Gruppenvergewaltigung in Wien: Sämtliche Ersturteile bestätigt

(Symbolbild)
Wiener OLG sah keinen Grund für Strafmilderung. "Bei einem derart abscheulichen Verbrechen muss man sich in die oberen Regionen des Strafrahmens begeben".

Im Fall einer Gruppenvergewaltigung, eine junge Deutsche war in der Nacht auf den 1. Jänner 2016 von der Wiener City in eine Wohnung in der Leopoldstadt verschleppt und dort von acht Männern missbraucht worden, bleibt es bei den vom Erstgericht verhängten langen Haftstrafen. Ein Berufungssenat des Wiener Oberlandesgerichts ( OLG) hat am Donnerstag die Strafberufungen der Angeklagten zurückgewiesen.

Das Landesgericht für Strafsachen hatte Anfang März 2017 über die aus dem Irak stammenden Männer insgesamt 90 Jahre Haft verhängt. Der Rädelsführer der Gruppe und ein Täter, der sich zwei Mal an der 28-Jährigen vergangen hatte, fassten je 13 Jahre aus. Einmal wurden zwölf Jahre, drei mal elf und jeweils ein Mal zehn und neun Jahre Haft ausgesprochen.

Das OLG sah keinen Grund, die Strafen herabzusetzen. Es handle sich um ein "abscheuliches Verbrechen", eine "große Gruppe von Männern" hätte eine wehrlose Frau an einem öffentlichen Ort "einfach mitgenommen" und diese dann der Reihe nach missbraucht, führte die Senats-Vorsitzende Natalia Frohner aus. Da bedürfe es bei einer Strafdrohung von fünf bis 15 Jahren "Signalstrafen". "Bei einem derart abscheulichen Verbrechen muss man sich in die oberen Regionen des Strafrahmen begeben."

Die damals 28 Jahre alte Frau war nach Wien gekommen, um gemeinsam mit einer hier studierenden Freundin Silvester zu feiern. Sie fiel zu vorgerückter Stunde mehreren Männern in die Hände, die ihre Alkoholisierung ausnutzten und die wehrlose Frau in eine Wohnung in der Leopoldstadt brachten, wo sich der Reihe nach acht Männer an ihr vergingen.

Die Verteidiger-Riege der acht aus dem Irak stammenden und miteinander verwandten Männern appellierte an den Berufungssenat, die Strafen zu mildern. Das Erstgericht habe "ein übertriebenes Rache- und Strafbedürfnis" an den Tag gelegt, meinte Elmar Kresbach. Der Fall hätte "eine gewisse Aggression in der Öffentlichkeit" ausgelöst, die erste Instanz hätte sich davon leiten lassen. "Da war unglaublicher medialer Druck da", pflichtete ihm Andreas Reichenbach bei. Das Erstgericht habe "übers Ziel geschossen".

"Wie eine Trophäe herumgereicht"

Dem trat zunächst Oberstaatsanwältin Eva Salfelner entgegen: "Hier gibt es keinen Raum, die Sanktionen zu reduzieren." Sie bescheinigte den Tätern - der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte die Schuldsprüche bereits im vergangenen Mai bestätigt - "Charakterlosigkeit und völlige Empathielosigkeit". Sie hätten das Opfer "erbeutet und wie eine Trophäe herumgereicht".

Der Rädelsführer der Gruppe verzichtete auf ein Schlusswort an den aus drei Richterinnen bestehenden Senat. Er hielt stattdessen einen Zettel mit den Worten "Ich bin unschuldig, ich habe nichts gemacht" in die Höhe. Ein weiterer Mann verwies darauf, die Frau hätte "nicht geweint", sondern sei "ganz normal da gestanden", als man sie mit der Straßenbahn in die Wohnung brachte. "Für einen Kuss elf Jahre zu bekommen, ist sehr viel", gab ein Dritter zu bedenken. Abgesehen davon habe er vor seiner Festnahme "genug Frauen gekannt". "Ich bin der Geständigste von allen, trotzdem habe ich die höchste Strafe bekommen", hieß es von einem anderen, der aber immerhin um Verzeihung bat: "Ich habe einen Fehler begangen." Der mit 23 Jahren Jüngste wandte sich auf Deutsch ans Gericht: "Es war ein Fehler, es tut mir wirklich leid. Ich habe im Gefängnis sehr viel gelernt. Ich habe Deutsch gelernt."

"Das Erstgericht hat die Strafzumessung sehr sorgfältig durchgeführt und sich nicht von Emotionen leiten lassen", begründete die Senats-Vorsitzende Natalia Frohner, weshalb den Berufungen nicht Folge zu geben war. Die bisherige Unbescholtenheit der Männer sei nicht als Milderungsgrund zu berücksichtigen, da sich die Iraker "erst sehr kurz" - zwischen einem Monat und eineinhalb Jahren - in Österreich befunden hätten. Die Männer hätten ihrem Opfer eine schwere Körperverletzung - bei der Frau entwickelte sich eine posttraumatische Belastungsstörung - zugefügt und diese besonders erniedrigt. Durch den ungeschützten Geschlechtsverkehr war die Betroffene auch der Furcht vor einer Ansteckung mit übertragbaren Krankheiten und einer Schwangerschaft ausgesetzt.

In zumindest einer schriftlichen Berufung wurde darauf verwiesen, die Männer würden aus einem anderen Kulturkreis stammen und ein anderes Frauenbild haben. Dem trat die vorsitzende Richterin entschieden entgegen: "In unserem Land herrscht ein Frauenbild, in dem Frauen gleichberechtigt sind." Das müsse man "den Herrschaften zur Kenntnis bringen", stellte Frohner fest.

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