Mord an Freundin: Prozess gegen 40-Jährigen startet am Dienstag

Das Landesgericht für Strafsachen Wien.
Der Verdächtige soll seine 50-Jährige Freundin erstochen haben - obwohl er eigentlich im Gefängnis hätte sein müssen.

Ein 40-Jähriger, der seine zehn Jahre ältere Freundin erstochen haben soll, wird sich am Dienstag am Wiener Landesgericht in einem Mordprozess zu verantworten haben. Laut Anklage hat der Iraker der 50-Jährigen am 8. September 2018 im Zuge eines Streits mit einem Küchenmesser vier tiefe Stiche in Hals und Oberkörper versetzt. Zu diesem Zeitpunkt hätte er eigentlich eine Strafe abzusitzen gehabt.

Mehrfach vorbestraft

Der Mordverdächtige ist im Landesgericht nämlich kein Unbekannter: 2010 hatte der Beschuldigte wegen schwerer Erpressung und Raubes zwei Jahre ausgefasst, davon acht Monate unbedingt. Danach wurde er nach Italien abgeschoben, wo er zunächst um Asyl angesucht hatte. Er kehrte allerdings nach Österreich zurück und kassierte in weiterer Folge wegen Schlepperei ein Jahr Haft, davon vier Monate unbedingt.

2017 suchte er in Österreich um Asyl an. Am 16. August 2017 erfolgte eine weitere Verurteilung, diesmal wegen schwerer Körperverletzung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Sachbeschädigung. Das Urteil lautete auf neun Monate unbedingt.

Behauptete Vollzugsunfähigkeit

Nachdem das Wiener Oberlandesgericht (OLG) dieses Urteil bestätigt hatte, wurde dem Mann am 26. Jänner 2018 die Aufforderung zum Strafantritt zugestellt. Der 40-Jährige ersuchte um einen Haftaufschub wegen behaupteter Vollzugsuntauglichkeit, wobei sich das Vorbringen auf das Gutachten eines bekannten Facharztes für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie stützte, der sich für einen Haftaufschub von zumindest einem halben Jahr wegen einer "floriden psychiatrischen Erkrankung" aussprach.

Die von der Justiz beigezogene psychiatrische Sachverständige Sigrun Rossmanith kam allerdings zum Schluss, dass die von ihrem Kollegen gestellten Diagnosen - eine mittel- bis schwergradige depressive Episode, eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine Angst- und Panikstörung -"aktuell nicht festzustellen" seien, wie es in ihrer Expertise hieß. Aus psychiatrischer Sicht lägen die medizinischen Voraussetzungen der Strafvollzugstauglichkeit vor, wobei sich Rossmanith aber dafür aussprach, den Mann in einer Vollzugsanstalt mit einer angeschlossenen Krankenanstalt unterzubringen, um diesem im Falle einer psychischen Krise rasche ärztliche Hilfe und eine bedarfsgerechte Medikation zukommen lassen zu können.

Das Landesgericht für Strafsachen wies aufgrund dieser Ausführungen am 11. Mai den Antrag auf Strafaufschub ab. Dagegen legte der Iraker Beschwerde ein. Diese schmetterte das OLG am 24. Juli ab. Rossmaniths Gutachten sei "schlüssig und nachvollziehbar begründet", eine Vollzugsuntauglichkeit liege demnach nicht vor, heißt es in dem sechsseitigen OLG-Beschluss.

Tauchte unter

Am 31. Juli wurden dem Wahlverteidiger des Mannes sowie der Justizanstalt Wien-Simmering, wo der Iraker "einrücken" hätte sollen, der OLG-Beschluss zugestellt. Für Philipp Wolm, den Rechtsvertreter des 40-Jährigen, war sein Mandant aber nicht mehr greifbar, dieser zog es offenbar vor unterzutauchen. Während dieser Zeit als "U-Boot" kam es dann in der Leopoldstadt zu der Bluttat.

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