Mein Geschäft: In dritter Generation auf den Leib geschneidert

Mein Geschäft: In dritter Generation auf den Leib geschneidert
Beatrix Weissel führt in der Wiener Innenstadt das „Wäscheflott“, eine Institution unter den Schneidern.

Ratternde Maschinen. Das waren Beatrix Weissels erste Erinnerungen an die Schneiderei ihrer Eltern. Stetig laufende Nähmaschinen und Betriebsamkeit. Beim Nähen durfte sie als Kind noch nicht helfen, dazu war sie zu klein, also hat sie oft zum Besen gegriffen. Und gekehrt. Sie wollte es gerne sauber und schön haben.

An dieser Einstellung hat sich in den vergangenen knapp vier Jahrzehnten nichts geändert. Und auch das Rattern der Nähmaschinen ist geblieben. Einen – ziemlich eklatanten – Unterschied gibt es aber doch: Mittlerweile ist die 44-jährige Wienerin die Chefin des Familienbetriebs „Wäscheflott“.

Mein Geschäft: In dritter Generation auf den Leib geschneidert

Das Geschäft in der Augustinerstraße

In dem kleinen Geschäftslokal in der Augustinerstraße 7 zwischen Michaelerplatz und Albertina verkauft Weissel in dritter Generation Hemden, Blusen, Stecktücher, Nachthemden oder Pyjamas; seit Kurzem auch Blusenkleider und Boxershorts für Damen.

Bundesheer bis Bernstein

1948, kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges, hatte ihr Großvater, Rudolf Stekl senior, das Geschäft eröffnet. Fleiß und der wirtschaftliche Aufschwung der 1950er-Jahre verhalfen dem Betrieb rasch zu einer stattlichen Größe. Zu seinen besten Zeit waren in der Näherei rund 70 Frauen beschäftigt. Auch das Bundesheer ließ damals hier seine Nachthemden erzeugen.

Mein Geschäft: In dritter Generation auf den Leib geschneidert

Mit dem Niedergang der heimischen Textilbranche wurde es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwar schwieriger für Wäscheflott. Wenn es hauptsächlich um den Preis geht, kann man mit Massenproduktionen aus dem Ausland schwer mithalten. Die Familie legte den Fokus noch stärker auf Maßproduktionen. Einen berühmten Stammkunde gab es damals aus Amerika: Komponist Leonard Bernstein ließ sich während seiner Wien-Aufenthalte gerne Hemden anfertigen. Zum Maß nehmen kam der Chef persönlich, Rudolf Stekl junior, ins Hotel Bristol.

Mittlerweile gibt es zwar auch eine kleine Kollektion „gleich zum Mitnehmen“. Trotzdem werden 80 Prozent der Produkte weiter auf Maß produziert. Das Hemd gibt es ab 190 Euro.

Bis das fertig ist, dauert es zwar ein bisschen. Im Schnitt sind es vom Maß nehmen bis zum fertigen Kleidungsstück rund 20 Arbeitsschritte und vier Wochen; ein Zeitraum, der im ersten Moment und in der heutigen Zeit der Fast-Fashion-Gesellschaft ungewöhnlich lang klingt. Doch das steigende Interesse für Klimaschutz und Ressourcenschonung kommt Weissel zu gute: „Wir arbeiten ja eigentlich immer erst, nachdem wir einen Auftrag erhalten haben. Wir sind also sehr nachhaltig“, sagt sie.

Mein Geschäft: In dritter Generation auf den Leib geschneidert

Produziert wird im 3.Bezirk

Produziert wird seit Kurzem in Wien-Landstraße, die Produkte sollen möglichst aus der Region stammen. Die Stoffe kommen aus Österreich, der Schweiz oder „maximal aus Italien“. Bei den Knöpfen arbeitet Weissel mit Österreichs letzter Perlmuttmanufaktur, die sich im Waldviertel befindet.

Auch wenn man sich als kleiner Betrieb ständig weiterentwickeln müsste: Am begehrtesten ist weiter jenes Stück, das schon in ihrer Kindheit der Bestseller war: das Hemd. Bei den Farben überwiegt ebenfalls die klassische Kombination: Weiß und Blau. Am liebsten: gestreift.

Info

1948 gegründet, zählt Wäscheflott, der Fachbetrieb für Hemden, Blusen und Nachtwäsche, zu  einem  der ältesten seiner Art in Wien. Hemden gibt es ab 190 Euro, Boxershorts ab 19 Euro. Insgesamt gibt es in der Bundeshauptstadt noch rund 30 Wäscheerzeuger.

Die Öffnungszeiten des Geschäfts: Montag bis Freitag  11 bis 18 Uhr und Samstag 11 bis 16 Uhr.

Mehr Details gibt es online hier.

 

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