Auf Sisis Spuren: Wie die Hermesvilla in Wien-Hietzing saniert wird

Es war der 24. Mai 1886, als Elisabeth, die damalige Kaiserin Österreichs – auch bekannt als Sisi – erstmals die Hermesvilla besucht hat. Das Geschenk ihres Ehemannes, Kaiser Franz Josef, soll ihr allerdings gar nicht zugesagt haben – weshalb sie gleich wieder abgereist sein soll. Die Villa am Gelände des Lainzer Tiergartens im heutigen Stadtteil Hietzing wurde im Anschluss an den Kurzbesuch ganz nach den Vorstellungen der Kaiserin umgestaltet.
Auch in der Gegenwart wird in und an der Hermesvilla gearbeitet: Die Außenfassade wird von der MA47 saniert. Und auch in den Räumlichkeiten tut sich so einiges. Aktuell begeben sich Studierende der Akademie der Bildenden Künste in den Innenräumen auf Spurensuche von „Franz und Sisi“.

Das Wien Museum, das für die Innenausstattung zuständig ist, kooperiert mit der Akademie im Zuge einer lang angesetzten Innensanierung.
„Bei der Kooperation geht es darum, langfristig alle Räume systematisch aus restauratorischer Sicht zu erfassen“, erklärt Anna Boomgaarden vom Wien Museum. Gestartet wurde die Testphase im März, bei der zwei Räume unter die Lupe genommen werden – das ehemalige Turnzimmer der Kaiserin und die Empfangshalle, das Oktogon.
Die Studierenden, die am Projekt beteiligt sind, spezialisieren sich jeweils auf eine Fachrichtung: Vor Ort sind Lehrende und Studierende der Studienschwerpunkte Holzobjekte, Wandmalerei und Gemälde der Akademie.
„Die Idee war, den Bestand fachübergreifend zu erfassen und zu bewerten“, erklärt Gesa Schwantes, Lehrende an der Akademie. Dabei helfen soll ein sogenanntes Raumbuch, also eine systematische Bestandsaufnahme der Räume hinsichtlich denkmalpflegerischer Aspekte.

Historische Praxis
„Es ist toll, dass unsere Studierenden hier Praxis außerhalb von Ateliers erleben. Vor allem die Holz- und Gemäldestudierenden haben das eher selten an Ort und Stelle“, sagt Monika Kammer, Lehrende an der Akademie. „Die Hermesvilla ist typisch für das 19. Jahrhundert ein Gesamtkunstwerk“, ergänzt Boomgaarden. Von Handgriff über Beleuchtung sei alles aufeinander abgestimmt. Bis Ende September soll die erste Etappe des Projekts abgeschlossen sein.
Dann werden die Raumbücher an das Wien Museum übergeben. Danach erfolgt eine Evaluierung, wo geprüft wird, auf welche Räume sich das übertragen lässt. Es gehe nicht darum, die Villa langfristig zu verändern, sondern Konflikte zwischen Nutzung und Denkmalpflege zu lösen. Dabei gehe es zum Teil um scheinbar simple Fragen wie das Verlegen von Kabeln, was sich in historischen Räumen ohne Steckdose oft schwierig gestalte.
Auch die Barrierefreiheit sei ein Thema sowie der UV-Schutz für Gemälde. „Dafür ist das Raumbuch da“, sagt Schwantes. „Ziel ist, dass alle, die involviert sind, von Kuratoren der Ausstellung bis zu den Restauratoren, einen ähnlichen Wissensstand erlangen können.“
Aktuell sind die Studierenden aber noch beschäftigt: Im Oktogon werden Details im UV-Licht fotografiert. Dadurch können spätere Überarbeitungen, wie Retuschen, sichtbar gemacht werden Eine Lehrende erklärt Studierenden die nächsten Schritte im spärlichen Licht. Der Prozess wird den ganzen Tag dauern, sagt Kammer im Gespräch mit dem KURIER.
Wie man den Raum behandeln und optimieren kann, ist nicht immer auf den ersten Blick erkenntlich, weshalb das Forschungsprojekt eine wichtige Rolle spiele. Erkenntnisse, die gewonnen werden, könne man zudem in Zukunft auch Besuchern als Geschichte des Hauses vermitteln, sagt Kammer.

Von Vögeln und Farben
Im Erdgeschoß hat außerdem ein Seminar von der Akademie stattgefunden: Im Ankleidezimmer für Bräute, ehemals das Ankleidezimmer von Sisis Tochter Marie Valerie, forschten die Studierenden. Jede Farbschicht, die einmal auf die Wand gestrichen war, wurde in der sogenannten Farbschichtentreppe freigelegt. Die ältesten gehen dabei sogar zurück bis zu Sisis Lebzeit.
An der Decke des Zimmers fanden die Forschenden zudem den Abdruck eines Vogels. „Es ist schade, dass wir nur den Abdruck haben. Aber es ist eine Spur von dem, was einmal hier gewesen ist“, sagt Boomgaarden.
Über eine Rekonstruktion ohne historisches Foto und detaillierte Informationen zur originalen Malerei könne man deshalb nicht nachdenken. „Sonst wird das etwas ganz anderes.“
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