Mariahilf: Umfrage startet mit Gegenwind

Blick auf die Mariahilfer Straße in Wien mit Passanten und Geschäften wie Libro und Cafe Ritter.
Laut einer Gallup-Umfrage sind 55 Prozent dagegen. Stimmen auch Sie ab.

Ab heute, Montag, liegen die Abstimmungskuverts in den Briefkästen der Bewohner von Mariahilf und Neubau. Diese Umfrage startet allerdings mit Gegenwind, laut einer Gallup-Umfrage (200 Befragte) sind 55 Prozent dagegen. Polit-Insider befürchten sogar eine noch höhere Rate an Gegenstimmen. Die Grünen versuchten mit Hausbesuchen diesem Trend entgegenzusteuern.

Der Wirtschaftsbund hat außerdem eine Befragung von 2342 Geschäftsleuten in den beiden Bezirken durchgeführt. Diese sind bei rot-grünen Befragung allerdings nicht stimmberechtigt. Dabei votierten allerdings knapp 66 Prozent dafür, die Mariahilfer Straße wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. 34,36 Prozent stimmten demnach für die Beibehaltung der Fußgängerzone und der Begegnungszonen.

Die Wirtschaftskammer selbst hatte das Ergebnis ihrer Umfrage bereits am Donnerstag präsentiert. Dabei lehnten sogar 70 Prozent der Wirtschaftstreibenden die Fuzo ab. Die rot-grüne Stadtregierung wird sich von den Meinungserhebungen kaum beeindrucken lassen. Sie hatte wiederholt betont, dass man das Resultat der Bürger-Umfrage umsetzen werde.

Die geplanten Neuerungen auf der MaHü:

Eine Ausstellung über die Neugestaltung der Mariahilfer Straße in Wien.

Eine belebte Stadtplatzszene mit Passanten und Geschäften im Hintergrund.

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Eine belebte Stadtkreuzung mit Passanten, Bussen und historischen Gebäuden, darunter das Hotel Kummer.

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Vier Frauen sitzen auf einer Bank unter einem blühenden Baum.

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Eine belebte Straße mit Bäumen, einem Taxi und Menschen, die spazieren gehen oder auf Bänken sitzen.

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Eine belebte Straße in einer Stadt mit Bäumen, Passanten und einem geparkten Auto.

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Zwei Kinder spielen an einem kleinen Brunnen, während zwei Mütter mit Kinderwagen daneben stehen.

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Kinder spielen auf einem Spielplatz mit Trampolin und Bank.

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Zum Interview hat Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) eine alte Ausgabe des KURIER von 1982 mitgebracht. "Mariahilfer Straße: Sperre schon in diesem Sommer?", titelte der KURIER damals. Auch 32 Jahre später ist die Aufregung um die Verkehrsberuhigung groß.

Frau Vassilakou, mit wie vielen Wienern haben Sie seit Beginn Ihrer Kampagne gesprochen?

Maria Vassilakou: Sicher mit mehreren Hundert. Ob auf der Mariahilfer Straße, bei den Hausbesuchen oder in den Kaffeehäusern.

Wie viele Ihrer Gesprächspartner konnten Sie von der Fußgängerzone überzeugen?

Eine Frau hält eine Ausgabe des „Kurier“ mit der Schlagzeile „Mariahilfer Straße: Sperre schon in diesem Sommer?“ in die Kamera, während ein Mann daneben sitzt.
Maria Vassilakou, Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Stadtentwicklung, im Interview zum Thema Mariahilfer Straße. Wien, 13.02.2014
Viele, vor allem bei der Kaffeehaustour. Natürlich gab es auch viel Kritik. Viele haben gesagt, dass sie dagegen stimmen werden. Dann haben wir Argumente ausgetauscht und sie sind weggegangen mit der Absicht, dafür zu stimmen. Meine Erkenntnis ist, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung eine Fußgängerzone wünscht – aber mit Querungen. Das Wichtigste ist: Wer eine Fußgängerzone will, soll auch abstimmen und dafür stimmen. Das ist eine Chance für Wien.

Dennoch gibt es auch viel Kritik. Warum sind Ihre Gegner gar so unversöhnlich?

Für viele ist das Auto untrennbar mit Freiheit verbunden. Da gibt es ganze Generationen, die als Kind davon geträumt haben, ein eigenes Auto zu besitzen. Viele Gegner haben den Eindruck, dass man ihnen das Autofahren verbieten will. Es geht mir aber nicht darum, das Auto zu verbannen, sondern die Abhängigkeit zu reduzieren.

Auch die Kaufleute sind ver­ärgert. War es klug, sie nicht zu befragen?

Es gab viele Runden, bei denen die Kaufleute dabei waren und auch ihre Bedenken eingebracht haben. Die Wirtschaftskammer erreichte etwa längere Lieferzeiten und dass Taxis während der Lieferzeiten in der Fußgängerzone fahren dürfen.

Bei einigen Geschäften kam es zu Umsatzrückgängen.

Das bedaure ich sehr, bei anderen gab es aber auch Steigerungen. Mein Wunsch war und ist es, dass es Querungen gibt und auch die Möglichkeit, kurz zu parken, um Einkäufe oder Koffer ein- und ausladen zu können.

Die ÖVP hat die Kaufleute befragt und wird das Ergebnis am Montag veröffentlichen. Beeinflusst das die Abstimmung?

Jede Stimme, die laut wird, hat auch Einfluss. Erfreulich ist, dass sich abseits von allem Hickhack sowohl Wirtschaftskammer als auch ÖVP ja für die Fußgängerzone aussprechen.

Geht es noch um die Mariahilfer Straße oder ist es ein Zwischenwahlkampf geworden?

Wien ist das einzige Bundesland, in dem die ÖVP nicht in der Regierung sitzt. Und damit hat der Wahlkampf für die Wiener ÖVP am Tag der Angelobung der rot-grünen Regierung begonnen und wird bis zur nächsten Wahl geführt. Es wird also weiter schwer, Sachpolitik zu machen.

Viel Kritik gibt es für die Kosten der Umgestaltung. Die FPÖ sieht eine Geldverschwendung.

Die Stadt gibt 20 Millionen Euro für die Gürtelbrücke aus, 40 Millionen für die Sanierung des Kaisermühlentunnels und 70 Millionen für die Anschlussstelle der A23. Und da sollen 25 Millionen inklusive Beleuchtung und W-LAN für die Mariahilfer Straße eine Verschwendung sein? Vor dem Hintergrund der zig Milliarden, die wir Steuerzahler in das schwarze Loch der Hypo stecken müssen, das von Herren, die der FPÖ angehört haben, verursacht wurde, sollte die FPÖ ganz kleinlaut sein.

Hätte man nicht dennoch die Bürger vor einem Umbau befragen sollen?

Wir sind in regem Austausch mit anderen europäischen Städten. Die Erfahrung, die alle machen, ist: Wenn du vorab befragst, bekommst du nur einen guten Überblick über die Ängste, da sich viele nur schwer vorstellen können, wie es wird. Es ist besser, eine Testphase einzurichten.

Die Testphase zeigt, dass vieles nicht funktioniert. Braucht die Verkehrsorganisation in den Bezirken Verbesserung?

Das ist untrennbar mit den Querungen verbunden. Unmittelbar nach Ende der Befragung werden daher Verkehrsexperten unter Einbindung der Wirtschaft entscheiden, welche Querungen die vernünftigsten sind.

Ein Aufreger ist weiter das Radfahren in der Fußgängerzone.

Ich meine nach wie vor, dass langsames, vorsichtiges Radfahren in einer Fußgängerzone gut funktioniert. Schlussendlich entscheidet die Bevölkerung und es ist vielleicht auch das Beste.

Die Entscheidung ist keine amtliche Volksbefragung. Die FPÖ kritisiert, dass der Manipulation Tür und Tor geöffnet sind.

Absurd. Das sind fälschungssichere Fragebögen, die durch den Magistrat ausgezählt werden. Der Modus ist festgelegt, und weicht in keinster Art und Weise von anderen Bezirksbefragungen ab. Jede Unterstellung in dem Bereich ist skandalös.

Angenommen die Befragung geht negativ aus, haben dann die Grünen geirrt oder das Volk?

Eine Grafik zur Befragung der Anrainer zur Mariahilfer Straße im Jahr 2014, mit den Positionen der verschiedenen Parteien.
Ich würde sagen, weder noch. Wenn die Politik handelt und Veränderungen in Angriff nimmt, handelt sie goldrichtig. Denn dazu ist sie da. Wenn die Bevölkerung unter Umständen entscheidet, dass sie die Veränderung nicht so haben wollen, dann handelt sie auch richtig. Direkte Demokratie delegiert ja die Letztentscheidung an die Bürger. Und zwar an jeden einzelnen. Das ist das Schöne, aber auch das Schwierige an der direkten Demokratie.

Treten Sie zurück, wenn die Abstimmung negativ ausgeht?

Nein, denn so ist es in der Politik: You win some, you lose some. Es gibt in der Stadt noch eine Vielzahl von Projekten, die noch angegangen werden müssen. Etwa die Sanierung der Meidlinger Hauptstraße, die Neugestaltung des Südtiroler Platzes oder den Schwedenplatz, falls Frau Stenzel sich endlich entscheiden kann, was sie will.

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