Gewaltexzess bei Sex-Date in Wiener Hotel: Geldstrafe

Gewaltexzess bei Sex-Date in Wiener Hotel: Geldstrafe
Ein 22-Jähriger drosch um zehn Jahre älterem Mann Weinflasche gegen Kopf und würgte ihn. Geschworene verwarfen die Anklage wegen Mordversuchs.

Ein 22-jähriger Mann ist am Dienstag am Landesgericht für Strafsachen wegen eines Gewaltexzesses bei einem Sex-Date in einem Wiener Hotel zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Die Staatsanwältin hatte dem gebürtigen Serben versuchten Mord zur Last gelegt. Die Anklage wurde von den Geschworenen einstimmig verworfen, der junge Mann wegen Körperverletzung (Paragraf 83 Absatz 1 StGB) schuldig erkannt.

Bei einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Haft oder 720 Tagessätzen Geldstrafe fasste der bisher Unbescholtene eine Strafe in Höhe von 960 Euro (240 Tagessätze zu je vier Euro) aus. Der 22-Jährige befand sich seit 28. Dezember 2019 in U-Haft, sein ursprünglich für März anberaumter Prozess war aufgrund der Coronakrise verschoben worden. Das Urteil ist bereits rechtskräftig, die Staatsanwältin verzichtete auf Rechtsmittel.

Verhandlung in Corona-Zeiten 

Die heutige Verhandlung war die erste Schwurverhandlung, die seit Ausbruch der Corona-Pandemie am Wiener Landesgericht abgewickelt wurde. Sie wurde in den Großen Schwurgerichtssaal verlegt, wobei zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen wurden. Der Angeklagte trug ebenso wie seine Verteidiger Sebastian Lesigang und Andreas Schweitzer eine Schutzmaske aus Plastik. Die Anwälte hatten ihre Plexiglasschilder am Vortag eigenhändig im Büro angefertigt, der 22-Jährige bekam sein Exemplar von der Justiz zur Verfügung gestellt. Die mit MNS-Masken versehenen Geschworenen mussten im vorderen Publikumsbereich und nicht auf der engen Geschworenenbank Platz nehmen. Zuhörer - darunter zwei Pressevertreter - wurden in einem Abstand von mehreren Metern voneinander platziert. Nur jeder dritte Sitzplatz durfte in Beschlag genommen werden, die übrigen waren im Vorfeld mit Absperrbändern umwickelt worden.

Der Angeklagte hatte sich am frühen Morgen des 8. Jänner 2019 zu einvernehmlichem Sex zu einem 32 Jahre alten Iraner begeben. Im Zuge der Begegnung drosch er diesem dann eine Weinflasche gegen den Kopf, würgte diesen und rief wiederholt „I must kill you“. Die beiden hatten auf Englisch miteinander kommuniziert. Kennengelernt hatten sie sich einige Monate zuvor auf einer Dating-Plattform. Gegen 1.30 Uhr war der 22-Jährige mit dem Taxi zu seinem Chat-Partner gefahren, der damals in einem Einzelzimmer in einem Hotel lebte, das als Flüchtlingsunterkunft genutzt wurde. Der Iraner war 2016 nach Österreich gekommen.

"Ich was neugierig"

„Ich habe solche Erfahrungen bis zu diesem Zeitpunkt nicht gehabt. Ich wollte schauen. Probieren wie das ist. Ich war neugierig“, gestand der Angeklagte sexuelles Interesse an dem anderen Mann zu. Der Serbe war in seiner Heimat seit längerem mit einer jungen Frau liiert, die ein Kind von ihm erwartete. Als der Iraner, mit dem er zunächst „nur geplaudert“ habe, wissen wollte, ob er schon Erfahrungen mit Männern habe, „kann ich nur sagen, dass ich mich nicht wohlgefühlt habe“, gab der 22-Jährige zu Protokoll. Und weiter: „Als ich ihn so gesehen habe, war mir klar, dass das mehr ein Aufdrängen von ihm war. Ich wollte keinen Sex mehr.“
Das sei seinem Gegenüber nicht recht gewesen: „Er wollte mich küssen. Aber ich hab ihm einen Stoß mit der Hand gegeben.“ Darauf sei es zu einem Handgemenge gekommen. Er habe schließlich zu einer Weinflasche gegriffen und dem 32-Jährige diese gegen den Kopf geschlagen: „Ich bekenne mich schuldig, dass ich ihn verletzt habe.“ Tötungsabsicht habe er keine gehabt, versicherte der Angeklagte. Weil der Iraner laut geschrien habe, habe er sich auf ihn gekniet und ihm den Mund zugehalten: „Ich wollte, dass er sich beruhigt.“ Gewürgt habe er den Mann nicht.

Im Unterschied zum Angeklagten behauptete der 32 Jahre alte Iraner, es sei zu sexuellen Handlungen gekommen. Der Jüngere sei erst nachher auf ihn losgegangen, „ohne Anlass“, wie das Opfer bekräftigte. Zum Motiv führte die Staatsanwältin in ihrer Anklageschrift aus, der Angeklagte habe in seiner Heimat „ein Leben als heterosexueller Mann geführt“. Nach dem Sex mit dem Iraner habe er mit jenem Umstand „nicht umgehen“ können und „wohl den einzigen Zeugen des Geschehens aus dem Weg räumen wollen“.

Der 32-Jährige konnte sich schließlich befreien, indem er den Angreifer im Intimbereich zwickte. Darauf ließ dieser kurz von ihm ab, worauf der Iraner aus dem Zimmer flüchtete und der 22-Jährige über den Balkon entwich. Über seine DNA-Spuren - er hatte am Tatort unter anderem einen Kaugummi zurückgelassen - wurde seine Identität ermittelt. Der Serbe wurde im Dezember 2019 in Ungarn mit Europäischem Haftbefehl festgenommen und in weiterer Folge an die Wiener Justiz ausgeliefert.

Der angegriffene Iraner war mehr als eine Woche im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) stationär behandelt worden. Wie jedoch Gerichtsmediziner Christian Reiter dem Schwurgericht darlegte, hatte ihm der Angeklagte keine lebensgefährlichen, sondern nur leichte Verletzungen beigebracht.
Der Schlag mit der Weinflasche bewirkte demnach eine Schädelprellung und eine drei Zentimeter lange, minimal klaffende Rissquetschwunde oberhalb der Stirnhöhle. Zur Wucht des Hiebs bemerkte der Gutachter: „Da kein Schädelbruch eingetreten ist, kann der Schlag nicht sehr heftig gewesen sein.“ Hinsichtlich des Würgens, das der Angeklagte wechselweise mit jeweils einer Hand durchgeführt haben soll, bemerkte Reiter, diese Vorgangsweise sei grundsätzlich „keine taugliche Methode, um den Tod eines Menschen herbeizuführen“.

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