Ex-Diplomat schoss auf Frau und beging Suizid

Hochgebildet und höflich.“ Viele Bewohner in der Einfamilienhaus-Siedlung in Wien-Favoriten beschreiben Edgar S. so. Der 82-Jährige hatte eine steile Karriere hinter sich gebracht: Studium in den USA, diplomatischer Dienst, bis 1991 österreichischer Botschafter in Venezuela. Zum Zeitvertreib publizierte der Diplomat Bücher und engagierte sich in einer wissenschaftlichen Gesellschaft: Er beschäftigte sich mit Wittgenstein, Zeit und Raum. Seine um 37 Jahre jüngere Frau, die einst in der Botschaft als Haushälterin gearbeitet und die er vor rund fünf Jahren geheiratet hat, grüßte ebenfalls „immer freundlich“.
Am Dienstagvormittag zog der Ex-Diplomat im Vorzimmer seines in die Jahre gekommenen Einfamilienhauses seinen Revolver der Marke „Smith&Wesson“ und feuerte zwei Mal auf seine Frau, eher er sich mit der Waffe selbst richtete. Eine Kugel verfehlte die 45-Jährige, die zweite durchschlug ihren Bauch. Sie flüchtete danach aus dem Vorzimmer in den Garten. Sie war ansprechbar, als ihr ein Nachbar zu Hilfe eilte.

Die Wiener Berufsrettung brachte die Schwerverletzte ins Unfallkrankenhaus Meidling. Beim 82-Jährigen konnten die Sanitäter nur mehr den Tod feststellen. Der Hintergrund der Tat ist noch ungeklärt. Es soll zuletzt öfter Streit zwischen den beiden gegeben haben.
Edgar S. sorgte im Jahr 1980 auch in internationalen Medien für Schlagzeilen. Guerillas nahmen ihn und Kollegen damals in Geiselhaft. Sie ließen S. früher als andere laufen, weil er zu seiner kranken Frau wollte.

Fassade bekam Risse
Eine Bewohnerin, die zwei Häuser weiter wohnt, drischt die Tür zu und verflucht „die Reporter“. Eine andere ist gesprächiger. Sie hatte den alten Herrn mit der viel jüngeren Frau schon lange im Visier. Die Fassade des Paares habe längst Risse bekommen. „Er hat sie an der kurzen Leine gehalten“, erzählt die Pensionistin. Als Tyrannen will sie Edgar S. nicht beschreiben. Allerdings sei der pensionierte Diplomat „sehr besitzergreifend“ gewesen. So duldete er es nicht, dass seine Maria in seiner Abwesenheit Kontakte pflegte. Mit der 45-Jährigen konnte sie nur sehr eingeschränkt kommunizieren. „Ihr Deutsch war schlecht. Sie durfte ja angeblich nur einen Deutschkurs besuchen.“
Der Grund für die Eskalation liegt derzeit im Dunkeln. Die Frau wurde notoperiert. Die Ermittler des Wiener Landeskriminalamtes wollen sie im Spital in den kommenden Tagen zum Vorfall befragen.
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