Prozess: Bauchstich im Cafe "Saitensprung"

Eine Bluttat ohne erkennbares Motiv, die einen 41-jährigen Mann um ein Haar das Leben gekostet hätte, hat am Mittwoch ein Schwurgericht im Straflandesgericht beschäftigt. Der 41-Jährige war im Cafe "Saitensprung" in Wien-Floridsdorf am Morgen des 11. Jänner 2013 von einem gleichaltrigen Mann niedergestochen worden, der die vorangegangene Nacht schweigend und trinkend an der Bar verbracht hatte und der nun von sämtlichen anderen Lokalgästen in der Verhandlung als "unscheinbar" und "ruhig" beschrieben wurde. Das Urteil lautete auf sechs Jahre Haft und ist bereits rechtskräftig.
Was den Angeklagten - einen Kellner - dazu gebracht haben könnte, dem ihm unbekannten Mann, den er während der Nacht zum ersten Mal überhaupt gesehen hatte, sein Klappmesser in den Bauch zu rammen, brachte auch der Prozess wegen versuchten Mordes nicht zutage. "Es war ka Streit. Gar nix. I waß net amal, ob i mit eahm was g'redet hab' damals. I hab eahm eigentlich gar net wahrg'nommen", gab das Opfer als Zeuge zu Protokoll.
Auf Alkohol "leichter reizbar"
"Für das, was ich gemacht habe, übernehme ich die Verantwortung. Mord war das aber keiner", stellte der Täter fest. Er sei auf Alkohol grundsätzlich "leichter reizbar" und habe damals im "Saitensprung" 15 Bier, etliche Jägermeister, Wodka Juice und Bacardi Cola intus gehabt. Als er von der Toilette zurückkam, sei ihm der andere Mann - 1,85 Meter groß, 121 Kilogramm schwer - entgegengekommen: "Der ist auf einmal vor mir g'standen. Er ist ruckartig auf mich zukommen. Mir ist er so richtig aggressiv vorkommen. Eine Geste, dass er was machen will. So hab ich's aufg'fasst." Da habe er zugestochen, räumte der klein gewachsene, schmächtige Angeklagte ein: "Das war einfach a falsche Einschätzung."
Während das Opfer fassungslos das Blut bemerkte, hatte der Täter nach Aussagen der Augenzeugen nach seiner Jacke gegriffen und mit den Worten "I waß, i bin a Oaschloch" das Lokal verlassen, das einer der anwesenden Besucher im Zeugenstand folgendermaßen beschrieb: "Das is' a richtige Bauchstich-Hitt'n." Immer wieder gebe es dort "Brösln".
Notoperation rettete Opfer
Der Besitzer hatte den lebensgefährlich Verletzten - die Klinge beschädigte Dick- und Dünndarm sowie die Aorta - erstversorgt und die Rettung alarmiert. Eine Notoperation rettete dem 41-Jährigen das Leben. Auf Ersuchen von Staatsanwältin Barbara Hoffmann präsentierte er dem Gericht am Ende seiner Zeugenbefragung die Narbe und erläuterte auf die erschrockenen Blicke des einen oder anderen Geschworenen hin, er sei mit 70 Stichen genäht worden.
Der Angeklagte wurde zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Geschworenen sprachen den Angeklagten einstimmig vom inkriminierten versuchten Mord frei und erkannten auf absichtliche schwere Körperverletzung. Das von Rechtsanwalt Werner Tomanek vertretene Opfer bekam eine finanzielle Wiedergutmachung in Höhe von 10.000 Euro zugesprochen. Verteidiger Christian Werner war damit ebenso einverstanden wie mit der Strafe, das Urteil ist bereits rechtskräftig.
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