Ursula Napravnik beim Branntweiner

Vormittags in der Likörstube beim Floridsdorfer Schlingermarkt: Wer reinkommt, grüßt, muss aber nix bestellen. Franz Sveceny, ein Branntweiner in dritter Generation, kennt seine Stammkundschaft – und deren Trinkgewohnheiten. Bis hierher passt das Klischee des Wiener Vorstadtbezirks.

Nicht in dieses Bild passt die Kulturmanagerin Ursula Napravnik, die sich trotz ihrer gewählten Ausdrucksweise und ihrer Bestellung (ein Glas Leitungswasser) mit der Stammklientel gut versteht. Napravnik, die vor 13 Jahren von Döbling nach Floridsdorf übersiedelt ist, erinnert sich: „Das war für mich ein Kulturschock.“
Zunächst atmosphärisch: „Im 19. Bezirk sind sie derart nobel, dass sie im Haus nicht einmal grüßen. Hier im 21. Bezirk kann der Ton dafür schon sehr rau sein.“

Dass sie heute in eine Likörstube zu Lesungen lädt, verdankt Ursula Napravnik einem befreundeten Musiker: „Ich wollte ihm einen guten Whiskey schenken. Und so lernte ich hier den Herrn Franz kennen.“
Franz Sveceny ist belesen, weit gereist und mit seinen 86 Jahren genügend weltoffen, um mit seiner Kundin etwas Neues zu schaffen. Denn wo sonst wird in einem „Gastgewerbe in der Betriebsart Branntweinschenke“ Literatur geboten?

Ursula Napravnik sagt stolz, dass auch schon die Floridsdorferin Erika Pluhar in dieser Stube gelesen hat.
Außerdem freut sie sich über „ein tolles Team, das mir hilft“, und das Umdeuten eines Ortes in der Stadt: „Der Branntweiner ist immer noch männlich konnotiert. Wenn wir diese schöne Räumlichkeit bespielen und ich mir unser Publikum ansehe, sehe ich deutlich mehr Frauen als Männer.“
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