Polizei erschoss Mann: Strafverfahren eingestellt

Ein Polizist der WEGA hält ein Funkgerät in der Hand.
Für Staatsanwaltschaft war Waffengebrauch gerechtfertigt - Mann war mit Messer auf Arbeiter losgegangen.

Der Tod des 52-jährigen Gerhard A., der am 7. Juni 2013 in Wien-Liesing von Polizisten der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA) erschossen wurde - der Kurier berichtete -, hat keine strafrechtlichen Folgen. Die Staatsanwaltschaft Wien hat Mitte Juni das Verfahren gegen vier Beamte eingestellt. Das gab Behördensprecherin Nina Bussek am Donnerstag bekannt.

Ein Mann mit Brille, Schal und brauner Jacke blickt nach unten.
Polizeieinsatz Kanitzgasse 2, 1230 Wien
Insgesamt acht WEGA-Beamte hatten damals die Wohnungstür des Mannes aufzubrechen versucht, nachdem dieser Bauarbeiter, die in der Gemeindebau-Anlage Sanierungsarbeiten durchführten, und eine Streifenpolizistin mit einem Klappmesser bedroht und sich danach in seiner Wohnung verschanzt hatte. Als er den Lärm an der Tür wahrnahm, soll Gerhard A. diese aufgerissen und tobend mi dem Klappmesser auf einen mit einer Schutzweste versehenen Polizisten losgegangen sein. Daraufhin feuerten vier Polizisten insgesamt 20 Schüsse ab. Der 52-Jährige hatte keine Überlebenschance.

Die Staatsanwaltschaft billigte den Schützen, gegen die wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen ermittelt worden war, Nothilfe zu. Es habe während der Schussabgaben ein "andauernder, anhaltender Angriff" vorgelegen. Zu dessen Abwehr "war der Waffengebrauch im Sinne des Waffengebrauchsgesetzes gerechtfertigt", erläuterte Behördensprecherin Bussek.

Notwehrexzess verneint

Wie die Obduktion ergab, hatten den 52-Jährigen im Brustbereich acht Projektile getroffen. Wie Bussek erklärte, sei auch ein möglicher Notwehrexzess - das Überschreiten der an sich zulässigen Notwehr bzw. Nothilfe - geprüft und letzten Endes verneint worden.

Der 52-Jährige habe das Messer, mit dem er einen WEGA-Beamten traf und der dank einer Schutzweste unverletzt blieb, nicht aus der Hand gegeben. "Er hat weiter Stichbewegungen ausgeführt", erläuterte Bussek. Folglich "konnten die Beamten davon ausgehen, dass der Angriff anhält" und sich in Bezug auf den attackierten Kollegen zulässigerweise auf Nothilfe berufen können, so Bussek.

Taser womöglich bessere Wahl

Die WEGA-Kräfte wären allerdings auch mit Taser, Pfefferspray und Schlagstöcken ausgerüstet gewesen. Möglicherweise wäre in dem engen Stiegenhaus - die acht Männer und der angeblich Tobende bewegten sich auf wenigen Quadratmetern, wobei sich jeweils vier Beamte links und rechts vom Türstock postiert hatten - der Taser-Einsatz die bessere Wahl gewesen wäre.

Wieder sorgt ein Polizeieinsatz für Zündstoff. In einem Gemeindebau in Wien-Liesing wurde Freitagfrüh ein durch Baulärm genervter 52-Jähriger von den Beamten der Sondereinheit WEGA erschossen, nachdem er mit einem Messer auf Bauarbeiter, danach auf eine Polizistin und zuletzt auf ein Mitglied der Einsatztruppe losgegangen war. Die tödlichen Schüsse ereigneten sich in der Wohnung des Mannes, der sich dort verbarrikadiert hatte. Nun ermittelt der Staatsanwalt, ob eine Notwehrsituation vorlag. Die Beamten gaben 20 Schüsse ab.

Der Gemeindebau in der Kanitzgasse ist ein ruhiges Grätzel am Wiener Stadtrand in Liesing. Derzeit wird das Areal saniert. Und Gerhard A. fühlte sich offenbar durch den Baulärm gestört. Er beschwerte sich bei den Malern, die gerade mit dem Abkleben auf seiner Stiege beschäftigt waren. „Er war bereits gestern da und hat uns mit einem Messer bedroht“, erzählt Maler Roland Porga mit Tränen in den Augen. „Er hat den Eindruck eines psychisch kranken Menschen gemacht.“

Gegen acht Uhr kam es am Freitag erneut zu einer Auseinandersetzung mit den Arbeitern. Wieder soll sie der Frühpensionist mit einem Klappmesser bedroht haben. Dieses Mal informierten sie aber die Hausbesorgerin. Die alarmierte die Polizei.

Wenig später eskalierte die Situation. Als die Streifenpolizisten eintrafen, wollte der 52-Jährige in seine Wohnung flüchten. Eine Beamtin versuchte ihn daran zu hindern. Doch der Mann attackierte sie mit dem Klappmesser, gab sie später zu Protokoll. Ihr Kollege habe sie noch weggezerrt. Daher blieb sie unverletzt.

Gerhard A. verschanzte sich indes in seiner Wohnung im zweiten Stock. Daher rückte jetzt die Sondereinheit WEGA an. Letztendlich waren acht Polizisten am Ort des Geschehens. Die Beamten machten sich daran, mit einem Rammbock die Wohnung zu öffnen. Doch der 52-Jährige stemmte sich zunächst dagegen.

Plötzlich sei aber die Türe ruckartig aufgegangen, der Mann sei mit dem Messer auf die Sondereinheit losgegangen. Einen Polizisten hat Gerhard A. mit dem Messer getroffen. Die Schutzweste verhinderte jedoch, dass der Beamte verletzt wurde. Vier Polizisten zogen daraufhin ihre Dienstpistolen und feuerten mehrmals auf den Angreifer. Der brach tödlich getroffen zusammen.

Wie viele Schüsse tatsächlich fielen und wie oft der Mann getroffen wurde, wollte die Polizei zunächst nicht bekannt geben. Jetzt untersuchen steirische Beamten von Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, ob der Schusswaffengebrauch gerechtfertigt war.

Psychische Probleme

Gerhard A. soll an paranoider Schizophrenie gelitten haben. „Er war mehrmals auf der Baumgartner Höhe (Anm. Psychiatrisches Zentrum)“, erzählt seine Nachbarin und gute Freundin Sigrid Kriwanek. Sie kann den tödlichen Vorfall nicht fassen. „Er war ein sehr lieber Mensch“, sagt sie mit tränenerstickter Stimme. „Er hat eigentlich nie irgendwas gegen die Nachbarn gemacht.“

Der Polizei sei der ehemalige Masseur jedoch schon öfter aufgefallen. Auch seine psychischen Probleme waren für die Exekutive kein Geheimnis. 2010 soll er seine damalige Lebensgefährtin bedroht haben. Die daraufhin alarmierten Polizisten habe der Frühpensionist angegriffen und verletzt.

Karte vom Tatort in Wien-Liesing

Kommentare