Im Rotlicht-Prozess blieb Kronzeuge sehr vage

Drei Männer in Anzügen sitzen an einem Tisch in einem Gerichtssaal.
Wien.Rolle des Hauptangeklagten blieb unklar

Kurz vor dem Beginn des fünften Prozesstages gegen Ex-„Rotlichtboss“ Richard Steiner, 42, und fünf Mitangeklagte, machte folgendes Gerücht die Runde: „Der kommt nicht“, munkelten Beobachter. Die Rede war von Helmut Sch., 62, dem ersten von hundert geladenen Zeugen, einem Kronzeugen, der in den wesentlichen Anklagepunkten (schwere Erpressung, Körperverletzung, Nötigung, betrügerische Krida und Bildung einer kriminellen Organisation) die Beschuldigten belasten sollte.

Solche Gerüchte kommen nicht von ungefähr. Denn die Zeugen stünden unter „milieubedingtem Druck“, schreibt die Staatsanwältin in ihrer Anklage. Klartext: Sie hätten Angst. Und gegen einige wird ermittelt, weshalb sie sich der Aussage entschlagen könnten.

Beides trifft auf Helmut Sch. zu. Doch er kam, merkte an, dass er „Morddrohungen“ erhalten habe, und legte los. Er, der Quereinsteiger im Rotlicht-Gewerbe, gehöre „da gar nicht hin“. Irgendwie aber doch, denn der vermögende Spross einer Unternehmerfamilie vermietete ein Bordell – jedoch an einen Pleitier. Über ihn lernte der 62-Jährige Steiner kennen: Den „Schutzpatron“, der für „Ruhe und Ordnung“ sorgt und monatlich „40.000 Schilling“ von seinem Untermieter kassiere. Sch.: „Ich war bei keiner Geldübergabe dabei.“

Unklar blieb die Rolle Steiners. Er führte offenbar dieses und andere Lokale, in die Sch. investiert hatte. Waren das feindliche Übernahmen oder war Steiner ein Mieter? Sch. schilderte: Steiner habe die Mitarbeiter bestimmt, sie „zu Einsätzen abkommandiert“ und ihm gedroht, er werde ihn „eliminieren“, wenn er sich nicht an seine Vorgaben halte. Gleichzeitig räumte Sch. auch ein, dass mit Steiner eine Miete und sogar eine Gewinnbeteiligung vereinbart waren.

Zeuge involviert?

Im Ermittlungsakt schien Sch. lange als Nummer zwei der Gruppe auf. Nach seiner Einvernahme wurde er aber plötzlich als Zeuge geführt. Eng könnte es für ihn im Fall seines Ex-Mieters werden. Dieser wurde misshandelt und zu Sch. in ein Bordell verschleppt. Er beschuldigte Steiner, der Drahtzieher zu sein. Der Richter verlas jedoch Protokolle aus der Telefonüberwachung. Diese legen den Schluss nahe, dass Sch. die Aktion angeordnet hatte. Er bestritt dies. Fortsetzung: Dienstag.

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