Grippewelle: Höhepunkt steht bevor


Es ist die Ruhe nach und die Ruhe vor dem Sturm. „Im Moment ist es relativ ruhig“, sagt Oberarzt Michael Mierau, während er durch die Glastür des Erstversorgungs-Pavillons im Krankenhaus Wien-Hietzing blickt.
Vier Rettungsautos stehen vor dem Spital in einer Reihe. Ihre Fahrer warten darauf, die Patienten ausladen zu dürfen. „Aber der Tag ist ja noch lang“, sagt Mierau und lacht. „Letzte Woche standen sieben Wägen draußen.“ Und auch in den nächsten Tagen könnten es wieder mehrere Autos werden.
Grippe- und Darmviren bescheren Mierau und seinen Kollegen derzeit zwei bis drei Mal so viele Patienten am Tag wie gewöhnlich. Seit Anfang Februar hat sich die Zahl der Grippe-Neuerkrankungen in Wien fast verdoppelt. Laut Hochrechnungen des Gesundheitsdienstes (MA 15) haben sich in der Vorwoche 15.100 Wiener mit Grippe oder grippalen Infekten angesteckt. Auch Patienten mit Durchfallerkrankungen füllen die Spitalsbetten. In den vergangenen zwei Wochen ist die Auslastung in den städtischen Krankenhäusern explodiert. „So eine Situation hatten wir noch nie“, sagt Susanne Drapalik vom Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), Geschäftsbereichsleiterin für Medizinmanagement und Sofortmaßnahmen.
Im Erstversorgungs-Pavillon schieben indes zwei Sanitäter eine ältere Dame auf einer Liege in den Behandlungsraum, wo Mierau seine Patienten untersucht. Manche kann er mit einem Rezept in der Hand nach Hause ins Bett schicken. Doch gerade ältere Menschen muss er dieser Tage oft im Spital behalten, weil sie besonders anfällig für Begleiterkrankungen wie etwa Lungenentzündung sind.
Gangbetten
Um Platz für die Patienten zu schaffen, wurden in Hietzing auch zusätzliche Betten in die Krankenzimmer gestellt. Auf Mieraus Station liegen in manchen Zimmern drei statt zwei Personen. Auch interdisziplinäre Belegungen und zehn Gangbetten sind nötig geworden, um der Situation Herr zu werden.
„Wir schauen uns drei Mal täglich an, wo noch Betten frei sind“, sagt Brigitte Ettl, die ärztliche Direktorin des Hauses. Auch die Belegschaft hat alle Ressourcen aufgefahren: Die Dienstzeiten der Ärzte wurden angepasst, das Pflegepersonal aufgestockt. In Hietzing sehnt man das Ende der Grippewelle schon herbei. „Auf Dauer könnte ich mir so eine Belastung nicht vorstellen“, sagt Mierau. Ein bis zwei Wochen müssen die Ärzte, Schwestern und Pfleger in Hietzing noch durchhalten: Experten schätzen, dass der Höhepunkt der Grippewelle dann erreicht sein wird.
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