Menschliche Ziehmütter für Waldrapp-Küken im Tiergarten Schönbrunn

Die gefährdeten Zugvögel kennen die Flugroute ins Winterquartier nicht und werden auf ihre Pflegerinnen geprägt.

Einen fordernden 24-Stunden-Job haben Anne-Gabriela Schmalstieg und Helena Wehner: Die beiden sind Ziehmütter für Waldrappe. "Calimero", "Nessi" und "Rudini" heißen drei der 29 Küken, die sie derzeit im Tiergarten Schönbrunn mit der Hand aufziehen. Nötig ist diese besondere Pflege, um die gefährdeten Vögel später erfolgreich wiederanzusiedeln und ihnen den Weg in ihr Winterquartier zu zeigen.

Geschlüpft sind die Küken im Tierpark Rosegg, jetzt wohnen sie in einem Container neben der Waldrapp-Voliere, berichtete der Wiener Zoo am Dienstag. "Wir haben die Küken übernommen, als sie zwischen drei und acht Tagen alt waren. Seitdem sind wir ihre einzigen Bezugspersonen", erzählte Schmalstieg. "Wir füttern sie, streicheln sie, reden mit ihnen und spielen viel mit ihnen. So werden sie auf uns geprägt. Das ist entscheidend, um sie später wiederansiedeln zu können." Die Zoobesucher können ihnen dabei zusehen.

Ziehmütter fliegen vor

Das Waldrapp-Team arbeitet im Rahmen eines europäischen "Life+"-Projekts daran, den Vogel wieder heimisch zu machen. Im 17. Jahrhundert ist der Waldrapp in Mitteleuropa verschwunden. Bei einem Zugvogel sei das kein leichtes Unterfangen: "Die Waldrapp-Küken, die in Zoos und Wildparks schlüpfen, kennen die Flugroute ins Winterquartier nicht. Deshalb müssen die Ziehmütter ihnen den Weg in die Toskana in einem Ultraleichtfluggerät vorfliegen", erklärte Wiebke Hoffmann von der Abteilung für Artenschutz im Tiergarten Schönbrunn, der das Projekt von Anfang an unterstützt.

Für Anne-Gabriela Schmalstieg ist es bereits die sechste Aufzucht. "Wir haben die Ehre, mit den Vögeln über die Alpen zu fliegen. Es ist ein ganz besonderer Job und ich mache ihn unglaublich gerne."

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