meter zurück, ein paar Meter vor" bewegt, sagte der Angeklagte. Der 19-Jährige habe beim Erwerb des Autos wissen wollen, ob dieses etwas tauge. Als gelernter Kfz-Mechaniker habe er das beurteilen können, erklärte der 35-Jährige. Seitdem sei er seines Wissens "mit dem Fahrzeug nie wieder gefahren".

"Weiß nicht, wer gefahren ist"

Anschließend wurde der 19-Jährige als Zeuge unter Wahrheitspflicht befragt. Auch er machte eine Erinnerungslücke geltend: "Vom Samstag hab' ich keine Erinnerung mehr, zum Unfall schon gar nicht". Als ihm nach der überstandenen Operation die Ärzte und seine Eltern erzählten, was passiert war, sei er "sehr verwundert" gewesen. Das Auto sei "normalerweise von mir benutzt" worden: "Ich weiß nicht, ob er (der Angeklagte, Anm.) es gelenkt hat." Dass dieser keine Lenkerberechtigung besaß, habe er nicht gewusst. "Selten, aber doch" seien auch andere damit gefahren, verwies der 19-Jährige diesbezüglich auf seine Mutter und einen Arbeitskollegen. Der Bursch war erst am 8. Oktober aus der Rehabilitation entlassen worden. Er befindet sich jetzt wieder auf Arbeitssuche.

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