Leistungen erfunden? Betrugsanklage gegen Wiener Internisten

Ein Arzt untersucht einen Patienten mit einem Stethoskop.
Nach Befragung von 200 Patienten. Rund 360.000 Euro Schaden.

Auf der Abrechnung des Internisten stand es Schwarz auf Weiß: „Ergometertraining“, daneben stand der Name des Patienten. Doch: Wie kann ein Gehbehinderter am Ergometer strampeln?

Ans Tageslicht kam die Mogelei, als die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) den versehrten Patienten vorlud. In der WGKK ermittelte nämlich bereits eine Truppe mit dem sperrigen Namen „Missbrauch-Entdecken-Prävention“ (MEP) gegen den Wiener Internisten, der im Verdacht stand, im großen Stil nicht erbrachte Leistung abgerechnet zu haben.

Dieser Verdacht hat sich nun erhärtet. Die Wiener Staatsanwaltschaft hat gegen den Mediziner Anklage wegen schweren, gewerbsmäßigen Betrugs erhoben, bestätigt Behörden-Sprecher Thomas Vecsey auf Anfrage.

Schon vor Jahren hatten ihn die MEP-Betrugsermittler auf ihrem Radar. Damals waren mehrere seiner abgerechneten Positionen statistische Ausreißer. Ein Beispiel: Im Jahr 2010 soll er für 97,1 Prozent seiner 6190 Patienten eine digitale Rektaluntersuchung verrechnet haben. Damals war eine überforderte Gehilfin schuld. Der Arzt überwies 49.092 Euro zurück.

200 Patienten befragt

Jedoch blieb er im Visier der MEP-Truppe. Als erneut ein Verdacht aufkeimte, wurden 200 seiner Patienten befragt. Anhand der Ergebnisse errechnete die WGKK Leistungen im Wert von mehr als 360.000 Euro, die nie erbracht worden sein sollen. Im Vergleich dazu ist die Anklage dürftig: Nur für einen Fehlbetrag von knapp mehr als 10.000 Euro aus zwei Quartalen muss er sich nun verantworten. Wieso ist nur ein Bruchteil des errechneten Schadens angeklagt? Für die Staatsanwaltschaft zählen nur „direkt beweisbare“ Fälle, heißt es bei der WGKK. Und: „Sollte es eine Verurteilung geben, werden wir aber den hochgerechneten Schaden zivilrechtlich einklagen.“ Seinen Kassenvertrag ist der Internist bereits los.

Was sagt der Arzt dazu? Er will nicht reden. Sein Anwalt, Markus Lechner: „Mein Mandant weist die Vorwürfe entschieden zurück. Er hat versehentliche Fehlverrechnungen durch seine Ordination – er selbst war in den Abrechnungsprozess nicht eingebunden – gegenüber der WGKK eingeräumt.“ Vorgesehene Untersuchungen seien nicht erbracht und unabsichtlich in Rechnung gestellt worden. Für den Betrugsvorwurf fehlen ihm die Beweise.

Ein solches Betrugsverfahren dürfte sich ein anderer Wiener Arzt ersparen. Er wurde ertappt und zahlt nun 115.000 Euro zurück. Seinen Kassenvertrag legte er freiwillig zurück.

Kommentare